Sondervermögen für die Bundeswehr: Wie die Ampel um Stimmen der Union kämpft
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/ST22DZ3VURDSLEJ3N72FYGJGOI.jpeg)
Alexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag.
© Quelle: Christophe Gateau/dpa
Berlin. Der Bundestag hat am Mittwoch über das geplante Sondervermögen für die Bundeswehr debattiert. Mit einer Investition von 100 Milliarden Euro sollen die Streitkräfte modernisiert werden. Das neue Sondervermögen soll auch im Grundgesetz festgeschrieben werden. Daher benötigt die Bundesregierung für das Vorhaben eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag – und somit auch Stimmen von CDU und CSU. Die Unionsfraktion erklärte, es sei noch offen, ob es zu einer Einigung kommt.
+++ Alle Entwicklungen und News zum Krieg in der Ukraine im Liveblog. +++
Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Alexander Dobrindt, kritisierte, dass bei dem Gesetzesentwurf nicht deutlich werde, wie das 2-Prozent-Ziel der Nato künftig umgesetzt werde. „Zeitenwende bedeutet keine Einmalzahlung, sondern einen Dauerauftrag an unsere Verteidigungsfähigkeit“, sagte Dobrindt. In der Haushaltplanung werde nicht berücksichtigt, dass künftig 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die Verteidigung investiert werden sollen. Wesentliche Ankündigungen des Kanzlers würden sich somit nicht in dem Gesetzentwurf wiederfinden.
Lindner: „Entscheidung historischen Charakters“
Kurz nach der russischen Invasion in die Ukraine erklärte Scholz Ende Februar: „Klar ist, wir müssen deutlich mehr in die Sicherheit unseres Landes investieren, um auf diese Weise die Freiheit unseres Landes zu schützen.“ Scholz betonte damals auch, dass es eine hochmoderne und leistungsfähige Bundeswehr brauche. 100 Milliarden Euro entsprächen 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, erklärte er.
Finanzminister Christian Lindner nannte das geplante Sondervermögen „eine Entscheidung historischen Charakters“. Es gehe nicht um eine Militarisierung der Außenpolitik, sondern: „Man muss kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen.“ Die Union solle nicht nur teilweise, sondern komplett und geschlossen zustimmen, forderte er. Damit spielte Lindner auf die Ankündigung von Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) an, für die Verankerung des Sondervermögens im Grundgesetz nur so viele Stimmen der Union beizusteuern, wie der Ampel zur verfassungsändernden Zweidrittelmehrheit fehlen.
Lambrecht: nicht die Zeit für „parteitaktische Spielchen“
Auch Verteidigungsministerin Christine Lambrecht erklärte, es sei nicht die Zeit für „parteitaktische Spielchen“. „Ich weiß doch, dass bei Ihnen in den Reihen in der Union fast alle Abgeordnete ohne Wenn und Aber hinter der Bundeswehr stehen und dann zeigen sie das auch, indem sie dieser Möglichkeit des Sondervermögens zustimmen“, forderte sie. Lambrecht zählte zudem einige Mängel bei der Bundeswehr auf. So seien etwa von 350 Puma-Schützenpanzern nur 150 einsatzbereit.
Außenministerin Annalena Baerbock betonte: „Es geht nicht nur um 100 Milliarden hier bei uns, sondern auch um unsere zukünftige Verantwortung in Europa und in unserem gemeinsamen Bündnis.“ Die Partner Deutschlands hätten in den vergangenen Jahren viel in „unsere Sicherheit“ investiert. Nun sei es an der Zeit, etwas zurückzugeben. Sie betonte auch, dass das Geld für harte Sicherheitsmaßnahmen ausgegeben werde und nicht für weiche Sicherheitsmaßnahmen wie etwa humanitäre Hilfe. Dafür gebe es andere Töpfe.
Union zweifelt
Baerbock verteidigte aber, das 2-Prozent-Ziel nicht in das Grundgesetz zu schreiben. Es könne sein, dass ein Jahr mal mehr und ein anderes weniger investiert werde, erläuterte sie. „Wollen wir dann das Grundgesetz jedes Mal ändern?“
Matthias Mittelberg, stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion, überzeugte das jedoch nicht: „Wir haben manifeste Zweifel, ob Sie wirklich die Mittel zur Stärkung der Bundeswehr und der Bündnisfähigkeit verwenden werden“, sagte er. Das, was in den Bundestag eingebracht wurde, sei für die Union so nicht zustimmungsfähig.
Baerbock im Bundestag: Frieden der Menschen in der Ukraine ist das „einzige Interesse“
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat im Bundestag die bisherige Ukraine-Politik der Regierung verteidigt.
© Quelle: Reuters
Linken-Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali kritisierte, dass eine Aufrüstung der Bundeswehr den Krieg in der Ukraine nicht beenden werde: „Wer glaubt, dass Wettrüsten für mehr Frieden sorgt, der irrt sich.“ Russland habe auch die Investitionen der Nato in ihre Verteidigung nicht aufgehalten. Zudem sei das Problem der Bundeswehr nicht mangelndes Geld, sondern „grottenschlechtes Management“.
Einigung auf Waffenlieferungen
Vor der Debatte hatten sich Union und Ampelkoalition auf einen gemeinsamen Antrag zur Unterstützung der Ukraine mit schweren Waffen geeinigt. Die Unionsfraktion will sich demnach einem von der Ampel vorgelegten Antrag anschließen und ihren eigenen – weitergehenden – Antrag zurückziehen, nachdem noch Änderungen im Papier der Ampel erreicht worden seien.
Als Bedingung für den Kompromiss hatte die Unionsfraktionsspitze eine Entkopplung vom geplanten 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr genannt. Das geplante Sondervermögen soll nach den Informationen aus Unionskreisen nun neutral erwähnt werden – dieser Punkt sei im Sinne der Unionsfraktion entschärft worden, hieß es weiter.
Ein zentraler Streitpunkt bei der Umsetzung ist auch die Finanzierung. Die Bundesregierung plant, für das Projekt Schulden aufzunehmen. Finanzminister Christian Lindner kündigte neue Kredite an.
CSU-Politiker Dobrindt kritisierte in der Bundestagsdebatte die geplanten Kredite für das Sondervermögen. „Schulden machen alleine ist noch keine solide Haushaltpolitik“, sagte er. Es müsse auch eine Plan geben, wie die Schulden wieder getilgt werden sollen.
Mit Informationen der dpa.