Kriegsverbrechen in Kiewer Vorort

„Ich ging und erschoss einen von ihnen“: Russischer Soldat gesteht Tötung von Zivilisten

Ein lebloser Körper eines Mannes mit auf dem Rücken gefesselten Händen liegt im Kiewer Vorort Butscha auf dem Boden. In der ukrainischen Stadt Butscha, 25 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Kiew, bietet sich nach dem Rückzug der russischen Armee ein Bild des Grauens. (Archivbild)

Ein lebloser Körper eines Mannes mit auf dem Rücken gefesselten Händen liegt im Kiewer Vorort Butscha auf dem Boden. In der ukrainischen Stadt Butscha, 25 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Kiew, bietet sich nach dem Rückzug der russischen Armee ein Bild des Grauens. (Archivbild)

Ein russischer Soldat, der nach eigenen Angaben Teil der Einheiten war, die zu Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine Massaker in Kiewer Vororten begangen haben sollen, hat in einem Interview seine Beteiligung an Kriegsverbrechen gestanden.

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„Ich, Daniil Andrejewitsch Frolkin, gestehe alle Verbrechen, die ich in Andrijwka begangen habe: dass ich Zivilisten exekutiert habe, dass ich Bürger bestohlen habe, dass ich deren Telefone beschlagnahmte“, sagte der Militär gegenüber der russischen Investigativplattform „iStories“. Frolkin ist Mitglied der 64. Motor­schützen­brigade, die für Massaker im Kiewer Vorort Butscha verantwortlich gemacht wird. Die Einheit wurde vom russischen Präsidenten Wladimir Putin für ihren Einsatz ausgezeichnet.

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Einem Briten, einem Kroaten und einem Schweden, die aufseiten der Ukraine gekämpft haben sollen, droht laut russischen Medien die Todesstrafe.

Frolkin machte demnach den Befehlshaber seiner Einheit dafür verantwortlich, den Befehl zur Tötung von Zivilisten gegeben zu haben. Dieser habe sich überhaupt nicht für seine Soldaten und die Kämpfer der Infanterie interessiert. Er appellierte, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen: „Ich möchte dazu aufrufen, unsere Befehlshaber zu bestrafen“, sagte er und zählte anschließend mehrere Namen auf.

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„Das war’s, ich ging und erschoss einen von ihnen“

Gegenüber „iStories“ hatte der Soldat die Plünderung ukrainischer Läden zugegeben, belastete aber auch in jenem Fall vor allem seine Kommandeure. Besonders Kühlschränke, Turnschuhe und Kleidung seien geklaut und dann zunächst nach Belarus geschafft worden.

Auf Nachfrage berichtete er der Plattform detaillierter über die Tötung eines Zivilisten. Kommandeure hätten ihn und mehrere andere Gefreite im März aufgefordert, sie zu einer Durchsuchung der Wohnungen von drei Einwohnern von Andrijwka zu begleiten. „Sie hatten einen Haufen Geld dabei: Hrywna, Dollar, alles Mögliche. Der Oberstleutnant, der bei uns war, Alexander Prokurat, nahm dieses Geld für sich und gab uns den Rest – Dokumente, Telefone – und sagte: ‚Erschieß sie.‘ Das war’s, ich ging und erschoss einen von ihnen.“

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Zudem gab er an, den Mann aus Rache getötet zu haben, denn er hätte angenommen, dass der Zivilist Koordinaten der russischen Truppen weitergegeben habe. Gleichzeitig versuchte Frolkin seine Tat zu recht­fertigen: „Das ist die einzige Person, die ich in den sieben Monaten, in denen die Spezialoperation läuft, getötet habe. Ich habe 86 Menschen gerettet, einen getötet.“

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Weiterer russischer Soldat veröffentlichte Buch über seinen Einsatz in der Ukraine

Sein Geständnis habe Frolkin zudem abgegeben, um seine „Jungs“ zu schützen. Er selbst habe Ende Juli die Region Belgorod verlassen und sich in Richtung Chabarowsk in der Nähe der Grenze zu China begeben. Von dort habe der Soldat die Entlassung aus dem Dienst beantragt. Seine Kameraden sollen nun offenbar wieder nach Cherson geschickt werden, gab er im Interview an. „Ich kenne all diese Jungs – 50 Leute, die von unserem Bataillon übrig geblieben sind. Sie sind gute Leute, ich möchte ihr Leben nicht ruinieren.“

ARCHIV - 27.04.2022, Berlin: Andrij Melnyk, Botschafter der Ukraine in Deutschland, spricht in seinem Büro im Botschaftsgebäude mit Journalisten der Deutschen Presse-Agentur. (zu dpa "Botschafter Melnyk: Scholz spielt «beleidigte Leberwurst») Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

„Der Westen muss alles auf die militärische Karte setzen“

Nach Ansicht des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk gibt es für Russlands Präsidenten Putin keine Deadline für ein Kriegsende. Deshalb sei es für die Ukraine überlebenswichtig, dass der Westen sie militärisch so stark macht, dass Moskau verhandeln muss. Berlin gibt leider immer noch nicht alles, was möglich wäre, sagt der Diplomat, der Ende September nach Kiew zurückkehrt.

Zuletzt hatte bereits das Geständnis des russischen Soldaten Pawel Filatiew für Aufsehen gesorgt. Filatiew hat ein Buch über seine Erfahrungen als Teil der russischen Invasionstruppen geschrieben, die lettische Nachrichten­plattform „Meduza“ übersetzte einen Teil davon. „Der größte Teil der Truppen ist unzufrieden mit dem, was passiert – mit den Kommandeuren, mit Putin und seiner Politik, mit dem Verteidigungs­minister, der sich nicht um die Armee kümmert“, schreibt Filatiew in dem Buch. „Wir haben einen fürchterlichen Krieg begonnen. Ein Krieg, in dem Städte zerstört werden und der zum Tod von Kindern und Frauen und Älteren führt.“

RND/sic

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