Steinmeier erinnert an Opfer des Krieges: „Ewig in mein Gehirn eingebrannt“
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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält eine Rede (Archivbild).
© Quelle: Wolfgang Kumm/dpa
Berlin. Frauen, Männer, Kinder, Junge und Alte. Alle zusammen von russischen Soldaten in einen dunklen, engen Keller eingepfercht, 28 Tage lang. Als die ersten der Alten starben, durften sie nicht beerdigt werden. Die Kinder mussten zwischen den Leichen spielen. Mit eindringlichen Worten schilderte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Berichte von Überlebenden aus dem Dorf Jahidne zwischen Tschernihiw und Kiew. „Ich werde diesen Ort nie vergessen. Was mir die Menschen über ihr Martyrium erzählt haben, hat sich ewig in mein Gehirn eingebrannt“, so Steinmeier über seinen Besuch in der Nordukraine. In dem Land würden jeden Tag Frauen zu Witwen und Kinder zu Waisen. „Es gibt keine Worte für den Schmerz und die Grausamkeit, den Millionen Ukrainer erleben“, so der Bundespräsident zum Jahrestag der Invasion.
Ende Oktober 2022 war Steinmeier in die Ukraine gereist und hatte auch Jahidne besucht - nach Monaten diplomatischer Verwicklungen und Verschiebungen, bei denen auch immer Steinmeiers frühere russlandfreundliche Haltung zur Sprache gekommen war. An diesem ersten Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine scheint das alles eine Ewigkeit her. Steinmeier nutzt den Tag, um sich in Schloss Bellevue erneut fest an die Seite der kämpfenden Ukraine zu stellen, Bundeskanzler Olaf Scholz, Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher als Bundesratspräsident (beide SPD) nehmen an der Gedenkstunde teil. kommen Spitzen des deutschen Staats am Freitag in Berlin zu einer zentralen Veranstaltung zusammen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj war per Video zugeschaltet.
„Heute ist es ein Jahr her, dass sich für die Ukraine, für Europa und für die freie Welt alles geändert hat“, sagte der ukrainische Präsident. Über 1800 ukrainische Städte und Dörfer seien aktuell der einfachsten Freiheiten beraubt. Selenskyj erinnerte an die von Russen besetzte Stadt Mariupol - 90 Prozent der Stadt seien zerstört und werden von den Besatzern in Betonschotter für Straßen verwandelt. „Von den ersten Minuten der russischen Invasion an war Deutschland bei uns. Und Deutschland wird am Tag des Sieges bei uns sein“, so der ukrainische Präsident, der sich bei der deutschen Bevölkerung und der Regierung für deren Unterstützung bedankte. Während Selenskyj Steinmeier als „Herr Bundespräsident“ ansprach, nannte er den ebenfalls anwesenden Bundeskanzler mehrfach vertraut „Olaf“.
Steinmeier: Europäische Sicherheitsordnung in Schutt und Asche
Der russische Angriffskrieg habe die europäische Sicherheitsordnung in Schutt und Asche gelegt, erklärte Steinmeier. „Wir müssen in dieser neuen Zeit anders denken und anders handeln.“ Dazu gehöre auch das zu tun, das früher undenkbar gewesen sei - beispielsweise schwere Waffen an die Ukraine zu liefern. Die politischen Handlungsträger seien sich ihrer Verantwortung sehr wohl bewusst. Dafür verdienten sie Respekt und Vertrauen, sagte das Staatsoberhaupt.
Den chinesischen Vorschlag für einen Friedensplan in der Ukraine nannte Steinmeier unterdessen „fraglich“. Wenn dem so sei, dann sollte China nicht nur mit Moskau sprechen, sondern auch mit Kiew, sagte Steinmeier. „Nicht die westliche Verteidigungshilfe verlängert den Krieg, es ist Russland“. Erst wenn sich russische Truppen zurückziehen, dann werde der Weg für Verhandlungen frei. „Wer morden und töten lässt, wer die Ukraine kaputtbomben, Städte zerstören und Kinder verschleppen lässt, wer selbst die eigenen Soldaten Tag um Tag sinnlos verbluten lässt, der wird vor der Geschichte niemals als Sieger dastehen, der hat schon verloren!“
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In ihrer gehaltenen Rede erklärte sie am Donnerstag, der Friedensplan liege auf dem Tisch - es sei die UN-Charta. Zu dieser müsse Russland zurückkehren.
© Quelle: Reuters
„Es darf keinen Diktatfrieden geben“
„Es darf keinen Diktatfrieden geben“, sagte der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, bei der Veranstaltung in Schloss Bellevue. „Es darf nur einen gerechten und dauerhaften Frieden geben.“ Dieser Friede müsse erkämpft werden. „Die ukrainische Frontlinie ist die Linie, die heute Europa und Barbarei teilt. Wir halten zusammen und wir werden zusammen gewinnen“, sagte Makeiev.
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