Willkommen in der Heißzeit!
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Ein Arbeiter erfrischt sich mit Wasser aus einem Schlauch an einer Baustelle in Prayagraj im nördlichen Bundesstaat Uttar Pradesh von Indien.
© Quelle: Rajesh Kumar Singh/AP
Liebe Leserinnen und Leser,
der Sommer war da – zwar nur kurz, nach wenigen Tagen war er auch schon wieder verschwunden, aber immerhin blieb ein bisschen Zeit, um den Vitamin-D-Speicher aufzufüllen. Die Rollkragenpullover und Winterstiefel wichen T-Shirts und Flipflops, es wurde angegrillt, der Pool eingeweiht, Eis gegessen, der Garten neu bepflanzt, die weiße Winterhaut der Sonne entgegengestreckt. Ich für meinen Teil habe die Sonnenstrahlen genossen und ein erstes Sommerfeeling verspürt. Doch natürlich habe ich sie gehört: die Sommernörgler, für die es an den wenigen Tagen schon wieder viel zu warm gewesen ist. Dabei könnte das nur ein Vorgeschmack auf die kommenden Monate gewesen sein. Denn offiziell hat der Sommer noch nicht einmal begonnen – weder kalendarisch noch meteorologisch.
Schon jetzt tauchen erste Warnungen vor einem Tropensommer auf. Wie heiß es dieses Mal wirklich wird? Das können Meteorologinnen und Meteorologen noch nicht sagen. Dass es durch den Klimawandel aber immer wärmer auf der Erde wird und heißere Sommer immer wahrscheinlicher werden, ist längst kein Geheimnis mehr. Was dabei jedoch allzu oft vergessen wird: Die Hitze entwickelt sich zu einer existenziellen Gefahr. Jeder dritte Mensch auf der Erde könnte bis zum Ende des Jahrhunderts seine Heimat verlieren, weil es dort zu heiß ist, warnt eine aktuelle Studie. Der Mensch wird zum Getriebenen einer Heißzeit. Er wird schrittweise aus seiner ökologischen Klimanische gedrängt, in der er seit Jahrtausenden ideale Bedingungen zum Überleben gefunden hat.
El Niño ist auf dem Vormarsch
2024 könnte ersten Prognosen zufolge das wärmste Jahr überhaupt werden. Maßgeblich Einfluss darauf nimmt El Niño, ein Wetterphänomen im äquatorialen Pazifik, das weltweit zu höheren Temperaturen führt und Extremwetter in vielen Weltregionen begünstigt. Die Weltwetterorganisation erwartet, dass es in den kommenden Monaten auftritt. Wie ausgeprägt die El-Niño-Periode sein wird, ist noch unklar, aber sie könnte für die wohl wärmsten kommenden fünf Jahre sorgen. Sogar die 1,5-Grad-Marke könnte zum ersten Mal auf Jahresbasis global überschritten werden. Es ist nicht mehr von der Hand zu weisen: Das große Schwitzen hat begonnen – doch nicht für alle wird es erträglich.
Immer mehr Menschen werden voraussichtlich wegen extremer Hitze aus ihrer Heimat fliehen müssen. Denn nicht überall wird es möglich sein, sich an die steigenden Temperaturen anzupassen – zum Beispiel mit kühlenden Klimaanlagen. Länder im globalen Norden werden Modellierungen zufolge die einzigen Orte sein, die in Zukunft noch verhältnismäßig gute Lebensbedingungen bieten. Um die ökologischen Nischen für den Menschen zu erhalten, ist eines unerlässlich: Die globale Erwärmung muss begrenzt werden. Schon 0,3 Grad weniger könnten 350 Millionen Menschen vor der gefährlichen Hitze schützen.
Ihre Laura Beigel
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Was kann ich tun?
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Solarmodule hängen an einem Balkon: In einem Zweipersonenhaushalt lassen sich bis zu 30 Prozent des Jahresstrombedarfs mit der gewonnen Energie decken.
