„Wir erwarten mehr Teilhabe, eine gerechte Kirche und ein klares Ja zur Vielfalt“
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/WVPDLIZNZVEE7GDHSZLINT6LHI.jpeg)
Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK).
© Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa
Berlin. Vor Beginn der fünften und letzten Synodalversammlung der katholischen Reformbewegung Synodaler Weg gibt sich die Präsidentin des Gremiums optimistisch. Irme Stetter-Karp steht zugleich dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken vor.
Frau Stetter-Karp, der Synodale Weg tritt nach der kommenden Synodalversammlung in eine neue Phase. Ist bis dahin alles gelungen, was Ihnen als Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken wichtig war?
Es ist uns gelungen, dass jetzt kein Schlusspunkt gesetzt wird. Wir gehen den Synodalen Weg weiter, indem wir einen Synodalen Rat vorbereiten und den Prozess innerhalb der katholischen Kirche verstetigen. Das ist mir wichtig.
Der Rat soll bis 2026 gebildet werden, bestehend aus Bischöfen und Laien. Wird es den Synodalen Rat trotz des Verdikts des Papstes geben?
Ich gehe davon aus, dass der Synodale Rat wie geplant eingerichtet wird. Wir Laien wollen ihn und eine Mehrheit der Bischöfe auch.
Es gibt Stimmen, die meinen, dass die Bischofskonferenz und auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken beim Reformumfang den Mund zu voll genommen haben, Stichwort Priesterinnenweihe. Was halten Sie denen entgegen?
Es lohnt sich, das umfangreiche Grundlagenpapier zu diesem Thema gründlich zu lesen. Darin wird eine Bitte vorgetragen, denn freilich ist uns bewusst, dass die Weltkirche in dieser Angelegenheit das letzte Wort hat. Wir wollen erreichen, dass die Debatte in der Weltkirche geführt wird und nicht mit einem Nein als erledigt erklärt ist. Wir stehen dazu, dass wir in Deutschland mehr Teilhabe, eine gerechte Kirche und ein klares Ja zur Vielfalt erwarten. Wir haben gute Argumente dafür.
Reform in Katholischer Kirche
Was ist der Synodale Weg?
Nach der Veröffentlichung der Studie „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ beschlossen die deutschen Bischöfe im März 2019 einen Synodalen Weg. Er soll in einem offenen und selbstkritischen Dialog über verschiedene Themen diskutieren und über die Bedeutung von Glaube und Kirche in der heutigen Zeit nachdenken. Der Synodale Weg wird von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) getragen. Die vier entscheidenden Themen im Prozess sind „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag“, „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“, „Priesterliche Existenz heute“ und „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“.
In den Auseinandersetzungen mit Rom gewinnt man als Beobachter den Eindruck, dass sich die deutschen Reformbemühungen und die Bemühungen des Vatikans um Einigkeit der Weltkirche beißen würden. Ist das so?
Ich war im Februar bei der kontinentalen Synodalversammlung in Prag. Dort wurde klar ersichtlich, dass wir nicht allein stehen mit unseren Themen und mit den aus unserer Sicht notwendigen Veränderungsschritten. Beispielsweise die Luxemburger, die Schweizer, die Iren, und entgegen manchen Schablonen von Ost-West gibt es auch einzelne Osteuropäer, die mit uns auf Bewegung in der katholischen Kirche setzen. Wer vom deutschen Sonderweg und von Spaltung spricht, muss sich fragen lassen, mit welchem Interesse das Stereotyp bedient wird.
Aber was ist mit den wichtigen Kirchen Afrikas und Südamerikas?
Reformbemühungen gibt es auf allen Kontinenten. Die Ausgangspunkte sind jedoch unterschiedlich. Bei uns war es der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Geistliche, der Veränderungen von kirchlichen Machtstrukturen zwingend notwendig macht. Dieses Thema ist weltweit nicht zu verdrängen. Doch es gibt auch spezifische Themen, beispielsweise hat in Afrika das Thema Vielehe eine Bedeutung, in Europa kulturell nicht. Selbst innerhalb Europas sind Themen wie etwa der Umgang mit Homosexualität zusätzlich von politischen Kontexten geprägt. Ein Thema ist jedoch überall präsent: wie Frauen mehr Gestaltungskraft in dieser Kirche erhalten können.
Der Papst ist am 13. März zehn Jahre im Amt. War er für Sie auf dem synodalen Weg eher ein Hindernis oder eine Inspiration?
Ich würde mich freuen, wenn ich Ihre Frage eindeutig beantworten könnte. Das kann ich aber deshalb nicht, weil ich darauf angewiesen bin, was ich dazu lesen kann. Bis heute gab es leider keine direkten Gespräche unseres Präsidiums mit Papst Franziskus. Doch aus seinem Brief an die Gläubigen in Deutschland und seinen Äußerungen zur Synodalität in der Kirche im 21. Jahrhundert interpretiere ich viel Rückhalt von ihm für unseren Weg im Grundsatz. Aber ich gebe zu: Es ist nicht leicht, ein konsistentes Gesamtbild zu sehen.