Maas in Libyen: Der Minister muss in Deckung gehen
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Außenminister Heiko Maas hört sich die Schicksale von gefangen gehaltenen Flüchtlingen in Libyen an.
© Quelle: imago images/photothek
Zuwara. Heiko Maas hat soeben ein libysches Flüchtlingslager besucht. Er will von seinen Eindrücken berichten, doch der Außenminister kommt kaum dazu. Ein Sicherheitsmann eilt herbei, fasst Maas bei den Schultern und schiebt ihn fort. Am Himmel über der Stadt Zuwara soll ein Flugzeug des Rebellenführers Chalifa Haftar aufgetaucht sein.
Der Minister und seine Delegation müssen in Sicherheit gebracht werden. Sie eilen in gepanzerte Autos, Türen fallen laut ins Schloss. Nur die libyschen Regierungstruppen am Flughafen von Zuwara wirken unbeeindruckt. Sie dürften Chaos und Bedrohungslagen gewohnt sein.
Libyen ist ein gefährlicher Ort. Seit dem Sturz des Diktators Gaddafi 2011 gibt es keine staatliche Ordnung mehr in dem nordafrikanischen Staat. Die von den Vereinten Nationen anerkannte Regierung von Premier Fayiz as-Sarradsch kontrolliert nur die Region um die Hauptstadt Tripolis. Die Stadt ist umzingelt von den Milizen Haftars. Er hat weite Teile des Landes unter seine Kontrolle gebracht und will nun auch Tripolis einnehmen. Die Kämpfe haben in den zurückliegenden Monaten stark zugenommen.
Ein Stellvertreterkrieg tobt
Die Bundesregierung deutet die Gewalt in Syrien als Stellvertreterkrieg. Kanzlerin Angela Merkel warnte kürzlich im Bundestag davor, dieser könnte ganz Nordafrika destabilisieren. Die Bundesregierung bringt sich daher bei der Suche nach einer Lösung ein. Sie ist derzeit darum bemüht, Einigkeit zwischen ausländischen Mächten herzustellen, die hinter den verfeindeten libyschen Kriegsparteien stehen: Während Frankreich, Russland, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate zu Haftar halten, unterstützen Italien, Großbritannien und die USA die Regierung in Tripolis.
Der sogenannte Berliner Prozess soll die Stellvertretermächte zusammenbringen – in der Hoffnung, dass sie auf einen Konsens auf libyschem Boden hinwirken. Vor allem geht es dabei um die Einstellung von Waffenlieferungen. Drei Treffen auf Expertenebene gab es dazu in Berlin bereits, ein weiteres soll in drei Wochen folgen.
Ein Tag nach seinem scharf kritisierten Besuch in Ankara ist Maas nach Nordafrika gereist. Mit seinem Besuch in Libyen will der SPD-Politiker den Druck auf die international anerkannte Regierung in Tripolis sowie auf ihren Widersacher, General Halifa Haftar, erhöhen, die Kämpfe einzustellen.
Es geht um Migration aus Afrika
„Wir wollen einen Beitrag dazu zu leisten, dass es hier endlich Frieden gibt“, sagt Maas am Sonntag auf einer Pressekonferenz, bei der auch der UN-Sondergesandte für Libyen zugegen ist, Ghassan Salamé. Seinen Worten nach soll der von Deutschland vorangetriebene Dialog unter den Stellvertretermächten endlich spürbare Erfolge zeitigen – anders als Zweiertreffen in der Vergangenheit, bei denen die französische und die italienische Regierung mit Sarradsch oder Haftar zusammenkamen. Maas würde gern noch in diesem Jahr ein Gipfeltreffen auf Regierungsebene ausrichten.
Nicht zuletzt die Migrationsfrage ist Treiber der deutschen Bemühungen um ein Ende der Gewalt. Zehntausende Migranten machten sich in den vergangenen Jahren von Libyen aus übers Mittelmeer auf den Weg nach Europa. Auf Druck – und dank Zahlungen – der Europäer greift die libysche Küstenwache seit gut einem Jahr viele Flüchtlingsboote auf. Tausende Migranten werden nach UN-Angaben in Flüchtlingslagern gefangen gehalten, unter lebensgefährlichen Bedingungen, ohne Schutz und Perspektive.
Maas hat mit einigen dieser Männer in Zuwara gesprochen. Einer von ihnen kniete vor dem Deutschen nieder, weinte, bat um Hilfe. Die ausweglose Situation dieser Menschen ließen den Außenminister nicht unbeeindruckt. Die deutsche Botschaft will sich kümmern. Auf die libysche Regierung kann sie aber kaum zählen.
Die Regierung hat kaum Macht
„Das Problem in Libyen ist, dass wir eine Regierung haben, die bedauerlicherweise nicht im ganzen Land die staatliche Autorität hat“, sagte Maas, nachdem er hastig aus Libyen abgereist und im Nachbarland Tunesien gelandet war. Das angebliche Rebellenflugzeug über Zuwara hatte sich da bereits als Gerücht entpuppt, das Milizen gestreut hatten. Auch Falschnachrichten sind wirkungsvolle Waffen in diesem Krieg. Am Montag trifft der Außenminister Vertreter der neuen tunesischen Regierung, bevor Maas dann nach Ägypten weiterreist.