Rechtsstaat, Belarus und Zweiter Weltkrieg: Außenministerin Baerbock zu Besuch in Polen

Annalena Baerbock und Zbigniew Rau geben eine gemeinsame Pressekonferenz in Warschau.

Annalena Baerbock und Zbigniew Rau geben eine gemeinsame Pressekonferenz in Warschau.

Warschau. Die neue deutsche Außenministerin Annalena Baerbock setzt auf eine gemeinschaftliche Verhandlungslösung im Rechtsstaatsstreit mit Polen. Wenn die Diskrepanzen wie bei diesem Thema sehr groß seien, „gilt es aber umso mehr, zu diesen Themen ganz intensiv im Gespräch zu sein“, sagte die Grünen-Politikerin am Freitag nach einem Treffen mit ihrem polnischen Kollegen Zbigniew Rau in Warschau. Gemeinsam und nicht nur bilateral müsse auf europäischer Ebene nach einer Lösung gesucht werden.

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„Insbesondere in der Außenpolitik und in der Diplomatie braucht man nicht nur ein bisschen diplomatisches Glück, sondern immer auch Hoffnung“, sagte Baerbock auf die Frage, ob sie nach ihren Gesprächen in Warschau die Hoffnung habe, dass es im Rechtsstaatsstreit ein Einlenken Polens geben könne.

„Wenn man nicht daran glaubt, dass man durch eigenes Wirken, selbst wenn es Jahre oder manchmal Jahrzehnte dauert, Dinge verändern kann, dann ist es ein schwieriger Auftrag“, sagte Baerbock mit Blick auf ihre Arbeit als Außenministerin. „Ja, ich glaube daran, dass wir als Europäerinnen und Europäer Probleme gemeinsam lösen können. Und das heißt dann, gemeinsam daran zu arbeiten.“ Rau ergänzte, man brauche bei dem Thema Rechtsstaatlichkeit „einen strategischen, geduldigen Dialog“.

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Baerbock: „Können nicht zulassen, dass Europas Fundamente wegbröckeln“

Baerbock hatte schon zu Beginn ihrer Antrittsreise auf die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit in der EU gepocht. „Gerade bei Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten können wir nicht zulassen, dass Europas Fundamente wegbröckeln“, warnte sie. In der EU gibt es seit Jahren Streit mit den Regierungen von Ungarn und Polen, weil sie sich ausweislich etlicher Gerichtsurteile nicht an EU-Recht halten. Kritiker werfen Warschau und Budapest vor, die Justiz entgegen der EU-Standards zu beeinflussen. So baut Polens nationalkonservative PiS-Regierung das Justizsystem um. Die EU-Kommission hat wegen der Reformen Vertragsverletzungsverfahren gegen die Regierung in Warschau eröffnet.

Bei ihrem Besuch forderte die neue deutsche Außenministerin Annalena Baerbock außerdem dazu auf, in der Region an der Grenze zu Belarus humanitäre Hilfe für Migranten zuzulassen. Deutschland stehe in voller Verantwortung und Solidarität an der Seite Polens und der baltischen Staaten angesichts des Erpressungsmanövers des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko, sagte Baerbock am Freitag. „Wir müssen aber auch, das möchte ich deutlich sagen, sicherstellen, dass angesichts der eisigen Temperaturen im Grenzgebiet humanitäre Hilfe zur Verfügung steht, und zwar auf beiden Seiten der Grenze.“ Die Menschen, die zum Opfer dieses zynischen Spiels geworden seien, trügen an der Situation keine Schuld und benötigten Hilfe, sagte Baerbock weiter.

Migranten campieren bei einem Waldstück in der Nähe eines Grenzübergangs zu Polen.

Migranten campieren bei einem Waldstück in der Nähe eines Grenzübergangs zu Polen.

Migration über Belarus hält weiter an

Seit Wochen versuchen Tausende Migranten und Flüchtlinge, von Belarus über die EU-Außengrenzen nach Polen oder in die baltischen Staaten zu gelangen. Die EU wirft dem autoritären belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, gezielt Menschen aus Krisenregionen nach Minsk einfliegen zu lassen, um sie dann in die EU zu schleusen und so die Lage im Westen zu destabilisieren. Polen hat in einem drei Kilometer breiten Streifen entlang der Grenze die Bewegungsfreiheit eingeschränkt, Hilfsorganisationen dürfen nicht hinein.

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Rau unterstrich erneut die Forderung von Polens Regierung nach Wiedergutmachung für die Schäden des Zweiten Weltkriegs. „Wir erwarten von der neuen deutschen Regierung die Bereitschaft, sich dieser Verantwortung zu stellen, auch in der Form von Gesprächen über Rekompensationen und Wiedergutmachung.“ Dies betreffe etwa eine Entschädigung für polnische Kulturdenkmäler, Kunstwerke, Archive und Bibliotheken, die nicht durch Krieghandlungen zerstört worden seien, „sondern als Folge das Strebens der Besatzungsmacht, sie aus dem Erbe der Menschheit zu tilgen“, sagte Rau.

RND/dpa

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