E-Paper
Hohe Mindereinnahmen

Steuerschätzung sorgt für keinerlei Entlastung im Haushaltstreit der Ampelkoalition

Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, muss bis 2027 mit weniger Steuereinnahmen auskommen als bislang geplant.

Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, muss bis 2027 mit weniger Steuereinnahmen auskommen als bislang geplant.

Artikel anhören • 4 Minuten

Niigata. Noch vor einigen Jahren war es üblich, dass sich Bundespolitikerinnen und ‑politiker auf Auslandsreisen aus Respekt vor den Gastgebern nicht zur deutschen Innenpolitik äußern. Angesichts der hohen Taktzahl im politischen Berlin halten sich die Politikerinnen und Politiker mittlerweile aber nur noch selten daran. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat am Donnerstag sogar eine ganze Pressekonferenz aus dem Ausland für das heimische Publikum abgehalten: Im japanischen Niigata, wo er am G7‑Finanzministertreffen teilnimmt, stellte er per Videoschalte nach Deutschland die neueste Steuerschätzung vor. Das war Lindner trotz der Reise wichtig, denn die Zahlen sind aus seiner Sicht ernüchternd: Trotz der Wirtschaftserholung gibt es keine neuen Spielräume, um den Haushaltstreit in der Ampelkoalition auflösen zu können.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Nach der von den Steuerschätzern erstellten Einnahmeprognose müssen Bund, Länder und Kommunen bis 2027 mit insgesamt rund 150 Milliarden Euro weniger auskommen als noch im Herbst 2022 erwartet. Das ist pro Jahr im Schnitt ein Minus von rund 30 Milliarden Euro. Diese Zahlen sind allerdings nicht überraschend, sondern in etwa so eingeplant: Hautgrund ist, dass in den Prognosen erstmals die von Lindner durchgesetzten Steuersenkungen berücksichtigt sind.

Das Inflationsausgleichsgesetz – also die Bereinigung des Einkommensteuertarifs um die Preissteigerung – und weitere Steuergesetze waren bei der Steuerschätzung im vergangenen Herbst noch nicht berücksichtigt worden, weil die Gesetze damals noch nicht vom Parlament beschlossen waren. Die Steuerschätzung muss stets auf der geltenden Gesetzeslage basieren.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Die Steuerentlastungen sorgen jährlich bei Bund, Ländern und Gemeinden für Mindereinnahmen von rund 34 Milliarden Euro. Dazu kommen im Vergleich zur Herbstschätzung Mehreinnahmen von jährlich rund 4 Milliarden Euro durch die bessere Wirtschaftsentwicklung. Im vergangenen Herbst war die Regierung für 2023 noch von einem Abschwung ausgegangen. Inzwischen wird mit einem kleinen Plus gerechnet. Das erhöht die Steuereinnahmen gegenüber der bisherigen Schätzung. Allerdings gab es hier in der Koalition die Hoffnung, dass das Plus größer sein würde.

„Die Bundesregierung hält ihr Versprechen, dass sich der Staat nicht an der Inflation bereichert“, sagte Lindner. Die Tatsache, dass erstmalig 2025 bei den Steuereinnahmen die Marke von einer Billion überschritten werde, zeige, dass Deutschland kein Einnahmeproblem habe. „Deutschland ist inzwischen ein Hochsteuerland“, so der FDP-Politiker. Jetzt sei nicht die Zeit für Steuererhöhungen, mahnte der Finanzminister und wies damit Forderungen der Koalitionspartner zurück

Unbezahlbar

Unser Newsletter begleitet Sie mit wertvollen Tipps und Hintergründen durch Energiekrise und Inflation – immer mittwochs.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Lindner betonte, durch die Steuerschätzung ergebe sich kein zusätzlicher finanzieller Handlungsspielraum. Die Lücke in der Haushaltsplanung 2024 bleibe unverändert in der Größenordnung von 20 Milliarden Euro. Nun gehe es darum, in der Koalition „gemeinsam die Prioritäten zu ordnen“ und Schwerpunkte zu setzen. Dabei nannte er unter anderem die Themen Klimaschutz, Bildung und Digitalisierung. Schon die stark steigenden Zinsausgaben des Bundes zeigten, „dass man nicht so weitermachen kann wie bisher“.

Details zum weiteren Haushaltsverfahren nannte er nicht. Die Frage, ob er eine Sparklausur plane, ließ Lindner offen. Er kündigte allerdings an, dass die Beschlussfassung des Kabinetts über den Etatentwurf verschoben werde. Der Termin 21. Juni sei nicht zu halten, betonte der FDP-Politiker. Einen neuen Termin nannte er nicht, machte aber deutlich, dass der Haushaltsentwurf noch vor der parlamentarischen Sommerpause vorliegen soll.

Mehr aus Politik

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken