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Elon Musk und Ron DeSantis

Drückt dieses Duo Amerika nach rechts?

Die Nacht vom 24. auf den 25. Mai 2023 ist für sie – und vielleicht auch für Amerika – historisch: Ron DeSantis (links) und Elon Musk.

Die Nacht vom 24. auf den 25. Mai 2023 ist für sie – und vielleicht auch für Amerika – historisch: Ron DeSantis (links) und Elon Musk.

In der Nacht zu Donnerstag, so wollte es Multimilliardär Elon Musk, sollte ein Stück amerikanische Geschichte geschrieben. Der Plan war, dass Ron DeSantis in einer Livediskussion bei Twitter nach monatelangem Zögern und Zaudern endlich offiziell verkündet, dass er als Kandidat der Republikaner zur Präsidentschaftswahl 2024 antritt.

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Ganz so wie geplant wird es nun nicht ablaufen, denn die „Washington Post“ bestätigte die Bewerbung unter Berufung auf eine Sprecherin schon vorher. Dennoch steht fest, dass der 44-Jährige an der Diskussion teilnehmen wird. Dort können in sogenannten „Spaces“ auch Fragen aus dem Publikum gestellt werden. Die Debatte beginnt um Mitternacht (MESZ).

Viele Amerikaner, die mit Joe Biden unzufrieden sind, aber auch keine Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus wünschen, warten seit Langem auf diesen Schritt. De Santis ist Umfragen zufolge nach Trump der chancenreichste Republikaner.

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Sollte DeSantis die Wahl am 5. November nächsten Jahres gewinnen und sollte parallel auch die bislang noch demokratische Senatsmehrheit kippen, wären Weißes Haus und Kongress komplett in der Hand der amerikanischen Rechten.

Twitter ist, trotz mancher jüngsten Turbulenzen, das politisch einflussreichste digitale Netzwerk der Welt. Die Zahl der Nutzer liegt weltweit bei 400 Millionen und allein in den USA bei 70 Millionen. Aus Sicht von Musk hat Twitter vor allem einen unschlagbaren Vorteil: Es gehört ihm.

Schon wiegen Kritiker innerhalb und außerhalb der USA angesichts der Verquickung von politischer Macht und Medienmacht bedenklich die Köpfe: Gehört am Ende dem Milliardär Musk neben Twitter, Tesla und SpaceX bald auch der Präsidentschaftskandidat DeSantis? Oder wird, umgekehrt, Musks gigantisches Netzwerk zu einem Sprachrohr für den ultrakonservativen Gouverneur aus Florida?

Was wird aus „Twitter bleibt neutral“?

Amerikanische Kommentatoren, etwa auf der Internetplattform Quartz, warnen von einem „Spiel mit dem Feuer“. In Deutschland schwant der Buchautorin Annika Brockschmidt („Amerikas Gotteskrieger“) nach den düsteren Trump-Jahren mit Blick aufs Duo Musk/DeSantis abermals Böses: „Das wird richtig, richtig übel werden.“

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Musk hatte Twitter im Oktober 2022 gekauft und immer wieder betont, das Netzwerk werde politisch neutral bleiben. Gemessen an den damaligen Beteuerungen fällt Musks Einflussnahme zugunsten von DeSantis jetzt überraschend schnörkellos aus.

Am Mittwoch, in einem Gespräch mit dem „Wall Street Journal“, bestätigte Musk die um die Welt gehenden Nachrichten vom bevorstehenden gemeinsamen Auftritt – und platzte fast vor Stolz: „DeSantis“, orakelte er vergnügt, „wird eine ziemlich wichtige Ankündigung machen.“

Vergnügter Twitter-Eigentümer: Elon Musk (rechts) am 24. Mai 2023 beim CEO-Forum des „Wall Street Journals“.

Vergnügter Twitter-Eigentümer: Elon Musk (rechts) am 24. Mai 2023 beim CEO-Forum des „Wall Street Journals“.

Musk vermeidet zwar einen glasklaren Wahlaufruf zugunsten von DeSantis. Doch dass Musk seinen gemeinsamen Auftritt mit dem Gouverneur in die Form einer Diskussion kleidet, macht die Sache bei näherem Hinsehen nicht viel besser.

Als Moderator lässt Musk seinen alten Vertrauten David Sack auftreten, einen früheren Paypal-Manager, der zum Hightechinvestor wurde. Im Jahr 2021 sammelte Sack bereits Spendengelder für DeSantis. Sack gefiel es, dass der Gouverneur von Florida „die verrückten Anti-Corona-Maßnahmen nicht mitmachte“. In einem Bloomberg-Interview sagte Sack, jeder Politiker, der sich wie DeSantis nicht dem Druck „der Medien“ unterwerfe, müsse unterstützt werden.

