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Streit um das Heizungsgesetz: Wer hat Angst vor Frank Schäffler?

Frank Schäffler (FDP) spricht bei der Debatte über den Etat des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft in der Plenarsitzung im Deutschen Bundestag.

Frank Schäffler (FDP) spricht bei der Debatte über den Etat des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft in der Plenarsitzung im Deutschen Bundestag.

Liebe Leserin, lieber Leser,

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jede Partei hat problematisches Personal. In der CDU ist das der einstige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, in der SPD war es Thilo Sarrazin und bei den Grünen Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer, der nicht wie Sarrazin aus der Partei ausgeschlossen wurde, sondern kürzlich von sich aus ging. Nicht zu vergessen Sahra Wagenknecht, die als Mitglied der Linken ganz unverhohlen daran arbeitet, eine neue Partei zu gründen, bevor sie der Linken Tschüs sagt wie einem faltig gewordenen Ehepartner.

Der Rebell der Stunde heißt allerdings Frank Schäffler und ist Mitglied der FDP. Da sind sich die Beobachtenden einig. „Die Zeit“ schrieb, „Schäffler treibt im Heizungsstreit seine Partei vor sich her“. Das Magazin „Capital“ notierte, „er kämpft an vorderster Front gegen Habecks Heizungsgesetz“. „The Pioneer“ urteilt: „Außerhalb der Ampel-Regierung sind Wolfgang Kubicki und Frank Schäffler in diesen Wochen die beiden FDP-Politiker mit dem größten Impact.“ Impact ist Englisch und heißt Wirkung.

Wer bei den Grünen fragt, wie der Streit um das Gebäudeenergiegesetz ausgeht, der hört sehr bald den Namen des FDP-Abgeordneten, der in Schwäbisch-Gmünd geboren wurde und heute in Ost-Westfalen lebt. Dabei lässt er selbst einen Mann schwach erscheinen, dem das gar nicht recht sein kann: den FDP-Vorsitzenden und Bundesfinanzminister Christian Lindner. Der nämlich, so verlautet in Berlin, verliere allmählich die Kontrolle.

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Steht im Streit um das Gebäudeenergiegesetz plötzlich schwach da: Bundesfinanzminister Christian Lindner.

Steht im Streit um das Gebäudeenergiegesetz plötzlich schwach da: Bundesfinanzminister Christian Lindner.

Wer den 54‑jährigen Schäffler reden hört, der kommt nicht gleich darauf, dass er es mit einem Hardliner zu tun hat. Der studierte Betriebswirt spricht mit sanfter Stimme und sieht auch so aus. Tatsächlich hielt er während der Finanzkrise einen knallharten Tipp für die hoch verschuldeten Griechen bereit. Die sollten doch einen Teil ihrer Inseln verkaufen.

Von Solidarität mit nachwachsenden Generationen hält Schäffler, der einen Sohn und eine Tochter hat, ebenfalls nicht viel. „Wir können nicht alles dem Klimaschutz unterordnen“, sagt er. Dass das Bundesverfassungsgericht urteilte, man dürfe den Jungen die Zukunftschancen nicht rauben – geschenkt. Einst freute sich Schäffler gar öffentlich: „In Kärnten fällt aktuell ein Meter Neuschnee.“ Sollte wohl heißen: Man muss das mit dem Klimawandel nicht so ernst nehmen. Zugleich rückte er die Letzte Generation in die Nähe der RAF und befand, der „Tatbestand der kriminellen Vereinigung ist erfüllt“. Diese Haltung wirkt sich beim Heizungsstreit unmittelbar aus.

Schäffler nimmt noch offener als andere Liberale Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck ins Visier. Er nannte das Gebäudeenergiegesetz eine „Atombombe für unser Land“. Er sammelte jene 101 Fragen, die die FDP zu dem Gesetz an Habecks Haus schickte. Er verlinkte am 23. Mai bei Twitter einen „Bild“-Artikel mit der Überschrift: „Habeck plant den nächsten Heiz-Hammer“ und versah ihn mit den Worten: „unfassbar dämlich“. Dabei stammt das Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung, das Schäffler meinte, gar nicht aus Habecks Ministerium, sondern aus dem von Bauministerin Klara Geywitz, die bekanntlich der SPD angehört.

Die Aktivisten der sogenannten Letzten Generation sind der FDP ein Dorn im Auge.

Die Aktivisten der sogenannten Letzten Generation sind der FDP ein Dorn im Auge.

Zwar erklärte Schäffler zuletzt mit Blick auf das Gebäudeenergiegesetz: „Das ist ein schlechter Gesetzentwurf, den wir jetzt besser machen wollen.“ Ob die FDP-Bundestagsfraktion das Gesetz noch vor der Sommerpause passieren lässt, scheint aber offenkundig weniger in Lindners Hand und der des FDP-Fraktionsvorsitzenden Christian Dürr zu liegen als in seiner. Mit dem Freidemokraten verhält es sich wie mit dem Populismus generell: Sind sie erst mal außer Rand und Band, ist guter Rat teuer.

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Ein Mitglied der FDP-Bundestagsfraktion beklagt, dass Frank Schäffler „ein westfälischer Dickkopf“ sei und „sehr hart agiert“. Sein Amt als Bezirksvorsitzender von Ostwestfalen-Lippe gebe ihm leider einen gewissen Einfluss. Ein weiteres Fraktionsmitglied teilt mit: „Ich möchte ungern etwas über einzelne Kollegen sagen“ – und klingt derweil etwas säuerlich.

