Russlands schnelle neue Rakete „Kinschal“: Wie die Waffe funktioniert
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09.05.2018, Russland, Moskau: Ein Mikoyan MiG-31 Abfangjäger der russischen Luftwaffe fliegt bei der russischen Militärparade zum Tag des Sieges beladen mit einer ballistischen Luft-Boden-Rakete «Kinschal» (Kh-47M2 Kinzhal) durch die Luft.
© Quelle: Pavel Golovkin/AP/dpa
In der Nacht zum Dienstag soll die russische Luftwaffe erneut Raketen auf die Ukraine gefeuert haben. Wieder seien laut Angaben aus Kiew Hyperschallraketen im Einsatz gewesen. Der Name „Kinschal“ fällt dabei nicht zum ersten Mal. Was kann die russische Waffe?
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Die Hyperschallrakete Ch-47M2 Kinschal („Dolch“) ist einer der furchterregendsten Neuzugänge der russischen Luftwaffe. Die etwa acht Meter langen Raketen fliegen extrem schnell und extrem hoch, bleiben dabei nach russischen Angaben aber manövrierfähig. Sie sind nach Einschätzung der Nato im März mit herkömmlicher Flug- oder Raketenabwehr kaum abzufangen. AS-24 Killjoy („Spielverderber“) hat das westliche Bündnis die neue russische Waffe getauft.
Odessa seit Tagen unter Beschuss: Ukraine meldet einen Todesfall und mehrere Verletzte
Die Hafenstadt im Süden der Ukraine ist seit Sonntagabend Ziel verstärkter russischer Raketenangriffe.
© Quelle: Reuters
Präsident Wladimir Putin stellte die „Kinschal“-Raketen als eine von mehreren Superwaffen erstmals im März 2018 in seiner Rede an die Nation öffentlich vor. Bis zu zehnfache Schallgeschwindigkeit sollte die neue Rakete nach seinen Angaben erreichen. Im Krieg gegen die Ukraine kamen „Kinschal“-Raketen bisher mehrfach bei Angriffen auf militärische und zivile Ziele zum Einsatz.
Die „Kinschal“ wird von Abfangjägern des Typs MiG-31 in großer Höhe abgefeuert. Erst in sicherer Entfernung vom Flugzeug zündet das eigene Raketentriebwerk. Es trägt die „Kinschal“ erst bis zu 20 Kilometer in die Höhe, wo die Rakete hohe Reibungstemperaturen aushalten muss, und dann hinab zum Ziel. Beim Start von einer MiG-31 hat das Waffensystem nach russischen Angaben eine Reichweite von bis zu 2000 Kilometern.
Dabei trägt die „Kinschal“ bis zu 480 Kilogramm Sprengstoff oder einen nuklearen Sprengkopf. Damit könne die Rakete wichtige Infrastruktur in Europa angreifen, zum Beispiel Flugplätze, schrieb die US-Denkfabrik Center für Strategic and International Studies (CSIS). Auch große Nato-Schiffe auf dem Atlantik könnten zum Ziel werden.
Waffenklasse schafft strategische Unsicherheit
An der Entwicklung von Hyperschallraketen arbeiten auch die USA und China. Die Nato listet in einem Papier von 2020 auch Forschungen in Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Australien und Indien auf. Teils geht es dabei um die Abwehr solcher Raketen. Denn die neue Waffenklasse schafft strategische Unsicherheit: Fliegt eine konventionelle Rakete so schnell auf mich zu, oder ist es ein nuklearer Angriff?
„Hyperschallraketen mit ihrer neuartigen Kombination von Geschwindigkeit und Manövrierfähigkeit können alle gegenwärtigen Raketenabwehrsysteme überwinden und verkürzen radikal die Reaktionszeit des angegriffenen Akteurs“, schrieb die Münchener Sicherheitskonferenz in ihrem Bericht 2019.
Zuletzt soll Moskau die Dolch-Raketen am Montag auf die ukrainische Hafenstadt Odessa gefeuert haben, die in den vergangenen Wochen ein häufiges Ziel russischer Angriffe gewesen ist. Dabei seien ukrainischen Angaben zufolge „touristische Objekte“ getroffen und mindestens fünf Gebäude zerstört worden. Das Zentrum für Verteidigungsstrategien, eine ukrainische Denkfabrik, teilte am Dienstag mit, ein russischer Überschallbomber habe drei Hyperschallraketen abgefeuert. Das ukrainische Militär hatte zuvor von sieben Raketen gesprochen, die ein Einkaufszentrum und ein Lagerhaus getroffen hätten.
Die russische Luftwaffe hatte zuvor im März ein Raketenarsenal im Gebiet Iwano-Frankiwsk mit der Hyperschallrakete „Kinschal“ zerstört. Das unterirdische Munitionsdepot der ukrainischen Luftwaffe in Deljatyn im Südwesten der Ukraine sei am Freitag durch die ballistische Rakete vernichtet worden.
Ukrainische, britische und amerikanische Vertreter warnten zuletzt, die russischen Bestände an Präzisionswaffen gingen rasch zur Neige und könnten möglicherweise nicht so schnell wieder aufgefüllt werden. Somit bestehe die Gefahr, dass im weiteren Verlauf des Konflikts mehr unpräzise Raketen eingesetzt würden. Dies könnte zu mehr zivilen Todesopfern und Schäden führen.
RND/dpa/AP/hyd