Ukrainischer Militärexperte fürchtet russische Dammsprengung bei Cherson
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Ukrainische Soldaten (Symbolfoto). Russland könnte auf die ukrainische Gegenoffensive in Cherson mit der Sprengung einen Damms reagieren, befürchtet der ukrainische Oberstleutnant a. D. Oleksij Melnyk.
© Quelle: Getty Images
Der ukrainische Oberstleutnant a. D. Oleksij Melnyk befürchtet, dass russische Soldaten einen Damm im Fluss Dnipro sprengen könnten. Russlands Oberbefehlshaber Sergej Surowikin rechne damit, der ukrainischen Gegenoffensive in der Region Cherson nicht standhalten zu können, sagte Melnyk dem Fernsehsender N-TV auf die Frage, ob sich Moskaus Truppen zurückziehen werden. „Was mir aber Sorgen bereitet, ist, dass Surowikin und andere davon sprechen, die Ukrainer hätten die Absicht, den Damm des Wasserkraftwerks Kachowka zu sprengen“, sagte er.
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„Die Ukrainer haben daran natürlich überhaupt kein Interesse“, fuhr Melnyk fort. Russland jedoch würde damit für sich eine Pufferzone schaffen und könnte sich geordnet zurückziehen. „Außerdem könnte Moskau es propagandistisch ausnutzen, wenn es behauptet, dass die Ukraine die eigenen Bürger einer Flut ausgesetzt hat. Wir sprechen hier über eine humanitäre und technologische Katastrophe für die gesamte Region.“
Russlands Oberbefehlshaber Surowikin deutet Rückzug an
Am Vortag sorgte Sergej Surowikin mit einem ungewöhnlicher Auftritt im Fernsehen für Aufsehen, der nahezulegen schien, dass Russland einen Rückzug aus der Stadt Cherson erwägen könnte. „An diesem Frontabschnitt ist die Lage schwierig“, sagte er. Es könnten „schwierige Entscheidungen“ notwendig sein, wie er betonte.
Laut Melnyk könnte Surowikin seine Truppen nach dem Rückzug im Süden des Landes in die Region Donezk schicken. „Obwohl dort auch Söldner der sogenannten Wagner-Gruppe eingesetzt werden, die über reichlich Kampferfahrung verfügen, sind die russischen Erfolge dort überschaubar. Russland ist dort aber zumindest nicht in der Defensive“, so der ukrainische Oberstleutnant.
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„Die Ukraine ist so stark wie nie“: Rückeroberung von Cherson hat begonnen
Während ukrainische Streitkräfte mit einer Großoffensive auf Cherson den Süden der Ukraine zurückerobern wollen, verhängt Russlands Präsident Wladimir Putin den Kriegszustand in Cherson und den drei anderen annektierten Gebieten. Gelingt die Rückeroberung, läuft Russlands Zeit noch schneller ab, sagen Experten.
Melnyk sieht Bedarf an mehr Langstreckenraketen
Mit Blick auf die verstärkten Luftangriffe auf ukrainische Städte sieht Melnyk weiteren Aufrüstungsbedarf. Die bisher von westlichen Ländern gelieferten Kurzstreckenraketen, zu denen auch das von Deutschland zur Verfügung gestellte System Iris-T gehört, reichen seiner Meinung nach nicht aus, um die russischen Attacken abzuwehren. Zwar gebe es auch hier Defizite, aber wirkliche Probleme bestünden im Mittel- und Langstreckenbereich.
„Das sind bei der Flugabwehr zum einen 80 Kilometer und zum anderen 200 und mehr Kilometer Reichweite. Die Ukraine hat sowjetische Systeme und modernisierte Systeme sowjetischen Ursprungs, aber es fehlen Raketen dafür, die kaum nachproduziert werden können“, so seine Einschätzung.
Auch mehr Kampfflugzeuge hält er für wichtig: „Mit einer bodengestützten Flugabwehr allein kann die Ukraine ihren Luftraum nicht schließen. Ein Marschflugkörper, auf dessen Route es keine Flugabwehrsysteme gibt, kann nur von einem Kampfflugzeug abgefangen werden.“
Auf die Frage nach möglichen Lieferungen ballistischer Raketen des Irans nach Russland, forderte Melnyk Langstreckenraketen vom Typ ATACMS, die mit dem Mehrfachraketenwerfer Himars eingesetzt werden. „Damit können Ziele in einer Entfernung von bis zu 300 Kilometern erreicht werden“, erläuterte er. So würden Angriffe auf die Basen möglich, von denen russische Truppen ballistische Raketen abfeuern würden.
Herbstwetter laut Oberstleutnant kein Problem
Das schlechtere Wetter im Herbst sollte der Ukraine nach Einschätzung Melnyks keine größeren Probleme bereiten. Zwar seien Angriffe im Süden der Ukraine so nur noch auf asphaltierte Straßen beschränkt, die ukrainische Taktik liege jedoch bisher darin, Versorgungswege und Munitionsdepots zu zerstören. „Mit Blick auf dieses Vorgehen wird sich vermutlich kaum etwas ändern.“
RND/sf mit dpa
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