Trotz Delta-Variante zum EM-Finale? Experten befürchten steigende Corona-Zahlen

Das Wembley-Stadion in London: Am 11. Juli soll hier der neue Fußball-Europameister gekürt werden.

Das Wembley-Stadion in London: Am 11. Juli soll hier der neue Fußball-Europameister gekürt werden.

Vor einer rasanten Verbreitung der Delta-Variante des Coronavirus durch das EM-Finale in London am 11. Juli warnt Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch: „Die Europameisterschaft darf nicht als Superspreader-Event enden.“ Denn obwohl Großbritannien anlässlich der Ausbreitung der erstmals in Indien entdeckten Mutation Delta als Virusvariantengebiet gilt, finden die Endspiele der Meisterschaft im Wembley-Stadion in der britischen Hauptstadt statt. Vor 60.000 Zuschauern. So der Plan.

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„Ein Stadionwechsel darf kein Tabu sein“, sagte Bartsch dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Denn völlig ohne Zuschauer sollten die letzten Spiele nicht ausgetragen werden.“ Er schlug vor, Länder mit Niedriginzidenzen in Betracht zu ziehen – zum Beispiel Deutschland. „Ich denke, dass es hier problemlos möglich wäre, in vielen Stadien mit Hygienekonzept und Testpflicht ein sicheres Finale mit einer überschaubaren Zuschaueranzahl auszurichten.“

„Wenn die Delta-Variante die Oberhand gewinnt, dann sollte man Abstand nehmen vom Austragungsort London, statt sklavisch an der Idee festzuhalten. Das ist der falsche Weg und wäre ziemlich unverantwortlich“, sagte auch der sportpolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, André Hahn, dem RND. „Die Uefa sollte im Übrigen schnell entscheiden. Für einen größeren Corona-Ausbruch kann niemand die Verantwortung übernehmen.“

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Weltärzte-Vorsitzender Montgomery warnt vor EM-Endspiel in London

Eine Ansicht, die Medizinerinnen und Mediziner vielfach teilen. Auch der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, sprach sich gegenüber dem RND gegen Halbfinal-Begegnungen und ein Endspiel in London aus. Er riet deutschen Fans zudem, nicht nach London zu reisen, finden die Spiele doch im Wembley-Stadion statt. „Wer nach Großbritannien fährt, läuft Gefahr, sich mit der Delta-Variante zu infizieren“, sagte Montgomery. „Ich halte das sogar für Geimpfte für verantwortungslos.“ Immerhin stellten auch sie mögliche Überträger des Virus dar. Darüber hinaus sei unklar, wie konsequent die Quarantänevorschriften eingehalten würden.

Corona-Modellierer: „Delta wird sich in Deutschland ausbreiten und dominieren“

Thorsten Lehr ist Professor an der Universität des Saarlandes und hat mit seinem Team das Projekt „CoSim“ geschaffen, das ermöglicht, mithilfe eines mathematischen Modells Vorhersagen zur Entwicklung der Corona-Infektionslage zu treffen. Er ist sicher: „Die Delta-Variante wird sich in Deutschland ausbreiten und dominieren, unabhängig von der Fußball-EM. Allerdings wird die Ausbreitung beschleunigt, wenn viele Fans nach London reisen.“ Damit werde sich auch ein Anstieg der Covid-19-Patientinnen und -Patienten auf der Intensivstation bemerkbar machen, denn eine höhere Infektiosität gehe mit mehr Viren im Körper einher. Vor allem Jüngere, die noch nicht oder bislang einfach geimpft sind, sieht Lehr in Gefahr. „Nur eine vollständige Immunisierung hilft im Kampf gegen die Delta-Variante“, sagte er dem RND. „Außerdem gelten Vorsichtsmaßnahmen wie Abstandhalten oder Händewaschen weiterhin.“

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Delta ist bis zu 60 Prozent ansteckender als Alpha

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte sich bereits am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ gegen Reisen zum EM-Finale in der britischen Hauptstadt ausgesprochen und erinnerte daran, dass Rückkehrer eine zweiwöchige Quarantäne erwartet. Auch Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) hatte im RND-Interview erklärt, er sorge sich anlässlich der Ausbreitung der erstmals in Indien entdeckten Variante um die Infektionslage in Deutschland. „Man sollte nicht in Virusvariantengebiete reisen.“ Großbritannien aber ist – neben Ländern wie Indien, Brasilien und Südafrika – seit rund einem Monat ein solches Gebiet. Wegen ihrer hohen Infektiosität wurde die Delta-Mutation von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als besorgniserregend eingestuft.

Zwar liegt die Inzidenz hierzulande am Dienstag bei 8 und damit auf einem so niedrigen Niveau wie lange nicht mehr, doch hat sich der Anteil der Variante in der ersten Juniwoche auf fast 6 Prozent verdoppelt. Forschende gehen im Vergleich zu Alpha von einer bis zu 60 Prozent höheren Infektiosität aus.

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