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Explodierende Lebensmittelpreise

SPD-Ernährungsexpertin: Arme Menschen können sich weiter gesundes Essen leisten – wenn die Einstellung stimmt

Die ernährungspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagfraktion, Rita Hagl-Kehl (Archivbild).

Die ernährungspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagfraktion, Rita Hagl-Kehl (Archivbild).

Berlin/Hannover. In Deutschland steigen die Preise für Lebensmittel seit Wochen rasant an, ein Ende der Entwicklung scheint derzeit nicht in Sicht. Vor allem einkommens­schwächere Haushalte leiden unter den Teuerungen – speziell bei Öl und frischem Gemüse. Die ernährungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bundestag, Rita Hagl-Kehl, ist dennoch der Meinung, dass sich auch arme Menschen weiterhin gesundes Essen leisten können – wenn sie denn wollen.

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„Sich gesund zu ernähren bedeutet nicht gleich, einen höheren Preis zu zahlen“, sagte die SPD-Politikerin dem „Tagesspiegel“. Die Ernährung hänge schließlich nicht nur vom Preis ab, sondern auch von der Wertschätzung der Lebensmittel und des Essens im Allgemeinen. Ihr Ratschlag an die Bürgerinnen und Bürger: „Wenn wir nicht zu viel, sondern effizient und durchdacht einkaufen und unsere Lebensmittel nicht wegwerfen oder verschwenden, werden wir uns auch eine gesunde Ernährung leisten können.“

Das Leben in Deutschland hat sich seit Beginn des Ukraine-Kriegs sprunghaft weiter verteuert, Entspannung bei den Verbraucherpreisen ist vorerst nicht in Sicht. Energie und auch Lebensmittel werden zusehends teurer. Im März kosteten Nahrungsmittel nach Angaben des Statistischen Bundesamts 6,2 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Teurer wurden vor allem Speisefette und Speiseöle (plus 17,2 Prozent) sowie frisches Gemüse (plus 14,8 Prozent).

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SPD und FDP lehnen Entlastungsmaßnahmen ab

Aktuell diskutierte Entlastungen für Geringverdiener, etwa eine Mehrwertsteuer­befreiung, schließt Hagl-Kehl aus. Sie verweist auf bereits beschlossene Maßnahmen: „Durch die Energiepreis­pauschale, die Rentenerhöhung sowie die finanzielle Unterstützung von Familien und Sozialleistungs­empfängern hat die Bundesregierung wichtige und effiziente Maßnahmen beschlossen, die alle Bürgerinnen und Bürger, aber vor allem die, die es am nötigsten brauchen, entlasten.“

Auch die mitregierenden FDP lehnt in der Diskussion zusätzliche Hilfen ab. Der Fraktionsvorsitzende Christian Dürr sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Freitag): „Leider ist die Mehrwertsteuer­senkung keine gezielte Maßnahme, um Menschen mit geringen Einkommen zu entlasten.“ Auch der reduzierte Steuersatz in der Corona-Pandemie habe sich in den Geldbeuteln kaum bemerkbar gemacht. Das FDP-geführte Bundes­finanz­ministerium verwies auf Nachfrage am Freitag lediglich auf ein schon angekündigtes Milliardenpaket mit anderen Entlastungen.

Verbände fordern Mehrwertsteuer von null Prozent – Grüne und Linke dafür

Sozial- und Verbraucherverbände hatten die Regierung aufgefordert, neue EU-Regeln zu nutzen und für Lebensmittel wie Obst und Gemüse die Mehrwertsteuer auf null Prozent zu setzen. Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) unterstützte die Forderungen: „Wenn wir Obst und Gemüse billiger machen, entlasten wir die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht nur vergleichsweise kostengünstig, sondern fördern dazu auch noch eine gesunde Ernährung durch die gewonnene Lenkungswirkung.“ Özdemir verwies aber auch auf die Zuständigkeit des Finanzressorts.

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Unterstützung kam von der Linkspartei. Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte dem „Tagesspiegel“ (Freitag): „Die temporäre Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Grund­nahrungs­mittel ist eine Maßnahme, die schnell wirken würde, so etwas braucht es jetzt.“ Das angekündigte zweite Entlastungspaket der Koalition genüge nicht. Der FDP-Politiker Dürr betonte dagegen, beide Pakete enthielten Maßnahmen für Familien und Haushalte, die es besonders schwer hätten. „Das ist allemal sinnvoller als ein Flickenteppich bei der Mehrwertsteuer.“

Der Regelsatz liegt bei 19 Prozent. Der reduzierte Satz von 7 Prozent subventioniert Produkte, die dem Gemeinwohl dienen – darunter auch Grund­nahrungs­mittel wie Milch, Fleisch, Obst, Gemüse und Backwaren.

RND/jst/dpa

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