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Kommentar

Putin hat langfristig verloren

Russlands Präsident Wladimir Putin erhebt den Finger.

Russlands Präsident Wladimir Putin erhebt den Finger.

Als Wladimir Putin vor einem Jahr die Ukraine überfallen ließ, war vielerorts mit einem schnellen Untergang der nach Westen strebenden ehemaligen Sowjetrepublik gerechnet worden. Doch Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sein Land mit eisernem Widerstandswillen in die Rolle des biblischen David gebracht, der gegen den scheinbar übermächtigen Goliath kämpft. Daraus ist Davids massive Aufrüstung durch Nato-Staaten und eine Konfrontation zwischen diesen und Russlands Partnern geworden. In Wirklichkeit kämpft inzwischen Goliath gegen Goliath.

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Vor einem Jahr konnten wir es nicht fassen, dass wir erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder einen Angriffskrieg in Europa erleben. Jetzt mögen wir nicht an eine Eskalation glauben, aus der am Ende womöglich noch aus Versehen ein dritter Weltkrieg entsteht. Aber die Angst vieler Menschen davor wird größer, je länger und brutaler die russische Aggression gegen das viel kleinere Nachbarland dauert und je mehr Waffen dahin geliefert werden.

Der Weltsicherheitsrat verdient seinen Namen nicht

China hat vollmundig einen Friedensplan angekündigt und Putin anschließend in Moskau den Rücken gestärkt. Peking interessiert nur eins: Die eigenen Interessen wahren, Russland als Wirtschaftspartner nutzen, mächtiger als der Rivale USA werden – und die Demokratie ganz weit auf Abstand halten.

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Peking ist wahrscheinlich das einzige Land, das Einfluss auf Russland nehmen könnte, ist aber nicht so neutral wie es behauptet. Für seine fragwürdige Initiative zur Anerkennung territorialer Integrität – also der bestehenden Grenzen – bräuchte China gar keinen Friedensplan. Es hätte von Putin längst den Abzug aus den von ihm völkerrechtswidrig annektierten ukrainischen Gebieten verlangen müssen, denn das entspräche nur der UN-Charta. Immerhin gehört China wie Russland, die USA, Frankreich und Großbritannien zu den fünf ständigen Mitgliedern im Weltsicherheitsrat. Aber das Gremium verdient seinen Namen nicht. Es versagt kläglich dabei, für Sicherheit in der Welt zu sorgen. Einzig, dass China indirekt auch Russland ermahnt, keine Atomwaffen einzusetzen, gilt als Beruhigung. Aber das zeigt nur, wie nervös die Welt geworden ist.

Der Weg zum Frieden in der Ukraine wird steinig. Es wünschen sich wahrlich nicht nur jene Bürgerinnen und Bürger Frieden, die mit eigenen Manifesten Demonstrationen organisieren. Es ist eine weit verbreitete Sehnsucht in der ganzen Welt, dass der Krieg endlich aufhört. Man könnte so viel sinnvoller Kraft und Geld in die Bekämpfung von Hunger und Klimawandel und in die Bildung investieren als in immer mehr Waffen. Nur, es hat niemand einen aussichtsreichen Plan dafür. In der Ukraine wird auch über die Weltordnung entschieden. Das muss allen klar sein, die in Frieden leben wollen.

Chinesischer Außenpolitiker Wang Yi besucht Moskau
RUSSIA, MOSCOW - FEBRUARY 22, 2023: Russia s President Vladimir Putin R and Chinese State Councillor Wang Yi, director of the Office of the Central Foreign Affairs Commission of the Chinese Communist Party, a member of the CCP Politburo, shake hands during a meeting at Moscow s Kremlin. Anton Novoderezhkin/TASS PUBLICATIONxINxGERxAUTxONLY 57492935

Wang Yi sagte, sein Land sei bereit, die strategische Zusammenarbeit mit Russland zu vertiefen.

Putin würde jeden fragilen Friedensplan über den Haufen werfen

Man stelle sich vor, der Nachbar besetzte einen Teil des eigenen Grundstücks, tötete Familienangehörige und verschleppte die Kinder. Und dann forderten Leute aus einem anderen Dorf, man solle sich doch mit dem Aggressor verständigen und ihm notfalls die Eroberung lassen, damit endlich Frieden in der Region herrsche. Nein, vermutlich würde niemand diese schreiende Ungerechtigkeit akzeptieren, sondern Hilfe von Verbündeten annehmen und jeden Zentimeter verteidigen.

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Putin würde jeden fragilen Friedensplan über den Haufen werfen. Und weil er an Macht verliert, wenn er in der Ukraine nicht gewinnt, wird er den Konflikt erbittert weiterführen. Er hat sich in seinem Größenwahn aber verschätzt. Mit diesem Krieg hat er den USA zu neuer Führung verholfen, die Ukraine zu seinem ewigen Feind und die von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron 2019 noch als hirntot beschriebene Nato so stark wie nie zuvor gemacht. Langfristig hat Putin verloren.

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