Ohne die Amerikaner würde es die deutsche Einheit nicht geben
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Berlins Regierender Bürgermeister Richard von Weizsäcker (v.l.), US-Präsident Ronald Reagan und Bundeskanzler Helmut Schmidt am 11. Juni 1982 am Checkpoint Charlie in Berlin. Der amerikanische Präsident Ronald Reagan war am 9. Juni 1982 in Begleitung seiner Frau Nancy zu seinem ersten offiziellen Besuch in der Bundesrepublik Deutschland eingetroffen.
© Quelle: dpa
Es sind viele warme Worte, die Heiko Maas da aneinandergereiht hat. Die deutsche Einheit, schreibt der deutsche Außenminister in einem Beitrag für 26 europäische Zeitungen, sei „ein Geschenk Europas an Deutschland“ gewesen. Nur einem einzigen Staatenlenker außerhalb der EU dankt Maas namentlich: Michail Gorbatschow. Ansonsten deutet er den Mauerfall als innereuropäische Wundertat: „Der Herbst 1989 hat gezeigt, wozu wir Europäer imstande sind, welche Kraft in uns steckt ...“
Ein Geschenk Europas an Deutschland? Die Älteren erinnern sich anders. Trat 1989 Margaret Thatcher auf Helmut Kohl zu, um ihm die Wiedervereinigung anzubieten, mit einem hübschen Schleifchen drum? Nein. In Paris sorgte sich François Mitterrand gar, Deutschland könne „mehr Einfluss auf Europa bekommen, als Hitler je hatte“. Auch Polen war misstrauisch, aus historischen Gründen.
Und die Amerikaner waren es auch, die als Erste so frech waren, einfach mal an der Mauer zu rütteln.
Es war US-Präsident George Bush senior, der damals in mühsamen Gesprächen mit London, Paris und Warschau unermüdlich um Vertrauen warb für Deutschland. Die Amerikaner standen, als der Zwei-plus-vier-Vertrag angebahnt wurde, wie kein zweites Volk als Freunde hinter den Deutschen. Die Amerikaner waren es, die zuvor jahrzehntelang die Freiheit Westdeutschlands und West-Berlins garantiert hatten, auch in Zeiten, in denen gerade kein Gorbatschow im Kreml regierte. Und die Amerikaner waren es auch, die als Erste so frech waren, einfach mal an der Mauer zu rütteln.
Als aber Ronald Reagan 1987 in Berlin den Abriss der Mauer forderte, tippten sich linke Lehrer an den Kopf und nahmen prompt mit ihren Schülern im Unterricht durch, warum Reagan natürlich nur gefährlichen Unfug erzählte. Das allgemeine Augenrollen entsprach zugleich einer breiten unpolitischen Strömung im Westen, wonach es zum Gefühl von Freiheit eigentlich völlig genügte, wenn man nach Mallorca fahren konnte und nicht nach Magdeburg.
Amerikaner können ungewöhnlich selbstgerecht sein, Deutsche aber auch. Man spürt dies auch jetzt wieder, im Rückblick auf den Mauerfall. In den USA wird heute oft übersehen, namentlich von Mitgliedern der Trump-Regierung, dass die weltpolitische Sensation von 1989 nur möglich wurde durch das Gegenteil von Trumpismus: Es war der Erfolg einer klugen Hinwendung der USA zu dieser Welt mit all ihren Komplexitäten, es war der Sieg einer konstruktiven Politik, die sich löste von der Arroganz der Macht und auf Diplomatie und auf persönliches Vertrauen setzte.
Viele Deutsche wiederum übersehen heute, wie wichtig die USA vor 30 Jahren für die deutsche Einheit waren. Ja, Gorbatschow hatte grünes Licht gegeben, dafür müssen ihm die Deutschen ewig dankbar sein. Doch ohne die Amerikaner wäre der Zug in Richtung Einheit niemals abgefahren.