Sänger Ikke Hüftgold plant Flüchtlingshilfe und Mallorca-Comeback
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Der Limburger Sänger Ikke Hüftgold alias Matthias Distel steht vor seinem Firmengebäude. Zwei Jahre lang hat Corona auch die Sänger von Partyschlagern stark eingeschränkt. Am 21. April plant er sein Comeback an der Playa de Palma auf Mallorca.
© Quelle: Thomas Frey/dpa
Limburg/Heiligenroth . Zwei Jahre lang hat Corona auch die Sänger von Partyschlagern stark eingeschränkt. Jetzt hoffen viele auf einen Neustart. Auch Ikke Hüftgold. Am 21. April plant er sein Comeback an der Playa de Palma auf Mallorca. „Ich freue mich drauf. Die Karten dafür waren in wenigen Stunden weg“, sagt Hüftgold, bürgerlich Matthias Distel. Der 45-jährige Sänger, Songwriter und Musikproduzent wohnt im hessischen Limburg und hat eine Medienfirma mitsamt Fernsehstudio im rheinland-pfälzischen Heiligenroth bei Montabaur.
Hüftgolds Geschäftspartner Dominik de León erklärt: „Keine andere Agentur ist bei deutschen Partyschlagern so breit aufgestellt.“ Rund 15 Künstler habe die Summerfield Group unter Vertrag und schon mehr als 400 Songs produziert. Auch die Szenestars Mia Julia („Mallorca, da bin ich daheim“) und Lorenz Büffel („Johnny Däpp“, mit Platin ausgezeichnet) habe sie unter ihre Fittiche genommen.
Hüftgold ist eine schillernde Figur. Der Teilhaber eines Gartenbaubetriebs hat mit Partyschlagern nach eigenen Worten Millionen verdient, mit Songtiteln wie „Dicke Titten, Kartoffelsalat“ Vorwürfe des Sexismus kassiert und mit Saufliedern Alkohol auch verherrlicht. 2021 hat dagegen sein Protest gegen die Sat.1-Reihe „Plötzlich arm, plötzlich reich“ für Aufsehen gesorgt. Hüftgold wirkte dabei mit - und kritisierte die Einbeziehung von „zwei schwer traumatisierten Kindern“. Sat.1 räumte Fehler ein und setzte das Reality-Format ab.
Ikke Hüftgold plant Hilfe für die Ukraine
Nun hat Hüftgold eigene Auftritte mit Partyschlagern in Österreich aus einem anderen Grund abgesagt: Die Bilder von Sterbenden in Russlands Krieg in der Ukraine gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf, er wolle helfen. Dabei kämen ihm seine enormen Reichweiten in sozialen Medien zugute: Darüber und über seine Stiftung Summerfield Kids Foundation habe er einen „unfassbaren Zulauf“ privater Zusagen für die Aufnahme von Geflüchteten bekommen. Mit Partnern hat Hüftgold Busse organisiert, die laut seiner Agentur rund 500 Ukrainerinnen und Ukrainer aus Polen geholt haben.
Zugleich fiebert Hüftgold Mallorca entgegen. „Pure Freude, pures Leid sind nahe beieinander“, sagt der 45-Jährige. Er wolle zweigleisig fahren: weiter Geflüchtete holen und wieder auftreten. Er habe auch eine Verantwortung für seine Firmen mit rund 40 Mitarbeitern, seine Familie mit zwei Töchtern und seine 22-jährige Freundin Nina Reh, Studentin des Fachs Social Media Systems in Gießen.
Vor mehreren Jahren hat Hüftgold aus Protest gegen ein Alkoholverbot am mallorquinischen „Ballermann“-Strand dort 4000 Freibierdosen verteilen lassen und nach einem Tohuwabohu ein Auftrittsverbot des Vergnügungslokals Bierkönig kassiert. Hüftgold wechselte mit seinen Auftritten zur bulgarischen Partymeile Goldstrand - bis Corona kam. Sein „Ballermann“-Comeback plant er in der dortigen neuen Location „Stürmer Arena“, wie sein Geschäftspartner Dominik de Léon erklärt.
Kritik an Ikke Hüftgold
Und die Kritik an den Texten des Sängers? Ikke Hüftgold sei eine Kunstfigur, sagt Matthias Distel. „Ich mache Satiremusik.“ Schräg und überspitzt, das sei leicht zu durchschauen. Niemand sei gezwungen, ihm zuzuhören. Es gehe nur darum, mal unbeschwert zu feiern. Das sähen auch viele Frauen so inklusive etwa Medizin- und Jurastudentinnen: „Auch die deutsche Elite hört meine Musik.“
Der Sprecher des Deutschen Rock & Pop Musikerverbands, Ole Seelenmeyer, sagt: „"Ballermann"-Sänger verlieren ohne Rebellentum Publikum. Aber sie müssen ihre Grenzen kennen.“ Hüftgold gehe nicht so weit wie manche Rapper. Seelenmeyer erinnert etwa an den 2018 abgeschafften Musikpreis Echo, nachdem Textzeilen der Preisträger Kollegah und Farid Bang als antisemitisch kritisiert worden waren.
Die Frauenbeauftragte von Distels Heimatstadt Limburg, Carmen von Fischke, moniert: „Ein Teil der Texte von Ikke Hüftgold sind klar frauenfeindlich, da werden Frauen auf dicke Titten reduziert oder auf diejenigen, die im Saufgelage noch fehlen, weil die mit saufenden Männer noch eine Massage brauchen. Dabei geht es sicherlich nicht um eine medizinisch-physiotherapeutische Massage.“
Laut von Fischke spielt Alkohol in den Distels Texten wie im Publikum gleichermaßen eine große Rolle: „Was soll daran Satire sein?“ Partyschlager sei eine geschönte Beschreibung und ein Geschäftsmodell von Distel. „Ob er sich dafür umbenennt oder nicht, ist dabei völlig egal“. Auch wenn es einige Partyschlager-Sängerinnen und natürlich Frauen in Hüftgolds Publikum gebe - „die Szene ist doch überwiegend männlich geprägt“, betont die Limburger Frauenbeauftragte.
Und wie ist Distel einst zu seinem Künstlernamen gekommen? Sein Geschäftspartner de Léon erklärt: „Es gab schon den Song "Hallo Leute, ich bin Ikke. Ihr wisst, was ich gern tu'".“ Hinzu sei der Blick eines Kompagnons auf Distels Hüfte gekommen: „Hüftgold passt!“
RND/dpa