Katastrophenschutz nach Corona: Der Bund will mehr tun
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Der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Armin Schuster (links), und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU).
© Quelle: Getty Images
Berlin. Damit Deutschland auf Dürren und Cyberangriffe, aber auch auf gesundheitliche Krisen wie etwa die Corona-Krise künftig besser vorbereitet ist, soll das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe mit Sitz in Bonn mehr Aufgaben übernehmen. Das kündigten Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und der seit Kurzem amtierende neue Präsident des Amtes, Armin Schuster, am Mittwoch in Berlin an.
Seehofer stellte allerdings klar, dass dies „innerhalb des bestehenden Rechtsrahmens“ geschehen soll. Eine Grundgesetzänderung, für die eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderlich wäre, strebe er nicht an. „Wir wollen den Ländern nicht ins Handwerk pfuschen“, sagte der CSU-Politiker.
Überblick schaffen
Damit bliebe der aktuell häufig beklagte Mix an Verantwortlichkeiten im Prinzip unangetastet. Für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe sind laut Grundgesetz überwiegend, aber nicht allein die Länder zuständig. Eine Ausnahme ist der Verteidigungsfall. Schuster, der bis zuletzt CDU-Bundestagsabgeordneter gewesen war, schloss eine Verfassungsänderung nicht aus.
Konkret planen Seehofer und Schuster ein bundesweites Monitoring für nationale Reserven – beispielsweise aktuell über Schutzanzüge oder Masken, in anderen Fällen über Nahrungsmittel oder Rohstoffreserven. Das ist bisher größtenteils Ländersache. Die Behörde soll keine eigenen Lager betreiben, aber für den Überblick sorgen. Ferner soll ein gemeinsames Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz entstehen – zunächst mit Hilfsorganisationen, später, wenn diese das wollen, mit den Ländern. Die Kommunikation soll besser werden, als sie heute ist.
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Schließlich sollen die Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz in Bad Neuenahr (Rheinland-Pfalz) zu einer Bundesakademie ausgebaut und ein zweiter Standort in Ostdeutschland errichtet werden. Hier werden Politiker und Führungskräfte in Sachen Bevölkerungsschutz geschult.
Konkret will der Bund bereits jetzt 88 Millionen Euro bereitstellen, damit die „gute alte Sirene“ (Schuster) neben Rundfunk und digitalen Alarmsystemen weiter erhalten bleibt. Die Zahl der Nutzer der Warn-App „Nina“ soll von neun auf 40 Millionen gesteigert werden.
Geld für Sirenen
Der Präsident des Amtes sagte: „Wir haben das Thema Gesundheitsschutz lange nicht auf einem vorderen Platz der Prioritätenliste gehabt.“ Er zeigte sich zugleich sicher, dass die Corona-Pandemie „ganz anders ablaufen“ würde, wenn der Reformplan schon umgesetzt wäre. Schusters Vorgänger Christoph Unger war im vorigen Jahr nach dem Scheitern eines bundesweiten Warntages abgelöst worden. Bei einem Probealarm hatte es technische Probleme gegeben.
Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Wenn der Bund hier verstärkt koordinieren will, dann sind wir dafür dankbar. Aber er sollte nicht über Kompetenzverschiebungen reden und das etablierte System infrage stellen wollen. Das wäre kontraproduktiv. Denn es ist nicht der Katastrophenschutz, der derzeit versagt. Er funktioniert.“ Die Innenministerkonferenz habe bereits im Dezember unter seinem Vorsitz eine Arbeitsgruppe installiert, um Lehren aus der Krise zu ziehen, fuhr Maier fort. Über Ergebnisse könne man hoffentlich bei der nächsten Konferenz im Frühjahr sprechen.
Zustimmung von Reul
Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, schrieb zu den Plänen bei Twitter: „Freiwillige Kooperation ohne gesetzliche Grundlage funktioniert nur, solange sich alle Beteiligten einig sind. Das ist in Krisen selten der Fall, wie man ja auch aktuell sieht.“
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) begrüßte das Vorhaben Seehofers und Schusters. „Das Reformkonzept weist grundsätzlich in die richtige Richtung“, sagte er dem RND. „Gut, dass das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe künftig noch stärker auf das Thema Vorsorge setzt. Denn der beste Schutz vor einer Katastrophe ist, zu verhindern, dass sie eintritt. Krankenhäuser, Wasserwerke und Energieversorger widerstandsfähiger zu machen, ist dafür ein wichtiger Baustein.“