E-Fuels: Für die einen Hoffnungsträger, für andere ein Irrweg
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Es könnte der Sprit der Zukunft sein – oder auch nicht. E-Fuels werden im Moment heiß diskutiert. Die Fraktionen im Bundestag sind uneins über die Effektivität.
© Quelle: dpa
Berin. Deutschland streitet über die Mobilität der Zukunft. Doch gehen die Vorstellungen darüber, wie sie aussehen soll, auseinander. Immer mehr Aufmerksamkeit bekommt nun ein neuer Kraftstoff: der sogenannte E-Fuel. „Fuel“ ist der englische Begriff für Kraftstoff. Das „E“ steht für erneuerbaren Strom. Doch ist der Kraftstoff im Bundestag umstritten – für die einen ein Hoffnungsträger, für die anderen ein Irrweg.
E-Fuels unterscheiden sich in ihren chemischen Strukturen und Grundeigenschaften nicht vom herkömmlichen Diesel oder Benzin aus Erdöl. Allerdings wird der Treibstoff anders hergestellt – noch in kleinen Forschungslabors. Dazu wird mit einer großen Menge Strom aus Wasser Wasserstoff gewonnen. Mit Kohlendioxid (CO₂) wird im Anschluss aus dem Wasserstoff der Treibstoff erzeugt. Im Idealfall stammt das CO₂ aus der Luft, wodurch ein Kreislauf entsteht und die Verbrennung im Motor klimaneutral abläuft.
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130 Millionen Euro investierte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) seit 2017 in die Erforschung dieser strombasierten Kraftstoffe. Mit dem Klimapaket der Regierung sollen nun weitere Schritte folgen. „Darin wird unter anderem die Entwicklung von flüssigen und gasförmigen regenerativen Kraftstoffen aus Biomasse und deren großtechnische Erzeugung ausdrücklich unterstützt“, sagt die umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Marie-Luise Dött.
E-Fuels können schlechte CO₂-Bilanz aufbessern
Der Vorteil an den künstlich erzeugten Treibstoffen ist, dass sie auch in modernen Verbrennungsmotoren verwendet werden können. „Die Markteinführung durch die Nutzung der bestehenden Tank-Infrastruktur ist dadurch relativ einfach möglich“, sagt Marie-Luise Dött. Für die Regierungsparteien als auch FDP und AfD ist das ein entscheidender Punkt. Das bedeutet, dass ein Auto nicht erst umgebaut werden muss, damit es den neuen Sprit tanken kann. In einer Antwort auf eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion bestätigte die Bundesregierung diese Annahme.
Eine weitere Eigenschaft spricht für den neuen Kraftstoff. Denn erneuerbare Energien, die etwa durch Windkraftanlagen erzeugt werden, ließen sich in Form der E-Fuels über längere Zeiträume speichern und im Anschluss auch transportieren. Der Preis dafür ist hingegen hoch: „Von den erneuerbaren Energien, die in die Herstellung investiert werden, bleibt am Ende nicht viel übrig“, sagt Wolf-Peter Schill vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Die Klimabilanz, die man durch den neuen Kraftstoff verbessern will, verändert sich kaum. Um das zu umgehen, fordert Sören Bartol, SPD-Vize-Fraktionsvorsitzender, weitere Forschung und Entwicklung in diesem Bereich.
Zu ineffizient: Linke und Grüne gegen E-Fuels
Das Problem bei E-Fuels: „Die Prozesskette ist mit hohen Wandlungsverlusten verbunden und braucht eine irre Menge erneuerbaren Stroms“, sagt Schill. Außerdem dürfte günstiger erneuerbarer Strom nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit dauerhaft knapp bleiben. Auch bundesweit würde es zu wenige regenerative Stromquellen geben, damit die Herstellung der E-Fuels effizient wird, sagt der DIW-Experte. Deshalb schließt er eine Produktion des Treibstoffs in Deutschland vorerst aus. „Wir sollten uns durch die E-Fuels nicht verleiten lassen, die Elektrifizierung des Verkehrsbereichs weiter voranzutreiben.“
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Ein Punkt, den auch Götz Lange, Sprecher der Linke-Fraktion, aufnimmt. Seine Partei lehnt die neue Technologie ab: „Forderungen nach Investitionen in synthetische Kraftstoffe sind vor allem ein Ablenkmanöver, um die dringend erforderliche Verkehrs- und Energiewende hinauszuzögern.“ Bei der Herstellung von E-Fuels würde die fünffache Energiemenge im Vergleich zu direktem Einsatz von Ökostrom in batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen verbraucht, sagt Lange.
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In diesem Punkt steht die Linke im Schulterschluss zu Bündnis 90/Die Grünen. „Während Elektrofahrzeuge schon heute verfügbar sind und zum Klimaschutz beitragen können, gibt es bislang nur Pilotanlagen für die Produktion von E-Fuels“, sagt Stephan Kühn, Sprecher für Verkehrspolitik der Grünen-Bundestagsfraktion. Selbst Hersteller würden davon ausgehen, dass E-Fuels frühestens im Jahr 2025 im industriellen Maßstab zur Verfügung stünden. „Für die Erfüllung der 2030er-Klimaziele werden E-Fuels daher kaum einen Beitrag leisten.“
Effektive Anwendung im Flug- und Schiffsverkehr
Der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Oliver Luksic, sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „EU und Bund fördern zwar Investitionen in E-Fuels. Allerdings schaffen andere Länder noch bessere Rahmenbedingungen.“ Deshalb fordert er von der Bundesregierung, in Bezug auf E-Fuels nachzubessern und Deutschland als Leitmarkt zu etablieren. „Eine Befreiung von der Energiesteuer, die Markteinführung und -verbreitung würden dies erleichtern“, so Luksic.
Völlig unnütz sei der Einsatz der alternativen Kraftstoffe jedoch nicht. Vor allem dort, wo der Einsatz von Batterien auf absehbare Zeit technisch nicht möglich ist, biete sich die neue Technologie an. Das sind aus heutiger Sicht der Flug- und Schiffsverkehr sowie diverse Hochtemperaturprozesse in der Industrie. Darin sind sich der DIW-Experte Schill sowie alle Bundesfraktionen einig.
Wie stehen die Deutschen zu den neuen Kraftstoffen? Eine Umfrage:
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