Chaos an Flughäfen: Was Reisende wissen müssen
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Am Flughafen Düsseldorf mussten sich Reisende am Wochenende auf lange Wartezeiten einstellen.
© Quelle: IMAGO/Kirchner-Media
Berlin. Gestrichene Flüge und lange Warteschlangen an Check-in und Sicherheitskontrollen: An vielen Flughäfen in Europa ist dies zurzeit Normalität: beispielsweise in Düsseldorf, Frankfurt, Hannover, Frankfurt, London-Heathrow oder Amsterdam-Schiphol. Für die Probleme sorgten Personalmangel bei den Airlines und Airports.
Lufthansa und Eurowings haben für Juli jeweils schon hunderte Flüge gestrichen. Der Chef der Flugsicherungsgewerkschaft warnte kürzlich vor einem nie dagewesenen Chaos in diesem Sommer an deutschen Flughäfen und forderte die Politik zum Handeln auf.
Reisende sollten noch früher am Flughafen sein als sonst
„Wir rechnen damit, dass diese Situation über den gesamten Sommer bis in den Herbst anhalten wird, da es praktisch schwierig bis unmöglich ist, in allen betroffenen Bereichen kurzfristig das benötige Personal aufzubauen“, sagt Karolina Wojtal vom Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland.
Informiert bleiben, wie es um den Status ihres Fluges bestellt ist. Und rechtzeitig am Airport sein. „Generell sollten sich Reisende aktuell noch früher am Flughafen einfinden als sonst - mindestens zweieinhalb bis drei Stunden vor Abflug“, empfiehlt die Leiterin für Sicherheits- und Krisenmanagement beim Reisekonzern DER Touristik, Melanie Gerhardt. Wenn möglich, checkt man sich vorab online ein. Wer kann, verzichtet bei Kurzreisen auf Aufgabegepäck.
Online-Check-in spart wertvolle Zeit
Wer in der Nähe des Flughafens wohnt, kann vielleicht einen Vorabend-Check-in machen und dabei auch schon seine Koffer aufgeben. Das bieten einige Airlines an, so Gerhardt, und es spart Urlaubern die Schlange am Check-in. Empfehlenswert ist, sofort zur Sicherheitskontrolle zu gehen, sobald man eingecheckt ist. Wer den Check-in im Vorfeld schon erledigt hat, geht direkt nach Ankunft am Airport dorthin. All diese Ratschläge gelten insbesondere für die stark gebuchten Ferienzeiten.
Doch vor Flugstreichungen schützt auch der Online-Check-in nicht. Wichtig zu wissen ist, dass Reisende je nach dem Zeitpunkt der Annullierung Anspruch auf Erstattungen und gegebenenfalls Schadenersatz haben. Dafür gibt es die EU-Fluggastrechteverordnung. Sie ist für alle Flüge anwendbar, die innerhalb der Europäischen Union starten. Für Flüge, die in der EU landen, gilt sie nur dann, wenn die Airline ihren Sitz in einem der EU-Mitgliedsstaaten hat.
DRV: Flugausfälle bei Pauschalreisen „eher unwahrscheinlich“
Der Deutsche Reiseverband (DRV), der Veranstalter und Reisebüros vertritt, gibt zumindest etwas Entwarnung. „Dass gut gebuchte Strecken zu den Pauschalreise-Zielen rund ums Mittelmeer oder zu ferneren Zielen in größerem Umfang gestrichen werden, ist eher unwahrscheinlich“, teilt der DRV auf Anfrage mit. „Das gilt insbesondere für Flüge, die von den Reiseveranstaltern lange im Vorfeld eingekauft worden sind.“
Chaos zum Ferienbeginn: Lange Warteschlangen am Düsseldorfer Flughafen
Hunderte Flugpassagiere warten auf ihre Abfertigung. Und einigen wurde sogar kurzfristig der Flug annulliert.
© Quelle: Reuters
Veranstalter und Reisebüros seien in engem Austausch mit den Fluggesellschaften, um die Auswirkungen von möglichen Flugstreichungen so gering wie möglich zu halten.
Laut Fluggastrechteverordnung haben Reisende in so einem Fall ein Wahlrecht zwischen der vollständigen Erstattung des Ticketpreises und einer Umbuchung durch die Airline. „Sie haben also Anspruch auf eine Umbuchung“, so Verbraucherschützerin Wojtal. „Nur in der Praxis klappt das nicht immer.“
Was Reisende bei Flugumbuchungen beachten müssen
Was man beachten sollte: In der Regel buche die Airline den Fluggast um, so Wojtal. Ansonsten sollte man sich auf jeden Fall das Einverständnis für die eigenständige Alternativbuchung von der Airline holen, damit es bei der Erstattung keine Probleme gibt.
