CDU-Politiker Röttgen: Deutschland steht in Iran-Frage auf der falschen Seite der Geschichte
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Norbert Röttgen (CDU), Mitglied des Deutschen Bundestages, nahm am Brandenburger Tor an einer Protestaktion für Solidarität mit den Protesten im Iran teil.
© Quelle: Christoph Soeder/dpa
Berlin. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen hat dem Auswärtigen Amt vorgeworfen, die Proteste im Iran nicht mit der notwendigen Priorität zu unterstützen. Das Baerbock-Ministerium weigere sich, sich für eine Aufnahme der iranischen Revolutionsgarden in die EU-Terrorliste einzusetzen und täusche die Öffentlichkeit über die Gründe dafür, sagte Röttgen dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
„Das Auswärtige Amt hat öffentlich und gegenüber dem Bundestag erklärt, die Revolutionsgarden seien deshalb nicht auf der Terrorliste der EU, weil dafür Ermittlungen oder ein Urteil wegen Terrordelikten in einem Mitgliedsstaat der EU vorliegen müssten“, sagte Röttgen. Diese Aussage sei doppelt falsch: „Wie das Auswärtige Amt weiß, aber verschwiegen hat, sind erstens nach EU-Recht auch Ermittlungen und Urteile in anderen Staaten erfasst. Wie das Auswärtige Amt weiß, liegt ein Urteil gegen die Revolutionsgarden wegen Terrorismus eines amerikanischen Bundesgerichts vor“, so der CDU-Bundestagsabgeordnete. Zudem fänden derzeit Ermittlungen wegen Terrordelikten gegen Angehörige der Revolutionsgarden in Deutschland statt. Damit bezog sich Röttgen auf Ermittlungen des Generalbundesanwalts nach Anschlägen auf Synagogen im Ruhrgebiet. Die Ermittelnden vermuten die islamische Republik hinter den Taten.
Bundesaußenministerin Baerbock verurteilt erneute Hinrichtung im Iran
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat die erneute Hinrichtung eines Demonstranten im Iran scharf verurteilt.
© Quelle: Reuters
Röttgen spricht von vorgeschobenem Grund
„Der angebliche rechtliche Grund, warum die Revolutionsgarden nicht auf der EU-Terrorliste stehen, ist also nachweislich vorgeschoben“, sagte Röttgen. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts bekräftigte unterdessen am Mittwoch in der Bundespressekonferenz, die formalen Voraussetzungen für eine Aufnahme in die EU-Terrorliste lägen „aufgrund der geltenden Rechtsvorschriften der EU“ weiterhin nicht vor. Es sei abzuwarten, ob sich aus den aktuellen Ermittlungen des Generalbundesanwalts neue Ansatzpunkte dafür ergeben.
Zudem hält das Auswärtige Amt eine solche Listung offenbar nicht für dringend notwendig. Es gebe in Deutschland und der EU längst Maßnahmen gegen die Revolutionsgarden, sagte der Baerbock-Sprecher. „Die Revolutionsgarden sind von der EU sanktioniert und gelistet“, erklärte er. Dadurch seien bereits Vermögenswerte eingefroren und es bestehe auch ein Kooperationsverbot gegenüber den Revolutionsgarden. „Das heißt, all das, was sich aus einer Listung der Revolutionsgarden auf einer EU-Terrorliste an Rechtsfolgen ergeben würde, ist ohnehin derzeit bereits die Rechtslage, weil die Revolutionsgarden in der EU schon seit 2010 als Institution sanktioniert sind“, so der Ministeriumssprecher.
„Man muss sich jetzt entscheiden“
Röttgen machte der Bundesregierung unterdessen noch grundsätzlichere Vorwürfe: „Der Grund, warum das Auswärtige Amt die Öffentlichkeit und den Bundestag über die Rechtslage wissentlich täuscht, ist, dass für das Auswärtige Amt in Wahrheit die Unterstützung der protestierenden Menschen im Iran keine Priorität hat“, sagte der CDU-Außenexperte. „Die Priorität der deutschen und europäischen Außenpolitik liegt darin, ein Atomabkommen mit dem Regime in Teheran zu vereinbaren“, sagte er. Dabei unterliege auch das Auswärtige Amt einem doppelten Irrtum. „Erstens spielt das Regime mit den Europäern, es will die Atomwaffe, Iran ist mindestens kurz davor, Plutonium angereichert zu haben.“ Der Sprecher des Auswärtigen Amtes bekräftigte hingegen, es gebe derzeit keinen Anlass, die Verhandlungen mit dem Iran über das Atomabkommen wiederaufzunehmen.
Die deutsche und europäische Außenpolitik verkenne im Gegensatz zur amerikanischen Politik, dass jetzt im Iran die Stunde der Wahrheit geschlagen habe, sagte Röttgen. „Man muss sich jetzt entscheiden, entweder für die Revolution der Freiheit oder für das Regime zu sein. Die Entscheidung, die Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste zu setzen, wäre die Entscheidung gegen das Mullahregime“, sagte Röttgen. Diese Entscheidung wolle Annalena Baerbock aber nicht treffen. „Darum wird die Öffentlichkeit getäuscht. Deutschland und Europa stehen in der Iran-Frage in beschämender Weise auf der falschen Seite der Geschichte“, so Röttgen.