© Quelle: Stefan Sauer/dpa
Ich liebäugele schon länger mit einer Minisolaranlage für den Balkon. Denn die Idee, meinen Strom klimafreundlich selbst herzustellen, finde ich ziemlich verlockend. Wäre da nicht die Tatsache, dass der Balkon im Erdgeschoss zur Straße zeigt und ich fürchte, dass Vandalen die Anlage mutwillig beschädigen könnten.
Doch für alle anderen, die einen weitgehend unverschatteten Balkon haben, kann sich eine Minisolaranlage durchaus lohnen, schreibt mein Kollege Sebastian Hoff. In seinem Artikel erklärt er, wie die Anlagen funktionieren, wo und wie sie angebracht werden können, ob sie bezuschusst werden und wie viel sie kosten. Den gesamten Strombedarf werden die Anlagen nicht decken können, aber zumindest ein paar Haushaltsgeräte lassen sich mit dem grünen Solarstrom betreiben.
Das macht Hoffnung
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Feuerwehrleute fahren mit Schlauchbooten durch die Straßen der italienischen Gemeinde Lugo, um Menschen aus den Fluten zu bergen: Frühwarnsysteme konnten in den vergangenen Jahren zahlreiche Menschenleben retten.
© Quelle: IMAGO/ZUMA Wire
„Frühwarnung rettet Leben“, sagt Petteri Taalas, Generalsekretär der Weltwetterorganisation (WMO). Und die Statistiken geben ihm recht: In den 1970er-Jahren töteten Dürren, Überflutungen, Stürme und andere Wetterextreme mehr als eine halbe Million Menschen. Im vergangenen Jahrzehnt waren es hingegen weniger als 200.000 Tote. Google stellt jetzt ein neues Frühwarntool zur Verfügung: Floodhub, eine Web-App, die Menschen bis zu sieben Tage im Voraus vor Hochwasser in ihrer Region warnen soll.
Ob Frühwarnsysteme wie Floodhub wirklich etwas taugen, hat mein Kollege Ben Kendal recherchiert. Sein Fazit: Wirklich verlässlich kann kein Vorhersagedienst so weit im Voraus Menschen in ihrem Wohnort warnen. „Heutzutage kann man zwar viel besser vorhersagen, dass ein Unwetter kommt und eine Hochwassergefahr besteht“, zitiert er den Risikoforscher Ortwin Renn, „aber wo es passiert, ist eine ganz andere Frage: Gerade bei Überschwemmungen ist es meist unklar, wo das Wasser übertritt.“ Die besten Frühwarnsysteme helfen ohnehin nicht, wenn sie nicht auch verwendet werden. Bislang nutzt nur die Hälfte aller Länder solche Systeme. Die WMO warb deshalb erneut für eine UN-Initiative, die vorsieht, bis 2027 die gesamte Weltbevölkerung durch Frühwarnsysteme zu schützen.
Was diese Woche wichtig war
Der Ausblick
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Hätten Sie's erkannt? Dieser Rohbau eines einfachen Hauses besteht zu einem Teil aus gebrauchten Windeln.
© Quelle: Muhammad Arief Irfan/Springer Na
Häuser aus gebrauchten Windeln? Das klingt im ersten Moment nach einer verrückten (und ehrlicherweise müffelnden) Architekturidee. Doch Forschende sehen darin tatsächlich eine Chance, um in Zukunft die Umwelt zu entlasten. Gewaschen, desinfiziert und geschreddert könnten die Windeln in tragenden Teilen eines einstöckigen Hauses bis zu 27 Prozent des Sands im Beton und bis zu 40 Prozent des Sands im Mörtel ersetzen, heißt es in einer Studie, die im Fachmagazin „Scientific Reports“ erschienen ist. So könnte dem weltweiten Sandmangel entgegengewirkt werden. Und Windeln statt Sand zu nutzen hätte noch einen weiteren Vorteil: Es würde die Mülldeponien entlasten.
Einen Wermutstropfen gibt es allerdings: Der Studie liegen die Bauvorschriften von Indonesien zugrunde. Ob ein Windelhaus hierzulande eine Genehmigung erhalten würde? Bisher wohl eher nicht.
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