Machtkampf in Spaniens Volkspartei PP: „So grausam und so ungerecht“

Isabel Díaz Ayuso, Ministerpräsidentin der Regionalregierung von Madrid, warf ihrer Parteispitze unter dem PP-Vorsitzenden Casado vor, Korruptionsvorwürfe zu „fabrizieren“, um sie zu „zerstören“.

Isabel Díaz Ayuso, Ministerpräsidentin der Regionalregierung von Madrid, warf ihrer Parteispitze unter dem PP-Vorsitzenden Casado vor, Korruptionsvorwürfe zu „fabrizieren“, um sie zu „zerstören“.

Madrid. Solche Sätze hört man sonst in Mafiafilmen. „Weil mich weder die einen noch die anderen totkriegen konnten, geht es jetzt gegen meine Familie, das Wichtigste, was ein Mensch hat“, sagte Isabel Díaz Ayuso am Donnerstagvormittag im Madrider Landtag.

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Weil es der Regionalpräsidentin damit noch nicht genug war, rief sie am frühen Nachmittag die Presse zu sich und verlas eine Erklärung: „Obwohl das politische Leben voller Verdruss ist“, sagte sie, „hätte ich doch nie gedacht, dass die Führung meiner Partei so grausam und so ungerecht gegen mich handeln würde.“ Man bezichtige sie der Korruption, „ohne Beweise, unter Einbeziehung meiner Familie“. Und noch einmal: „Familie ist das Wichtigste, was wir haben.“

Eine einfache Strategie – mit Erfolg

Es war eine Kriegserklärung an die eigene Partei und eine Flucht nach vorne. Die 43-jährige Ayuso ist die schillerndste Figur der konservativen Volkspartei (PP), aufgestiegen fast aus dem Nichts vor drei Jahren, als sie ihr Parteichef, Pablo Casado, zur Spitzenkandidatin für das Amt der Madrider Regionalpräsidentin machte. Kaum jemand setzte einen Pfifferling auf sie, aber mit Ach und Krach gewann sie das Amt. Und dann wurde sie ganz groß.

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Ihre Strategie, die sie jetzt gegen die eigene Partei wendet, war simpel und erfolgreich: Sie erklärte sich (und Madrid) jeden Tag zum Opfer böser Kräfte, vornehmlich der nationalen, linken Sánchez-Regierung. Im vergangenen Jahr setzte sie Neuwahlen an, die sie mit beinahe absoluter Mehrheit gewann. Damit wurde sie ihrem Mentor Casado gefährlich. Ein parteiinterner Machtkampf begann. Erst untergründig. Jetzt ist er mit einer Gewalt ausgebrochen, wie sie die Spanier lange nicht erlebt haben. Sie können kaum den Blick von diesem Spektakel abwenden.

Vorwurf der Vetternwirtschaft

Am Donnerstag schickte der PP-Vorsitzende Casado noch seinen Generalsekretär vor, der Ayusos „grausamen und ungerechten“ Angriff auf die Parteiführung beklagte. Am Freitagmorgen sprach der Chef selbst, in einem Radiointerview: Es gehe bei den Vorwürfen gegen Ayuso „um genügend relevante Summen, dass jemand denken könnte, da gibt es Vetternwirtschaft“.

Ja, alles dreht sich um die Familie. Am 1. April 2020, als die Menschen in ganz Spanien wie die Fliegen an Corona starben, während die Pandemie gerade erst explodierte, bestellte die regionale Gesundheitsbehörde bei einem alten Freund der Ayuso-Familie für gut 1,5 Millionen Euro FFP2- und FFP3-Masken.

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Und – es liegt noch im Nebel, wie und warum – auch Ayusos Bruder gewann bei diesem Geschäft: 55.850 Euro plus Mehrwertsteuer, erklärte Ayuso am Freitag. Alles ganz legal, sagt sie, vom Finanzamt abgesegnet. Wobei niemand ihrem Bruder oder dessen Geschäftsfreund Steuerhinterziehung vorgeworfen hat. Sondern eben Vetternwirtschaft.

Fast alle Mittel werden genutzt

Besonders empört die beleidigte Ayuso, dass ihre eigene Partei offenbar Privatdetektive auf sie oder ihren Bruder ansetzen wollte, um die Hintergründe des Geschäftes kennenzulernen. Solchen Eifer zeigt die PP sonst nicht, wenn es um die Aufklärung möglicher Korruption in den eigenen Reihen geht. Aber im Machtkampf werden eben alle Waffen zur Hand genommen, die gerade zur Verfügung stehen.

Wenn Ayuso ihre Vorwärtsstrategie gegen die eigene Partei überlebt, dann wird man noch viel von ihr hören. Das hieße, dass sie in der Politik zu allem fähig ist. Dann wird sie, eher früher als später, auch spanische Ministerpräsidentin werden. Wenn nicht, dann war sie nicht mehr als eine kurzlebige Blüte im überhitzten Treibhaus der spanischen Politik, wie es sie schon viele vor ihr gab. Der Kampf hat gerade erst begonnen.

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