Özdemir will Erleichterungen für Lebensmittelspenden
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
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Berlin. Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) hat angekündigt, rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen für Lebensmittelspenden zu lockern. „Gerade im Handel geht es um die Erleichterung von Spenden, damit nicht mehr so viel weggeworfen wird“, sagte Özdemir dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Dafür sind haftungs- und steuerrechtliche Fragen zu klären: Die Angst vor zivilrechtlichen Klagen ist für viele Unternehmen ein Hemmschuh. Und es könnte helfen, wenn die Umsatzsteuer bei Lebensmittelspenden auch dann wegfällt, wenn die Ware beispielsweise falsch etikettiert ist.“
Dadurch werde es für den Handel attraktiver, sie zu spenden anstatt sie wegzuwerfen, so Özdemir. „Wir wollen die Lebensmittelverschwendung in der gesamten Wertschöpfungskette – vom Feld bis zum Handel – reduzieren“, sagte der Ernährungs- und Agrarminister. „Es hat sich gezeigt, dass es nicht reicht, auf freiwillige Vereinbarungen zu setzen, wie es die Vorgängerregierung gemacht hat.“
Der Minister kritisierte die Strafbarkeit des Containerns, also des Herausnehmens von weggeworfenen Lebensmitteln aus Supermarkt-Abfallcontainern. „Das finde ich schon ziemlich absurd“, sagte er dem RND.
Özdemir will Eierkennzeichnung ausweiten
Der Agrarminister hat sich zudem für eine weitere Verschärfung des Verbots zur Tötung männlicher Küken ausgesprochen, das im Januar in Kraft tritt. „Wie es mit der Eierkennzeichnung weitergeht, werden wir prüfen. Ich halte eine Ausweitung auf verarbeitete Produkte durchaus für sinnvoll“, sagte Özdemir dem RND. Mit Blick auf die ab Samstag geltende Regelung für die Produktion von sogenannten Schaleneiern sagte er: „Es ist höchste Zeit, dass das Verbot kommt. Die Vorgängerregierung hat da mehrere Fristen gerissen.“
Das millionenfache Kükentöten in der Legehennenhaltung wird zum neuen Jahr verboten. Tierschützer fordern allerdings weitergehenden Schutz, etwa auch von Embryonen sowie in anderen Branchen.
Distanz zum „Veggie-Day“ – aber Forderung nach mehr Angeboten
Mit Blick auf den Fleischkonsum ist Bundesagrarminister Özdemir zudem auf Distanz zu dem von seiner Partei einst propagierten „Veggie-Day“ in Kantinen gegangen. „Wir retten die Welt nicht dadurch, dass wir an einem Tag in der Woche vegetarisches Essen propagieren, sondern indem wir dafür sorgen, dass wir künftig etwa die Futtermittel nicht mehr aus Südamerika importieren und dafür dort Regenwälder abgeholzt werden“, sagte Özdemir dem RND. „Allerdings sollte es in Kantinen auch Auswahl geben, also auch ein gutes vegetarisches und veganes Angebot.“
Özdemir ist nach eigenen Angaben seit seinem 17. Lebensjahr „überzeugter Vegetarier“. „Wer wann was isst, geht den Minister für Ernährung und Landwirtschaft und die Bundesregierung nichts an“, betonte er. Die Grünen hatten in ihrem Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2013 einen „Veggie-Day“ für Kantinen gefordert und waren dafür heftig kritisiert worden.
Minister will Landwirte beim Klimaumbau unterstützen
Özdemir kündigte weiterhin an, Landwirte beim Umbau auf eine klima- und artgerechte Produktionsweise finanziell zu unterstützen. Dafür sei sowohl eine Erhöhung seines Etats, als auch eine finanzielle Beteiligung der Verbraucher etwa über eine Tierwohlabgabe möglich. „Wenn wir Strukturreformen wollen, müssen wir die Landwirtinnen und Landwirte finanziell unterstützen“, sagte Özdemir dem RND. „Es kostet nun mal viel Geld, einen Stall umzubauen. Kein Bauer steht morgens auf und sagt, er will Tiere schlecht halten oder Nitrat im Boden und im Grundwasser haben. Es sind die Strukturen, die das bislang erzwingen – und die wir ändern wollen.“
Im Vergleich zu den Summen, die in der Automobilindustrie für die Transformation vom fossilen Verbrenner zur emissionsfreien Mobilität aufgewendet würden, sei der Unterstützungsbedarf der Landwirtschaft „relativ bescheiden“, so Özdemir.
Özdemir: Neuausrichtung ist „nicht zum Nulltarif zu haben“
Zur Finanzierung kann sich Özdemir sowohl eine Unterstützung mit Steuergeld, als auch eine Tierwohlabgabe für die Verbraucher vorstellen: „Vieles ist denkbar“, sagte der Minister dem RND auf die Frage nach den Geldquellen für die Unterstützung der Bauern. „Die soziale und ökologische Neuausrichtung der Agrarpolitik ist nicht zum Nulltarif zu haben“, so Özdemir. „Wenn wir es ernst meinen, dann müssen wir auch die Mittel dafür zur Verfügung stellen. Darüber werden wir Gespräche führen.“
Özdemir kündigte weiter an, Agrarbetriebe künftig nicht mehr über Flächenprämien zu fördern, sondern staatliche Mittel an Umwelt-, Tier- und Klimaschutz-Maßnahmen zu knüpfen. „Es ist bedauerlich, dass die Agrarzahlungen weiterhin vor allem den Landbesitz belohnen statt Leistungen für den Umwelt- und Klimaschutz“, sagte er. Bei der nächsten Agrarreform sei es das Ziel, dass es Finanzierung aus öffentlichen Kassen nur noch für öffentliche Leistungen gebe. „Landwirtinnen und Landwirte müssen mit Umwelt-, Tier- und Klimaschutz Geld verdienen können, als verlässliche Einkommenssäule“, sagte Özdemir.