Ukraine-Flüchtlinge als Sozialtouristen: CDU-Chef Merz rudert nach heftiger Kritik zurück
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CDU-Chef Friedrich Merz.
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Berlin/Hannover. CDU-Chef Friedrich Merz ist nach seiner Klage über einen „Sozialtourismus“ ukrainischer Flüchtlinge nach Deutschland zurückgerudert. „Zu meinen Äußerungen von gestern über die Flüchtlinge aus der Ukraine gibt es viel Kritik. Ich bedaure die Verwendung des Wortes ‚Sozialtourismus‘“, schrieb er am Dienstag auf Twitter. „Das war eine unzutreffende Beschreibung eines in Einzelfällen zu beobachtenden Problems.“
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Der Hinweis habe ausschließlich der mangelnden Registrierung der Flüchtlinge gegolten, betonte Merz. „Mir lag und liegt es fern, die Flüchtlinge aus der Ukraine, die mit einem harten Schicksal konfrontiert sind, zu kritisieren. Wenn meine Wortwahl als verletzend empfunden wird, dann bitte ich dafür in aller Form um Entschuldigung.“
Merz hatte Bild TV am Montagabend gesagt: „Wir erleben mittlerweile einen Sozialtourismus dieser Flüchtlinge: nach Deutschland, zurück in die Ukraine, nach Deutschland, zurück in die Ukraine.“ Der Hintergrund laut Merz: Anfangs hatten Ukraine-Flüchtlinge Anspruch auf Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz – seit Juni erhalten sie Grundsicherung, also die gleichen Leistungen wie etwa Hartz‑IV-Empfänger, und sind damit besser gestellt.
Kritik am CDU-Chef
Mit seinen Aussagen hatte der CDU-Chef viel Kritik ausgelöst. „Wie passt es eigentlich mit der viel beschworenen Solidarität der Union mit der Ukraine zusammen, dass Friedrich Merz im Kontext von Menschen, die vor diesem furchtbaren Angriffskrieg fliehen, von ‚Sozialtourismus‘ spricht?“, fragte die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang am Dienstagmorgen auf Twitter.
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Fraktionschefin Britta Haßelmann schrieb dort: „Sich durch die Abwertung anderer Menschen profilieren zu wollen ist ein Instrument zu dem Rechtspopulisten regelmäßig greifen. Das weiß auch Friedrich Merz. Ihm scheint jedes Mittel recht zur Eigenprofilierung.“
CDU-Chef Merz kritisiert „Sozialtourismus“ von Ukrainern nach Deutschland
„Nach Deutschland, zurück in die Ukraine, nach Deutschland, zurück in die Ukraine“: CDU-Chef Merz geht ukrainische Kriegsflüchtlinge hart an.
© Quelle: dpa
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), hatte zuvor versucht, die Klage von Merz zu relativieren. Merz habe eine „sicherlich sehr zugespitzte Formulierung“ verwandt, „um auf ein Problem hinzuweisen, dass hier möglicherweise besteht“, sagte Frei am Dienstag in Berlin. Er räumte ein, „dass man den Begriff falsch verstehen kann“. Es lägen ihm keine entsprechenden Zahlen vor, die die Lage abschließend bewerten könnten, sagte der CDU-Politiker.
SPD im Bundestag wirft Merz AfD-Taktik vor
Die SPD im Bundestag warf Merz vor, bei seiner Äußerung über ukrainische Flüchtlinge die Taktik der AfD anzuwenden. „Er will bewusst einen politischen Kulturkampf vom Zaun brechen und mit immer neuen Grenzverschiebungen den Diskurs nach rechts verschieben“, kritisierte die parlamentarische Geschäftsführerin Katja Mast am Dienstag. „Das kennen wir bislang nur von der AfD“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Dass Merz sich danach aus ihrer Sicht „halbherzig“ von seinen Äußerungen distanziert habe, sei „nicht mehr als die übliche Masche“.
Die „Unwort“-Jury aus Sprachwissenschaftlern hatte das Wort „Sozialtourismus“ im Jahr 2013 zum Unwort des Jahres bestimmt.
RND/tdi/dpa
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