Kein Wunder: Den eigentlich für Klimaschutz zuständigen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Lukas Köhler hat Schäffler beiseite gedrängt. Und die FDP – die kein Tempolimit will, dafür aber den Ausbau von Autobahnen und die Beibehaltung des Dienstwagenprivilegs – steht erneut als Partei da, der die Rettung des Globus relativ egal ist, wenn es an den Wahlurnen Stimmen bringt.

Bittere Wahrheit

Ich wurde ausgetrickst.

Joe Biden,

US-Präsident, der über einen Sandsack fiel

Joe Biden ist ein sympathischer Kerl. Entsprechend versuchte der US‑Präsident jetzt, den Vorfall mit Humor zu nehmen. Nachdem er bei einem Auftritt im Bundesstaat Colorado über einen Sandsack gestolpert und gefallen war, sagte Biden nach seiner Rückkehr in Washington: „I got sandbagged.“ Im Englischen bedeutet die Wendung so viel wie: „Ich wurde ausgetrickst.“ Dabei lächelte Biden und setzte vor Journalisten zu einem kurzen Hüpfer an.

Nur ist die Sache dummerweise gar nicht zum Lachen. Denn Biden will im kommenden Jahr wieder kandidieren. Und bei dem Gedanken, dass sich ein dann 81‑Jähriger, der über Sandsäcke fällt, gegen Donald Trump behaupten muss, wird einem angst und bange.

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Der mächtigste Mann der Welt liegt am Boden. Bei einer Veranstaltung letzten Donnerstag stolperte Joe Biden über einen Sandsack und fällt. So was kann schonmal passieren. Doch Joe Biden ist 80 Jahre alt und schon jetzt der älteste Präsident der USA. Kein Wunder, dass es nicht lange dauerte, bis die Ersten fragten: Ist dieser Mann zu alt für eine neue Kandidatur?

Der mächtigste Mann der Welt liegt am Boden. Bei einer Veranstaltung letzten Donnerstag stolperte Joe Biden über einen Sandsack und fällt. So was kann schonmal passieren. Doch Joe Biden ist 80 Jahre alt und schon jetzt der älteste Präsident der USA. Kein Wunder, dass es nicht lange dauerte, bis die Ersten fragten: Ist dieser Mann zu alt für eine neue Kandidatur?

Wie das Ausland auf die Lage schaut

Die spanische Zeitung „ABC“ kritisiert in einem Kommentar Geheimniskrämerei um die Frage, wer hinter den Explosionen an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 steckt:

„Die bekannten Details einer Razzia in Frankfurt an der Oder stützen die Hypothese, dass die Ukraine hinter der Sabotage der Nord Stream stecken könnte, der Gaspipeline, die Erdgas von Russland nach Deutschland durch die Ostsee liefern sollte. Bisher gab es mehrere Hypothesen, die versuchten, den Anschlag vom 26. September 2022 zu erklären, während die neuen Ermittlungen offenbar Kiew mit der Explosion der Gaspipeline in Verbindung bringen.

Noch immer ist unklar, wer für die Gasexplosionen an der Pipeline Nord Stream 2 verantwortlich ist. Neue Ermittlungen bringen die Ukraine mit dem Vorfall in Verbindung

Noch immer ist unklar, wer für die Gasexplosionen an der Pipeline Nord Stream 2 verantwortlich ist. Neue Ermittlungen bringen die Ukraine mit dem Vorfall in Verbindung

Aber der strategische Wert der Infrastruktur und die internationalen Interessen, die durch die Sabotage berührt werden, erfordern eine absolut transparente Untersuchung, die die Aufklärung eines Falles ermöglicht, der für die Erklärung des Kriegsverlaufs in der Ukraine von entscheidender Bedeutung sein könnte.“

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Das ist auch noch lesenswert

Mein Kollege Jan Emendörfer, Chefkorrespondent im Hauptstadtbüro, ackert und beackert sein Feld, nämlich Osteuropa, wie kein Zweiter. Dabei hat er es immer wieder auch mit den Botschaftern jener Länder zu tun, die man früher dem sogenannten Ostblock zurechnete. Jetzt hat Jan Emendörfer mit Snezana Jankovic gesprochen, der serbischen Botschafterin in Berlin – und zwar über den Konflikt mit dem Kosovo. Nach der Lektüre ist man ein weiteres Mal schlauer als vorher. Serbiens Botschafterin: „Wir sind jetzt im Kosovo in einer sehr gefährlichen Situation“

Mein Kollege Can Merey war gerade in der Türkei – diesmal, um die Stichwahl für das Präsidentenamt zu beobachten. Dabei hat er aufgeschrieben, was der abermalige Triumph von Staatsoberhaupt Recep Tayyip Erdogan für sein Land bedeutet. Leider ist es nichts Gutes. Erdogan-Sieg bei Türkei-Wahl: Folgen des Wahlergebnisses - eine Analyse

Meine Kollegin Kristina Dunz hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu einem europäischen Gipfel in die Republik Moldau begleitet. Sie liegt zwischen Rumänien und der Ukraine, und sie steht unter dem Druck Russlands. Das war denn auch Hauptthema des Gipfels, bei dem sich die EU, wie Kristina Dunz beschreibt, kämpferisch zeigte. EU‑Elite in Moldau mit Botschaft an Moskau: Du bist isoliert, Russland

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Das Autorenteam dieses Newsletters meldet sich am Donnerstag wieder. Dann berichtet meine Kollegin Eva Quadbeck. Bis dahin!

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Herzlich

Ihr Markus Decker

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