Dieter Bohlen: Dunkle Wolken im Influencerparadies

Dieter Bohlen ist künftig nicht mehr Teil der DSDS-Jury.

Dieter Bohlen ist künftig nicht mehr Teil der DSDS-Jury.

Hannover. Über der Influencervilla ziehen dunkle Wolken auf. Nein, gemeint ist damit nicht etwa das abnormal riesige Haus der Youtube-Stars Bibi und Julian Claßen, nein auch bei Cathy Hummels ist noch alles in Ordnung – sie macht weiter Strandfotos, während sich der Rest des Landes durch den Lockdown schleppt. Gemeint ist das Influencerhaus von Dieter Bohlen.

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Sie wussten gar nicht, dass Dieter Bohlen Influencer ist? Dann haben Sie was verpasst. Auf Instagram und Tiktok macht der selbsternannte Poptitan seit einem knappen Jahr genau das, was man von einem fast 70-Jährigen erwartet: Lustige Tanzvideos, witzige Gesichtsfilterclips, schreiend komische Pranks.

Konkret sieht das dann so aus: In einem Video tanzt Bohlen mit seiner Carina ungelenk vor traumhafter Kulisse auf einem Steg, in einem anderen gockelt er zum Song „Rasputin“ durch sein Schlafzimmer und zeigt seinen sonnengebräunten Bizeps. Mal hämmert Bohlen zu schräger Musik an einer Palme herum, mal auf seinem Backofen. Bei 14-Jährigen Tiktok-Kids sind derartige Videos ein Riesending – Bohlen hat sich das offenbar genau abgeguckt.

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Ein bisschen Sexismus darf nicht fehlen

Auch influencertypischer Feelgood-Content darf nicht fehlen. Mal badet Bohlen mit seiner Carina in einer Wanne voller Blumen, mal wird gemeinsam gebacken und gekocht, mal schwimmt Carina im Sonnenuntergang durch den Infinitypool. Werbepartnern gefällt das: Viele von Bohlens Videos sind augenscheinlich gesponsert und mit #werbung markiert, in einigen seiner Clips verlinkt Bohlen beispielsweise den Anbieter von Luxusreisen.

Auch junge Gäste hat Bohlen immer wieder in seinen Videos dabei. Mehrmals taucht beispielsweise der berühmte Tiktok-Influencer Falco Punch (24) in Bohlens Videos auf, mal wird mit Teenie-Idol Mike Singer (21) getanzt. In Dieter Bohlens Tiktok-Videos sind mehr hippe 808-Hip-Hop-Beats zu hören als in jedem Capital-Bra-Song.

Nur manchmal fällt Bohlen aus der Zeit, denn an sexistischen Pranks kommt er doch nicht ganz vorbei. In einem Video winkt er seine Carina herbei, um ihr dann am Oberteil zu ziehen und in den Ausschnitt zu gucken, in einem anderen haut er ihr beim Tanzen aufs Gesäß. Fans des selbsternannten Poptitanen hält das kaum auf dem Stuhl, sie honorieren die Videos des 67-Jährigen mit einem Feuerwerk an Tränenlach-Emojis. Insgesamt hat Bohlen auf Tiktok 1,4 Millionen Follower, auf Instagram sogar 1,6 Millionen.

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Ein werbetauglicher Dieter

Die lustige Parallelwelt, die sich Bohlen auf seinen Social-Kanälen aufgebaut hat, ist in vielerlei Hinsicht beachtenswert: Nach seiner Zeit als Hitproduzent von „Modern Talking“ hatte sich Bohlen in den 2000er Jahren nämlich vor allem als grausames Fernsehekel einen Namen gemacht. Bei „Deutschland sucht den Superstar“ beömmelte sich das Publikum vor dem Fernseher jahrelang an Sprüchen wie „Du bist ein Mensch wie Gott ihn geschaffen und McDonalds ihn geformt hat“ oder „In so einem Outfit geht meine Freundin Unkraut jäten.“

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Sexismus gehörte hier über Jahre hinweg zum unwidersprochenen Standardprogramm: „Ein kleines Ja vom großen Dieter, ein großes Ja vom kleinen Dieter“, beurteilte Bohlen einst das Talent einer Sängerin. Einer Frau, die gerade das Lied „Ich war noch niemals verliebt“ gesungen hatte, mobbte er mit den folgenden Worten: „Wenn man so aussieht wie du, ist das auch kein Wunder.“

Auf Instagram und Tiktok scheint all das längst vergessen. Hier ist der fröhlich-jugendliche Content des alten Poptitanen so werbetauglich, dass neben Luxusreiseanbietern auch Versicherungsapps und Hersteller von Papayashampoo bei ihm Werbeplätze buchen. Seine Fans sind für Bohlen heute offenbar nicht mehr zu fett oder zu hässlich, sondern – laut Tiktok-Bio – „Die netteste Community der Welt“.

