EU-Ukraine-Gipfel

„Es braucht auf beiden Seiten Realismus“: Warum der EU-Beitritt der Ukraine dauern wird

Wolodymyr Selenskyj (Mitte rechts), Präsident der Ukraine, begrüßt Ursula von der Leyen (Mitte links), Präsidentin der EU-Kommission, vor dem EU-Ukraine-Gipfel in Kiew.

Wolodymyr Selenskyj (Mitte rechts), Präsident der Ukraine, begrüßt Ursula von der Leyen (Mitte links), Präsidentin der EU-Kommission, vor dem EU-Ukraine-Gipfel in Kiew.

Berlin. Es ist die wohl größte Gruppe westlicher Spitzen­politikerinnen und ‑politiker, die sich seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine vor fast einem Jahr nach Kiew aufgemacht hat: EU-Kommissions­präsidentin Ursula von der Leyen, der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und 14 Kommissare sind in die ukrainische Hauptstadt gereist. Es ist keine ungefährliche Reise. Kiew liegt zwar nicht im Zentrum der Kämpfe, wurde aber schon mehrfach Ziel von Attacken.

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Auf einem EU-Ukraine-Gipfel am Freitag soll es unter anderem um die Perspektive des Landes auf einen Beitritt zur Europäischen Union gehen. Seit Juni 2022 ist die Ukraine Beitrittskandidat, weitere feste Zusagen sind nicht zu erwarten – die EU hat mehrfach auf die Bedingungen für einen Beitritt hingewiesen, unter anderem die Bekämpfung der Korruption.

Selenskyj will schärfere Sanktionen der EU gegen Russland

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen sagte er, die Sanktionskampagne der EU habe nachgelassen.

Von der Leyen und Borrell verbreiteten am Donnerstag über Twitter Bilder von ihrer Ankunft am Kiewer Bahnhof. Bei einem Treffen mit Präsident Wolodymyr Selenskyj sicherte die Kommissions­präsidentin diesem Hilfe beim Wiederaufbau der von Russland zerstörten Energie­infrastruktur zu – 150 Millionen Euro für den Kauf von Energietechnik sowie weitere 2400 Stromgeneratoren, zusätzlich zu den 3000 bereits gelieferten. „Wir werden diesen Winter überstehen, lieber Wolodymyr, und viele weitere“, sagte von der Leyen.

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Vor dem Gipfel hatte die EU angekündigt, die Ausbildungs­möglichkeiten für ukrainische Soldatinnen und Soldaten in Truppen der Mitgliedsstaaten zu verdoppeln – von 15.000 auf 30.000 Plätze.

Selenskyj wiederum hatte in den vergangenen Tagen mehrfach Regierungs­mitglieder und hohe Beamte entlassen, denen Korruption vorgeworfen wurde – eine demonstrative Antwort auf die EU-Forderung nach Korruptions­bekämpfung.

Der Weg zum Beitritt ist lang

„Das entschlossene Vorgehen der ukrainischen Regierung gegen Korruption und oligarchische Strukturen zeigt, dass die Ukraine es ernst meint“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth (SPD), dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND). Der EU-Ukraine-Gipfel sei „ein wichtiges Zeichen, dass unsere Tür offen steht und dass es sich für die Ukraine auszahlt, diesen Weg weiterzugehen“. Der Weg zur Vollmitgliedschaft der Ukraine werde beschwerlich sein, der Beitritt sei nicht in Kürze zu erwarten. Das Zusammenrücken sei aber „nicht nur eine Geste der Solidarität, sondern liegt auch im deutschen und europäischen Interesse“. Wichtig sei, dass die EU die Beitritts­verhandlungen reformiere und beschleunige. Wenn diese wie bei den Balkanländern sehr lange dauerten, seien in den betroffenen Ländern „politische Instabilität, wirtschaftliche Stagnation und viele enttäuschte Hoffnungen“ die Folge.

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„Es braucht auf beiden Seiten Realismus, um gefährlichen Enttäuschungen vorzubeugen“

CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen plädierte für die Einigung auf nächste Schritte: „Auf dem Weg in die EU sollten erste Zwischenziele mit einem Zeitplan vereinbart werden“, sagte er dem RND. Er warnte allerdings vor zu ehrgeizigen Ankündigungen: „Es braucht auf beiden Seiten Realismus, um gefährlichen Enttäuschungen vorzubeugen.“

Der Vorsitzende des Handels­ausschusses des Europaparlaments, Bernd Lange (SPD), verwies auf die notwendige Übernahme von Antikorruptionsregeln und der EU-Gesetzgebung. „Das muss konkret ausverhandelt werden, und das wird sicherlich einige Zeit dauern“, sagte er dem RND. „Das ist keine Verzögerungstaktik. Ich bin absolut für einen Beitritt der Ukraine. Aber es kann auch keinen Rabatt geben.“

Und Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch warf der EU-Kommission falsches Timing und fehlende Ideen vor. Von der Leyen und ihre Kollegen setzten ein Zeichen der Solidarität. „Faktisch aber kommen Frau von der Leyen und die 15 Kommissare mit leeren Händen nach Kiew“, sagte Bartsch dem RND. „Bevor substanziell über die Beitrittsperspektive der Ukraine in die EU gesprochen werden kann, muss der Krieg enden. Die richtige Reihenfolge wäre: Waffenstillstand, Friedensverhandlungen, dauerhafter Frieden.“

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