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Wahlkampf wie Trump – nur ohne Trump

Ähnliches hat man im Jahr 2016 von Trump gehört. Jetzt wünschen sich Musk und seine Freunde offenbar eine neue Runde im Kräftemessen Twitter gegen „die Medien“ – nur diesmal ohne Trump.

Ein Präsidentschaftskandidat, sagte Musk am Mittwoch unter dem Gelächter seines Publikums beim „Wall-Street-Journal“-Forum, müsse „vor allem normal sein“. Frei übersetzt heißt das: Einer wie Trump mit all seinen Macken ist nicht zu gebrauchen.

Die Interessenlage ist ebenso schnöde wie schlicht. Wie alle Vertreter der Techbranche wünscht sich Musk jemanden im Weißen Haus, der – anders als die US-Demokraten – die Rolle des Staates im Zaum und die Steuern niedrig hält. Um alles Weitere kümmert sich die Wirtschaft. Deshalb soll es ein Republikaner sein, aber bitte nicht ein so alter und beladener wie Trump.

Elon Musk möchte ihn bald im Weißen Haus sehen: Der Republikaner Ron DeSantis (44) ist seit 2019 Gouverneur von Florida.

Elon Musk möchte ihn bald im Weißen Haus sehen: Der Republikaner Ron DeSantis (44) ist seit 2019 Gouverneur von Florida.

Es scheint Musk egal zu sein, dass auch DeSantis polarisiert. In Floridas Schulen hat DeSantis das Thema Homosexualität tabuisiert. Beim Thema Abtreibung verfolgt er eine extrem strenge Linie, die auch vielen republikanischen Wählerinnen missfällt. Den von Russland angezettelten Ukraine-Krieg nannte DeSantis zum leisen Entsetzen europäischer Regierungen „eine territoriale Streitigkeit“, in die sich die USA am besten gar nicht einmischen sollten. Und wegen seiner minderheitsfeindlichen Grundhaltung liegt rechtspopulistische Gouverneur von Florida sogar mit dem größten Arbeitgeber in seinem eigenen Bundesstaat, dem Disney-Konzern, über Kreuz.

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Dr. Jonas Fegert, Abteilungsleiter Information Process Engineering (IPE), FZI Forschungszentrum Informatik

Deepfakes und Desinformation: Wie künstliche Intelligenz den politischen Diskurs beeinflussen kann

Durch KI generierte Fotos und Videos haben in den vergangenen Jahren zugenommen und sind für unsere Augen immer schwerer zu erkennen. Dennoch könnte es eben jene künstliche Intelligenz sein, die uns in Zukunft unterstützt, um Fake News zu erkennen.

Ein klares Ja zu DeSantis

Trotz alledem hat Musk aus seiner Vorliebe für DeSantis nie einen Hehl gemacht. Als er im Juni 2022 auf Twitter von den „Tesla Owners Silicon Valley“ gefragt wurde, zu wem er politisch tendiere, schrieb Musk klipp und klar: „DeSantis“.

Ein etwas ausführlicheres Bekenntnis zu DeSantis ließ Musk im Juli 2022 folgen. Donald Trump, schrieb Musk damals, wäre am Ende einer möglichen zweiten Amtszeit 82 Jahre alt – „zu alt um irgendwo CEO zu sein, geschweige denn Präsident der Vereinigten Staaten“. Ohne Joe Bidens noch etwas höheres Alter zu erwähnen, fügte Musk hinzu: „Wenn DeSantis 2024 gegen Biden antritt, wird DeSantis mit Leichtigkeit gewinnen – er muss nicht mal Wahlkampf machen.“

Nach Einschätzung von Musk reicht es also zum Sieg, wenn DeSantis überhaupt nur antritt. Nach dieser Sichtweise geht es heute Abend also um mehr als nur die schüchterne Ankündigung irgendeines Kandidaten, sich zur Wahl zu stellen. Zu besichtigen ist nichts Geringeres als die Neuausrichtung der amerikanischen Politik nach rechts, bewirkt von einem ökonomisch Mächtigen, der nicht mehr im Hintergrund wirken, sondern auch selbst bewundert werden will.

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Musk hat 140 Millionen Follower weltweit, DeSantis bringt es auf nur 4,3 Millionen. Um mit Musks Macht und Prominenz mitzuhalten, muss DeSantis tatsächlich dem Rat seines Förderers folgen und Präsident werden. Anders wird es gar nicht mehr gehen nach dem heutigen Abend.

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