Beleidigter Poptitan

Und ja, es wäre fast zu schön um wahr zu sein. Die Wandlung des Dieter Bohlen – ein Zeichen, dass auch der unangenehmste Stinkstiefel im Alter noch mal Nächstenliebe zeigen kann. Doch die Fassade in Bohlens harmonischem Influencer-Paradies ist längst gebröckelt.

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Eines der letzten verrückten Videos auf Bohlens Kanälen erscheint am 7. März. Eine Art Tiktok-Challenge, bei der man zwei Topfdeckel über seinem Partner zusammenschlägt und dieser versuchen muss, zur richtigen Zeit den Kopf wegzuziehen. Natürlich geht das schief – witzig. Es folgt ein Werbevideo für Hibiscusshampoo. Kurz darauf gibt der Privatsender RTL die Trennung von Bohlen als DSDS-Jurymitglied bekannt, auf Bohlens Social-Kanälen wird es tagelang still.

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Der Rauswurf bei seinem langjährigen Arbeitgeber scheint bei Bohlen Spuren zu hinterlassen. Das macht sich auch an seinen Instagram-Aktivitäten bemerkbar. Ein Video nutzt Bohlen beispielsweise, um gegen seine DSDS-Vertretung Thomas Gottschalk auszuteilen. „Junge Leute“ hätten ihn gefragt, wer denn „der ältere Herr“ da im Fernsehen sei (Gottschalk ist nur drei Jahre älter als Bohlen). Andere wollten angeblich wissen, warum er „Haarteile von seiner Oma“ trage, witzelt Bohlen, während er im freshen Camp-David-Pulli auf dem Sofa sitzt. Und Gottschalks Kompetenz in der DSDS-Jury vergleicht Bohlen mit dem blinden „Stevie Wonder“, der in die Jury von „Let‘s Dance“ eingeladen würde.

Enttäuscht von Kollegen

Auf eine Stichelei von Gottschalk in einem SWR-Podcast reagiert Bohlen ebenso eingeschnappt: In einem Kommentar schreibt Bohlen, Gottschalk erzähle „seit Jahren Lügen“ über ihn – „wenn ich erzählen würde, was ich von ihm wüsste, kann der einpacken …“. In seiner Instagram-Story erfreut sich der selbsternannte Poptitan kommentarlos an der schlechten Einschaltquote des „Superstar“-Finales – 3,22 Millionen hatten eingeschaltet (400.000 weniger als 2020).

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In einem weiteren Video teilt Bohlen gegen ehemalige Kollegen aus. Nach seinem DSDS-Rauswurf würden sich viele Leute bei ihm melden, etwa Loredana. „Wenn du ne neue Jury machst, ich bin dabei“, soll die Rapperin gesagt haben. Andere hingegen hätten sich gar nicht gemeldet. „Und ich denk mir so: War das vielleicht alles nur Geschäft für euch? In solchen Situationen merkt ihr, wer wirklich hinter euch steht und wer eben nicht.“

In einem Video behauptet Bohlen, dass er nach seinem Rauswurf „so viele Angebote“ bekomme, praktisch jeden Tage würde jemand anrufen. Einer der jüngsten Post zeigt laut eigener Aussage einen „glücklichen Bohlen“. „Ich hab alles, was ich brauche“, prahlt der Produzent in die Kamera. „Die Sonne scheint, keiner nervt, es läuft keine Musik, es ist einfach nur toll, entspannt und Carinchen ist bei mir.“

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Wenigstens ehrlich

Unterhaltsam sind diese Videos längst nicht mehr, aber sie sind wenigstens ehrlich. Die Wut über den Rauswurf wird deutlich, die Enttäuschung, selbst von Freunden fallen gelassen zu werden, der Ärger über diejenigen, die den einstigen Platz einnehmen, die Angst vorm Alter. Und das Leugnen der Angst, dass jetzt auch einfach alles vorbei sein könnte.

All das macht Bohlen nicht sympathisch – aber immerhin sympathischer, als wenn er gekünstelt für Papayashampoo tanzt. Das, was der selbsternannte Poptitan heute sendet, passt zum fiesen Juryboss, den man seit Jahrzehnten kennt.

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Die „netteste Community der Welt“ steht übrigens auch weiterhin hinter ihrem Lieblingspoptitan, egal was er tut. In seinem aktuellsten Video schmeißt Bohlen ungelenk und sichtlich absichtlich eine selbstgemachte Pizza zu Boden. Dass das auch symbolisch für seine Karriere stehen könnte, fällt niemandem auf. Dieters Fans fluten die Kommentare stattdessen mit viel Liebe – und natürlich: vielen hunderten Tränenlach-Emojis.

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