FDP-Kritik an RKI-Chef Wieler sorgt für Streit in der Ampelkoalition
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Berlin: Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Institut, (RKI), nimmt an einer Pressekonferenz zur aktuellen Corona-Lage teil.
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Berlin. In der Ampelkoalition ist ein Streit um die Zukunft des RKI-Chefs Lothar Wieler entbrannt. Nachdem sich die FDP wegen der Verkürzung des Genesenenstatus öffentlich von Wieler distanziert hatte, stellten sich nun Politikerinnen und Politiker von Grünen und SPD hinter den Präsidenten des Robert Koch-Instituts. Vor allem die Grünen zeigten sich empört angesichts der harschen Kritik ihres Koalitionspartners.
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Janosch Dahmen nannte auf Twitter die Expertise von Wieler „von unschätzbarem Wert“. Wieler verdiene „Respekt und Dank“ für seinen Einsatz in der Pandemie. In einem weiteren Tweet kritisierte er in Richtung Koalitionspartner: „Wer verantwortlich ein Land regieren möchte, sollte verantwortlich mit der eigenen Exekutive umgehen.“ Menschen öffentlich „anzuzählen“ sei unverantwortlich. Und: „So geht man einfach nicht miteinander um!“
Die Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt stellte sich ebenfalls in einem Tweet hinter Wieler. „Seine Expertise, die Fachlichkeit, die Standhaftigkeit bei Angriffen von Wissenschaftsfeinden verdient Respekt“, schrieb Göring-Eckhardt. Sie sei dankbar für seine Arbeit.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach Wieler am Samstag laut einem Bericht des Spiegels das Vertrauen aus. Demnach antwortete eine Regierungssprecherin auf die Frage, ob Wieler noch das Vertrauen des Kanzlers genieße mit einem „Ja“.
Hintergrund der Debatte ist ein „Spiegel“-Interview in dem der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai Wieler öffentlich infrage stellte. Die Freiheitlichen ärgern sich darüber, dass das RKI den Genesenenstatus von sechs auf drei Monate verkürzt und damit viele Bürger überrascht hatte. FDP-Politiker Djir-Sarai sagte in dem Interview, er habe „großen Respekt“ vor den Leistungen des RKI-Chefs in den vergangenen zwei Jahren, aber: „Des Vertrauens der FDP kann sich Herr Wieler (…) aufgrund dieser neuerlichen Verfehlung, die ja leider keinen Einzelfall darstellt, nicht mehr sicher sein.“
Vor allem die FDP im Bund – kleinster Koalitionspartner der Ampelregierung – spricht sich für Öffnungsschritte und Lockerungen der Corona-Regeln aus, während Scholz noch auf die Bremse tritt.
Union stützt Wieler
Die oppositionelle Union stellt sich hinter den RKI-Chef. „Die Ampel ist nicht einmal 100 Tage im Amt und die selbst ernannte Wissenschaftspartei FDP grätscht in die Seite des SPD-Gesundheitsministers“, kritisiert Vize-Faktionsvorsitzender Sepp Müller gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Es ist doch ziemlich fragwürdig, wie die Koalitionäre miteinander umgehen.“
Klar sei, die Kommunikation des RKI müsse sich deutlich verbessern, so Müller. „Unabhängig davon ist Professor Wieler eine ausgewiesene wissenschaftliche Koryphäe, die wir von der Union respektieren und unterstützen. Oder will hier die Ampel, wie in den Ministerien, Kompetenz durch Parteibuch austauschen?“, fragt der CDU-Politiker.
Kretschmann stellt Führungskraft von Scholz infrage
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann stellte nun wiederum die Führungskraft von Bundeskanzler Scholz in der Corona-Pandemie infrage. Der Grünen-Politiker sagte am Samstag im Deutschlandfunk: „In einer Pandemie muss der Regierungschef stark führen, anders geht es nicht.“ Es dürften nicht beliebige Kompromisse gemacht werden.
Kretschmann sagte zudem, in einer Krise sei die Richtlinienkompetenz des Regierungschefs gefragt. Wenn die Koalitionspartner dem nicht relativ frei folgten, sei das ein Problem. Er erinnerte an Scholz‘ Aussage, wer bei ihm Führung bestelle, kriege sie auch.
RND/ar/cle/dpa