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Dramatische Wendung bei Regimekritikern

Verhaftet, entrechtet, entsorgt: Nicaragua schiebt politische Gefangene in die USA ab

Unterstützer nicaraguanischer politischer Gefangener protestieren auf dem internationalen Flughafen Washington Dulles und halten Flaggen hoch.

Unterstützer nicaraguanischer politischer Gefangener protestieren auf dem internationalen Flughafen Washington Dulles und halten Flaggen hoch.

„Sie haben uns in Busse gesetzt. Wir wussten nicht, wohin wir fahren würden. Einige von uns dachten, wir würden zu einem anderen Gefängnis fahren“, berichtet der freigelassene ehemalige Präsidentschafts­­kandidat Juan Sebastián Chamorro von dem Moment, als rund 200 politische Gefangene, darunter hochrangige Oppositions­­politiker aus den Gefängnissen in Nicaragua in Richtung Flughafen gebracht wurden.

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Doch dann sahen sie auch drei Busse mit Häftlingen der gefürchteten Haftanstalt El Chipote, die ebenfalls in Richtung Luftwaffe abbogen. „Da wurde uns klar, dass wir aus dem Land fliegen würden. Wir wussten nur nicht, wohin“, so Chamorro.

Als Vaterlandsverräter gebrandmarkt

Am Ende landeten die 200 Oppositionellen in den USA. Von der nicaraguanischen Justiz noch schnell als Vaterlands­verräter gebrandmarkt. Die Bürgerrechte wurden ihnen entzogen, sie sollen nie mehr ein politisches Amt ausüben dürfen. Damit endet ein besonders dunkles Kapitel der sandinistischen Diktatur des Präsidenten­paares Daniel Ortega und Rosario Murillo, die sich der nahezu kompletten verhafteten Opposition des Landes entledigten, ihren Mitgliedern die Bürgerrechte nahmen und sie nun ins Ausland entsorgten.

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Trotzdem ist diese Entwicklung ein Schritt nach vorn, sagt Elisabeth Maigler, die von der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) aus Guatemala die Lage in Nicaragua genau verfolgt. Unter den Freigelassenen befindet sich mit dem ehemaligen Präsidentschafts­kandidaten Félix Maradiaga auch ein Partner der FNF. „Nicaragua geht mit Maradiaga und 221 weiteren politischen Gefangenen einen wichtigen Schritt in Richtung Freiheit. Jedoch wurde den Freigelassenen ihre nicaraguanische Staats­bürgerschaft aberkannt, was ein Verstoß gegen die Menschenrechte und die rechtsstaatlichen Prinzipien ist. Die autoritären Züge des Ortega-Regimes müssen weiter aufmerksam beobachtet werden“, sagt Maigler im Gespräch mit dieser Zeitung.

Die US-Regierung, die die Freilassung der zum Teil zu langen Haftstrafen verurteilten Nicaraguaner aushandelte, sieht damit die Möglichkeit zu einem neuen Dialog. Nicaragua wiederum will seine politische Isolation beenden.

Papst hofft auf Freilassung von Gefangenen auf Kuba

Erst in dieser Woche kam auch auf Kuba Bewegung in die Frage der rund 1000 nach den historischen Sozial­protesten 2021 verhafteten Demonstranten und Regimekritiker. Aus Anlass des 25. Jahrestages des Besuches von Papst Johannes Paul II. auf der von der sozialistischen Einparteiensystem regierten Insel ließ der Papstgesandte Kurienkardinal Beniamino Stella wissen, dass sich das Kirchen­oberhaupt die Freilassung der Inhaftierten wünsche.

Der Papst hoffe sehr, dass es eine positive Antwort der Regierung geben werde. Es sei wichtig, dass die jungen Menschen, die ihre Gedanken in der bekannten Weise zum Ausdruck gebracht hätten, nach Hause zurückkehren können. Er habe während seines Besuchs den Wunsch gegenüber den Behörden zum Ausdruck bringen können, betonte Stella.

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Damit wächst der Druck auf Havanna, die Inhaftierten freizulassen. Es ist aber auch eine goldene Brücke für Kuba, das Problem gesichtswahrend zu lösen. Denn anders als zum Klassenfeind USA unterhält das kubanische Regime zum Papst einen freundschaftlichen Draht. Und dessen geäußerte Bitte ist keine Forderung, wie sie von USA geäußert wird, sondern ein Wunsch.

Dass sie öffentlich auf Kuba geäußert wird, deutet darauf hin, dass die Regierung von Präsident Miguel Diaz Canel in diese Strategie mit einbezogen wird. Auch hier würde die Freilassung der politischen Gefangenen die Karten neu mischen und den ins Stocken geratenen Dialog zwischen Havanna und Washington wieder beleben. Kuba ist aufgrund einer schweren Versorgungs­krise auf wirtschaftliche Hilfe angewiesen, insbesondere der Tourismus aus den USA könnte die kubanische Wirtschaft wieder ankurbeln.

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