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Brief aus Kiew

Wladimir Klitschko: „Jeder weiß, dass Russland eine neue Großoffensive vorbereitet“

Wladimir Klitschko, aufgenommen bei einem Interview im Hotel Waldorf-Astoria.

Wladimir Klitschko, aufgenommen bei einem Interview im Hotel Waldorf-Astoria.

„Hier in Kiew herrscht eine seltsame Atmosphäre“: Der Ex-Profiboxer Wladimir Klitschko wendet sich an diesem Montagmorgen in einem offenen Brief, der dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt, an die Menschen in Deutschland und berichtet von der aktuellen Stimmung in der Ukraine. „Jeder spürt und weiß, dass Russland eine neue Großoffensive vorbereitet. Die russische Führung kann es nicht ertragen, dass ihre größenwahnsinnigen Träume vom Neoimperialismus an der Mauer des ukrainischen Widerstands zerschellt sind“, schreibt er darin. Er ist sich sicher: Die Hauptstadt Kiew stehe dabei im Mittelpunkt der Invasoren.

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Der Bruder des Bürgermeisters von Kiew geht dabei auch auf die russische Propaganda ein – und dankt in dem Zusammenhang dem Westen für die Hilfe: „Die Russen arbeiten seit dem ersten Tag des Krieges unermüdlich daran, die Welt mit ihrer Propaganda und ihren Narrativen zu überfluten. Sie glauben, dass die westliche Bevölkerung irgendwann müde werden könnte“, schreibt er. „Ich denke, sie irren sich. So wie sie das ukrainische Volk und die ukrainische Armee unterschätzt haben, unterschätzen sie auch die Bereitschaft der Europäer und Amerikaner, ihre Werte zu verteidigen und ihre Verbündeten zu unterstützen.“

Ich lese zwischen den Zeilen, dass einige der Meinung sind, dass wir übertreiben, dass wir immer mehr verlangen, dass man den Russen die Hand reichen sollte.

Wladimir Klitschko

Aber er äußert auch Kritik. Denn Klitschko befürchtet, dass die russische Propaganda in Deutschland Früchte trägt. „Das sehe ich an der Frage der Waffenlieferungen. Ich lese zwischen den Zeilen, dass einige der Meinung sind, dass wir übertreiben, dass wir immer mehr verlangen, dass man den Russen die Hand reichen sollte“, argumentiert er. „Kurzum, es wird unterstellt, dass die Ukrainer echte Kriegstreiber sind. Das ist die Stärke der russischen Propaganda: Die Opfer als Feinde des Friedens hinzustellen und vor allem vergessen zu lassen, dass es Russland ist, das ein freies und souveränes Land angreift und als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats alle Grundsätze des Völkerrechts mit Füßen tritt.“

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Donezk meldet weitere Tote durch russischen Beschuss: Scholz bittet Deutsche um Vertrauen
RUSSIA, SEVERODONETSK - JANUARY 27, 2023: Military vehicles and an apartment block damaged in shelling. The Russian Armed Forces are carrying out a special military operation in Ukraine in response to requests from the leaders of the Donetsk People s Republic and Lugansk People s Republic for help. The Lugansk People s Republic became part of Russia following the September 2022 referendum. Valentin Sprinchak/TASS PUBLICATIONxINxGERxAUTxONLY 57060463

Bilder aus der Region Donezk im Osten der Ukraine. Die Stadt Kostiantynivka ist deutlich gezeichnet vom russischen Angriffskriege.

Erneute Kritik an IOC-Debatten

In dem Zusammenhang geht er auch erneut auf die Diskussionen ein, ob russische und belarussische Sportlerinnen und Sportler an den Olympischen Spielen in Paris teilnehmen dürfen. „Russland will die Neutralität des Sports instrumentalisieren, um seine Verbrechen zu bereinigen. Dies darf nicht geschehen“, so seine klare Meinung dazu. „Russland interpretiert jedes Zögern der internationalen Gemeinschaft als Zeichen der Schwäche und als Ermutigung zum Weitermachen.“

+++ Alle Entwicklungen zum Krieg gegen die Ukraine im Liveblog +++

Bereits Ende Januar hatte sich Klitschko mit scharfen Worten zu dem Thema geäußert und den IOC-Präsidenten Thomas Bach direkt angesprochen in einem Tweet, in dem es hieß: „Heute haben die Russen die Goldmedaille für Kriegsverbrechen, Deportation von Kindern und Vergewaltigung von Frauen. Du kannst dein olympisches Emblem nicht für diese Verbrechen hergeben.“ Bach mache sich zum „Komplizen“ der Russen, ergänzte der 46-Jährige.

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Positive Worte zum Schluss

Abschließen tut er seinen Brief wiederum mit positiven Worten an die deutsche Politik: „Ich weiß, dass wir, wenn die nächste Angriffswelle kommt, dank Ihrer Hilfe besser vorbereitet sein werden als vor einem Jahr, wir werden die zivilen Opfer besser schützen können“, schreibt er. „Ich sage Ihnen, dass wir nach diesem Krieg für immer stolz darauf sein werden, das deutsche Volk als Brudervolk zu haben.“

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