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FDP und CDU: Es ist kompliziert

Christian Lindner, FDP-Chef und CDU-Chef Friedrich Merz.

Christian Lindner, FDP-Chef und CDU-Chef Friedrich Merz.

Berlin. Die schwarz-gelbe Beziehung hat schon einige Herausforderungen hinter sich. Das krachende Ende der Koalition im Jahr 2013 zum Beispiel oder den Abbruch der Koalitionsverhandlungen im Jahr 2017. Nun stellen die neuen Machtverhältnisse auf Bundesebene – FDP in der Regierung und Union in der Opposition – die Beziehung auf die Probe.

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In dieser Form hat es das so noch nicht gegeben. „Es ist eine Konstellation, die natürlich auch Einfluss auf das Verhältnis zwischen den Fraktionen hat“, sagt der Unions-Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU). Drastischer drückt es der langjährige FDP-Abgeordnete Otto Fricke aus. „Das Verhältnis zwischen der Unions- und FDP-Fraktion ist aktuell nicht so gut“, sagt er. „Dass wir nicht mehr der automatische Partner sind, haben manche in der CDU noch nicht verstanden.“ Zwischenmenschlich sei der Umgang jedoch stets freundlich.

FDP-Chef Christian Lindner hatte kürzlich auf dem Dreikönigstreffen seiner Partei versichert: Die Freien Demokraten hätten kein Interesse daran, sich „von CDU und CSU zu entfremden“. In den Ländern mag das teilweise stimmen – vor allem in Nordrhein-Westfalen, wo CDU und FDP noch miteinander regieren. Wenn ein Parteichef aber beteuern muss, dass es keine Entfremdung gibt, dann gibt es sie meistens doch.

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Großen Ärger zwischen den Fraktionen gab es im Dezember mit der Änderung der Sitzordnung im Bundestag. Die Liberalen waren schon lange genervt davon, neben der AfD sitzen zu müssen. Mit der Ampelmehrheit gelang der Wechsel. Jetzt ist die Unionsfraktion gezwungen, neben den Rechtspopulisten Platz zu nehmen.

Die Abstimmung im Dezember war das erste Mal, dass die Union von der Ampel im Plenum öffentlich vor den Kopf gestoßen worden ist – das Auslaufen der pandemischen Notlage ausgenommen. Fricke glaubt, auf Seiten der Union seien „gewisse Verletzungen“ entstanden. Die neue Sitzordnung habe jedoch lediglich etwas mit „strukturellen Veränderungen“ zu tun. Die Union interpretiert die Causa anders. CDU-Mann Frei spricht von einer „puren Machtdemonstration“ der Ampelfraktionen. Es sei „kein Musterbeispiel für guten Parlamentarismus“ gewesen. „Wir haben eine seit Jahrzehnten gewachsene Sitzordnung im Bundestag.“

Ärger nach der Bundestagswahl

Bereits kurz nach der Bundestagswahl, bei der die Union das schlechtestes Wahlergebnis ihrer Geschichte eingefahren hatte, wurde der Ton zwischen der FDP und den Christdemokraten rauer. So war aus den Sondierungsgesprächen zwischen den Ampelparteien nichts an die Öffentlichkeit geraten, aus den Beratungen von Union und FDP jedoch schon. Die Liberalen machten ihrem Ärger Luft: „Es nervt!“, schrieb der stellvertretende Bundesvorsitzende Johannes Vogel auf Twitter.

Seit klar ist, dass alle Zeichen auf Ampel stehen, ist die Union auf Angriff übergegangen. Sie sieht das als Aufgabe der größten Oppositionspartei. CDU-Politiker Frei zufolge gibt es genug zu tun, „wie sich beim Blick auf das Pandemiegeschehen, die außenpolitischen Herausforderungen oder die aktuelle Situation steigender Energiepreise zeigt“. Die CDU wolle „die Regierung stellen und dem Parlament bessere Vorschläge unterbreiten“. Einige Angriffe hält die FDP hingegen für übertrieben. Bei manchen Reden frage man sich, inwieweit die Kritik mit Blick auf die erst kurze Amtszeit der Regierung angebracht sei, meint Fricke.

CDU und FDP sind sich in einigen Themen weiter sehr nah. CDU-Mann Frei betont neben den Differenzen „ein hohes Maß an Schnittmengen“ mit der FDP, etwa in der Haushalts- und Finanzpolitik. „Da sind wir sehr viel näher beieinander als mit jeder anderen Partei im Bundestag.“ Wird es eine Annäherung geben, sobald der neue CDU-Chef Friedrich Merz den Fraktionsvorsitz von Ralph Brinkhaus (CDU) übernimmt – oder werden die kommenden Auseinandersetzungen härter?

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Union will wegen Lindners Nachtragshaushalt vor Gericht gehen

FDP-Mann Fricke jedenfalls erwartet dann „keine Angriffe mehr wie ‚links-gelb‘ und gleichzeitig den Vorwurf, die FDP sei näher an der AfD dran als die Union“.

Es könnte aber auch anders kommen: Die Finanzpolitik der Ampel könnte ein großer Angriffspunkt werden, an dem sich Merz abarbeitet. Immerhin wird die Union wegen des Nachtragshaushalts von Finanzminister Lindner vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

Für Harmonie könnte auf andere Weise gesorgt werden: Seit 2014 treffen sich Politikerinnen und Politiker beider Parteien zu einem Gesprächskreis, der „Kartoffelküche“. In solchen Debattenformaten werden – gerne bei Essen und Getränken – Kontakte gepflegt und eine mögliche Zusammenarbeit für die Zukunft ausgelotet. Die „Kartoffelküche“ entstand, nachdem die FDP nach der Koalition mit der Union 2013 aus dem Bundestag geflogen war. Zu Krisenzeiten können solche Treffen die Wogen glätten.

In dieser Legislaturperiode wollen beide Parteien wieder zu Gesprächen zusammenkommen. „Die Kartoffelküche gibt es weiterhin. Wir werden uns voraussichtlich im Februar wieder treffen, wegen Corona erstmal per Videocall“, verrät Initiator Fricke. „Wir wollen die Kommunikation zwischen CDU und FDP aufrechterhalten.“

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Unter den circa 60 Teilnehmern sind Schwergewichte aus der Bundes- und Länderpolitik: Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), CDU-Vize Carsten Linnemann, FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai und NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach, neu im CDU-Bundespräsidium. Zumindest in Nordrhein-Westfalen will die FDP die Koalition mit der CDU nach der Landtagswahl im Mai gerne fortsetzen.

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