Schäuble: Soziale Medien machen aus politischem Diskurs digitale Stimmungsdemokratie

Wolfgang Schäuble (CDU), Bundestagspräsident.

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Berlin. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble sieht in der „Stimmungsdemokratie“ in sozialen Medien eine ernsthafte Bedrohung für die Prinzipien einer parlamentarischen Demokratie.

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Die Funktionslogik der digitalen Öffentlichkeit lasse wenig Raum für den demokratischen Streit und die mühsame Suche nach Ausgleich und Kompromiss, sagte Schäuble am Montag bei der digitalen Konferenz der Europäischen Parlamentspräsidenten. „Sie befördert im Gegenteil eher die populistische Versuchung, den eigenen Willen mit dem der Mehrheit gleichzusetzen“, ergänzte er.

Die Möglichkeit, sich unmittelbar und vernehmbar im Netz zu äußern, scheine mit dem Anspruch einherzugehen, „dass die eigene Meinung unmittelbar in politische Wirklichkeit umzusetzen sei“, sagte der Bundestagspräsident. Dies widerspreche aber Kernprinzipien demokratischer Entscheidungsfindung und führe unweigerlich zu Enttäuschung.

Auf lange Sicht gefährde es die Legitimation gewählter Repräsentanten, für alle verbindliche Entscheidungen zu treffen. Seine europäischen Amtskollegen forderte Schäuble auf, Antworten auf die Frage zu finden, wie es gelingen kann, „die Vorzüge des repräsentativen Prinzips gegen die Tendenzen einer digitalen Stimmungsdemokratie zu behaupten“.

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Schäuble kritisierte auch die großen Internetkonzerne. „Google, Facebook und Co. sprechen zwar viel vom Gemeinwohl, weisen aber jede Verantwortung dafür zurück“, sagte er. Nur mit Mühe und Not seien sie zu bewegen, „Hass und Hetze einen Riegel vorzuschieben“. Zugleich kontrollierten sie „nach Gutdünken den Zugang zum Diskurs“, sagte er.

Die Konferenz der Parlamentspräsidenten aus den europäischen Ländern sollte in diesem Jahr in Berlin stattfinden, wurde wegen der Corona-Pandemie aber digital abgehalten.

Schäuble würdigte in seiner Eröffnungsrede auch die Möglichkeiten der Digitalisierung, mit der die Konferenz nun überhaupt hat stattfinden können. „Aber Demokratie nur digital - das geht nicht“, sagte er. Das Politische brauche „die Begegnung, das Miteinander und Gegeneinander in der realen Welt“.

RND/cle/epd

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