Unwetter, Kronenkuchen und royaler Käse: „Klimakönig“ Charles begeistert ein ganzes Ökodorf
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König Charles III. von Großbritannien (Mitte) besuchte am zweiten Tag der royalen Deutschland-Reise eine Käserei im Ökodorf Brodowin.
© Quelle: Jens Büttner/dpa-POOL/dpa
Chorin. 21 Stunden hat sie an der Torte gebacken. Der Boden ist ein britischer Victoria-Kuchen aus Buttercreme mit Himbeeren – „das mag der König“ – und die Krone darauf eine Nachbildung der St. Edward‘s Crown, die Charles bei seiner Krönung tragen wird, nur aus Fondantschokolade. Als der König nach einem heftigen Unwetter mit Regenschirm aus der Molkerei des Ökodorfes Brodowin, 80 Kilometer entfernt von Berlin, herbeigeeilt kommt, ist der große Moment von Antje Neumann. Der König schüttelt der Konditoreimeisterin des Ökodorfs die Hand, schneidet dann den Kuchen an und kostet. Sein Fazit: „It‘s a great cake!“ Er findet den Kuchen großartig.
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„Es hat ihm geschmeckt“, freut sich die Konditorin, und an viel mehr könne sie sich auch nicht erinnern, gibt sie gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) zu. Es war schließlich ein aufregender Moment. Noch kurz bevor der König kam, fürchtete sie wegen des starken Regens, der sogar in die Scheune hineindrückte, um ihre Torte. Mit Regenschirmen mussten andere sie schützen. Doch es hat alles geklappt.
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König Charles war von der von Antje Neumann entworfenen Torte begeistert.
© Quelle: Matthias Schrader/AP Pool/dpa
Der Kuchen ist wie alles, wofür der Hof steht, aus regionalen Zutaten: Die Butter und die Eier darin stammen von den Tieren aus Brodowin. Und auch der Käse, den der König vorher mitgeholfen hat zu produzieren, wird aus der Milch der Kühe vor Ort gemacht.
Für den König eine Herzensangelegenheit
Der Besuch im Ökodorf Brodowin lässt sich ohne Zweifel als eine Herzensangelegenheit des Königs bezeichnen, auch wenn das Unwetter den Zeitplan ordentlich durcheinanderbrachte – und auch das ganze Protokoll des Tages. Plötzlich standen alle in einer Art Scheune. Mitarbeitende, Fotografen und Journalisten sind dem König viel näher als gedacht. Die Kälbchen draußen kann er nicht mehr besuchen, aber dafür bleibt mehr Zeit zum Reden, über sein Herzensthema.
Von manchen sogar als „Klimakönig“ betitelt, liegt dem 74-jährigen Monarchen viel an seiner Umwelt und an biologischer Landwirtschaft wie hier in Brandenburg, wo auf 2500 Hektar Fläche 160 Milchkühe, 250 Milchziegen und 2400 Hennen leben und außerdem 15 Gemüsesorten sowie Futter für die Tiere angebaut werden.
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Nur das Wetter spielte nicht mit: Großbritanniens König Charles III. (rechts) spricht mit Ludolf von Maltzan, Inhaber und Geschäftsführer des Ökodorfes Brodowin.
© Quelle: Matthias Schrader/AP Pool/dpa
Bei der Käseproduktion hat der Monarch auch selbst Hand gelegt: In der hofeigenen Molkerei füllte er in einen weißen Brodowin-Kittel gekleidet und mit blauen Schuhüberziehern Käsemasse in eine Form und strich sie dann glatt. Zudem schaute er gemeinsam mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) zu, wie Mitarbeitende Butter verpackten. Sie hatten in der Molkerei mehr Zeit als erwartet – wegen des Gewitters, das alle erstmal abwarten mussten.
Der hergestellte Käse ist ein besonderer, den es so sonst nicht im Ökodorf zu kaufen gibt: Für den royalen Touch haben der König und die Mitarbeitenden des Hofes dem üblichen Brodowiner Bauernkäse noch eine Extrazutat hinzugefügt, Möhrensaft. „Das gibt ihm etwas Süße und eine orangene Farbe – wie beim britischen Cheddar“, erklärt Katja von Maltzan, die den Hof gemeinsam mit ihrem Mann führt, der Deutschen Presse-Agentur.
Der Käse, rund 150 Laibe sollen es sein und neben der Farbe auch an einem Kronenemblem zu erkenne, soll es später auch zu kaufen geben, berichtet Franziska Rutscher, Sprecherin des Ökodorfes, dem RND. Doch ein bisschen müssen sich Interessierte noch gedulden – der Käse müsse erst mal rund acht Wochen reifen.
König Charles III. spricht im Bundestag
Der britische König Charles III. bedankte sich für die Anteilnahme beim Tod der Queen und würdigte Deutschlands Hilfe für die Ukraine.
© Quelle: Reuters
Nach den Kühen, aus deren Milch der Käse gemacht ist, fragt Charles auch mehrere Auszubildende und Praktikanten des Betriebs. Was für eine Rasse sie seien, will er wissen. Holsteiner antworten sie, und der König kennt sich als „Biopionier“ natürlich aus: „Good butterfat“ (Deutsch: „Gutes Butterfet“), kommentiert er lachend. Auch will er wissen, ob und wie sie hier kompostierten. „Das ist nicht unbedingt die erste Frage, die einem sonst gestellt wird“, sagt Leonie Schierning und grinst. Sie hat hier bis vor einer Weile ein Praktikum gemacht und ist nun Assistenz der Geschäftsführung. Man habe gemerkt, dass er sich auskenne.
Nur das Wetter spielte beim Charles-Besuch nicht mit
Tatsächlich setzt sich Charles seit Jahrzehnten für die biologisch-dynamische (demeter) Landwirtschaft ein und gilt vielen als Vorreiter auf dem Gebiet. Bereits in den 1980er-Jahren stellte er die Landwirtschaft auf seinem Landgut Highgrove in Gloucestershire auf Ökobetrieb. Unter der Bio-Marke „Duchy Originals“, heute „Waitrose Duchy Organic“, werden seine Bio-Produkte in britischen Märkten vertrieben. Viele belächelten ihn damals dafür. Heute trifft er damit den Nerv der Zeit. Seinem Enkel George hat er vor einigen Jahren sogar einen ganzen Wald neu gepflanzt.
Was er vom Ökodorf noch lernen kann, ist aber, wie Biolandwirtschaft auf großer Fläche funktioniert – denn Brodowin ist der größte Demeter-Hof Deutschlands. Das vermutet Rutscher auch als einen Grund dafür, wieso die britische Botschaft und Charles sich für die Farm in Brandenburg entschieden haben: „Eine offizielle Begründung gab es nie, aber es kommen immer ausländische Delegationen vorbei, um sich anzusehen, wie Bio groß funktionieren kann“, erzählt sie. Auch der damalige Bundespräsident Joachim Gauck sei etwa 2013 bei ihnen gewesen und habe Butter mit eingepackt und ein paar Eier mitgenommen. Charles ließ sich nun zwei Stücke des Kuchens einpacken.
Mit dem König hatte der Hof nun seinen bisher höchsten Besuch. Dabei war das Ausmaß am Anfang gar nicht klar, erzählt Rutscher: „In der Anfrage der britischen Botschaft wurde erst mal nur die Frage gestellt, ob ein Besuch aus Großbritannien möglich wäre.“ Im Februar hätten sie dann erfahren, dass der Monarch höchstpersönlich kommen wolle. „Wir steckten da gerade mitten in Bauarbeiten und haben die dann ein bisschen angetrieben“, so die Sprecherin – der König sollte schließlich sauberen Fußes über frisch gepflasterte Wege gehen können.
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„Charlie, dit isser doch!“: Auch Michaela Mechelke freute sich über den Besuch von König Charles.
© Quelle: Hannah Scheiwe
Am Ende machte mehr das Wetter als der Boden Probleme. Doch unterm Scheunendach mit den Mitarbeitenden ließ der Monarch sich das nicht anmerken: Er plauderte mit Azubis, schüttelte Mitarbeitenden die Hände, fragte nach ihren Jobs. Auch bei Michaela Mechelke, die im Bereich der Kälber arbeitet, wie sie dem RND erzählt. Schon als er von Weitem den Hof betrat, rief sie aus. „Charlie, dit isser doch!“ Dass sie dem „Charlie“ am Ende sogar die Hand schütteln und ein paar Worte mit ihm wechseln konnte, das kann sie kaum glauben. „Das werde ich noch lange erzählen.“