Das muss man trotzdem bezahlen. Nur wenn die Geschäftsbedingungen (AGB) des Ferienhaus- oder Hotelbetreibers eine Stornierung vorsehen, kann man sein Geld zurückverlangen, erklärt Wojtal. Sonst bleibt nur das Hoffen auf Kulanz.
Hier ist der Veranstalter zuständig. Er muss für eine Ersatzbeförderung sorgen, stellt die Verbraucherzentrale Hamburg klar. Und der Reisepreis dürfe sich durch die neue Flugverbindung nicht erhöhen, auch wenn der Veranstalter aufgrund der Streichung kurzfristig teurere Flüge einkaufen müsse.
Ansprüche gegenüber Reiseveranstalter bei Pauschalreisen
Bei einem annullierten Flug im Rahmen einer Pauschalreise kommen laut Verbraucherschützerin Wojtal Ansprüche gegenüber dem Reiseveranstalter in Betracht - auf Minderung des Reisepreises oder sogar Schadenersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit.
Airlines streichen Flüge: Was Reisende wissen müssen
Gestrichene Flüge, Probleme bei der Abfertigung an den Flughäfen: Womöglich steht ein chaotischer Flugreisesommer bevor. Ist der Urlaub in Gefahr?
© Quelle: dpa
Womöglich ja. Entscheidend ist der Zeitpunkt. Erfolgt die Storno-Info von der Airline weniger als 14 Tage vor Abflug, hat man neben dem beschriebenen Wahlrecht zwischen Erstattung und Umbuchung gegebenenfalls noch Anspruch auf eine Ausgleichszahlung in Höhe von bis zu 600 Euro - abhängig vom konkreten Einzelfall.
„Hier kommt es auf den Einzelfall an, dies regelt die Verordnung nicht“, sagt Karolina Wojtal. Ein Anspruch gegen die Airline, den Reiseveranstalter oder den Flughafenbetreiber bestehe nur, wenn sich der Fluggast rechtzeitig vor dem Abflug am Flughafen eingefunden hat.
Flug verpasst wegen Warteschlangen – was nun?
Ist man rechtzeitig am Flughafen und droht, wegen langer Warteschlangen dennoch den Flug zu verpassen, sei es wichtig, den Zeitablauf zu dokumentieren, sagte der Reiserechtler Paul Degott gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. So sollte man Fotos von einigen Situationen machen - etwa von der rechtzeitigen Ankunft am Flughafen, der Schlange im Terminal, der Zahl der geöffneten Schalter.
Sich selbst durch die Fluggastrechteverordnung wühlen und dann mit den Airlines in Kontakt treten - vor diesem Aufwand scheuen viele zurück. Hilfreich kann an der Stelle zum Beispiel die Flugärger-App der Verbraucherzentrale NRW sein. Mit der kostenlosen, für iOS und Android verfügbaren Anwendung können Reisende ihre Ansprüche prüfen und eine Mail an die Airline formulieren.
Das Europäische Verbraucherzentrum bietet ein browserbasiertes Selbsthilfe-Tool bei Flugproblemen. Einen Entschädigungsrechner gibt es auch beim Autofahrer-Club ADAC.
Das sollten Reisende beim Verlust ihres Koffers tun
Wenn der Koffer nicht am Reiseziel ankommt, ist das für Reisende in der Regel ein Schock. Trotzdem sollten Urlauberinnen und Urlauber versuchen, einen klaren Kopf zu behalten, um Fehler beim weiteren Vorgehen zu vermeiden.
Zunächst ist es wichtig, dass der Verlust des Koffers am Gepäckschalter gemeldet wird. Bei Pauschalreisen sollte außerdem umgehend der Reiseveranstalter informiert werden. Bei diesem können Reisende einen Minderungsanspruch geltend machen. Bedeutet: Durch den (vorübergehenden) Verlust entsteht nicht nur ein materieller Schaden, sondern er belastet den ganzen Urlaub.
Quittungen, etwa von Hygieneartikeln und Kleidungsstücken, die Urlauberinnen und Urlauber wegen des Verlust neu kaufen mussten, sollten aufbewahrt werden. Die Kosten können bei der Airline beziehunsgweise dem Reiseveranstalter geltend gemacht werden. Taucht der Koffer gar nicht mehr auf, steht Reisenden ein Schadensersatz von maximal 1.300 Euro zu – der gilt pro Passagier, nicht pro Gepäckstück. Ganz genau geregelt wird das im Montrealer Übereinkommen.
RND/dpa/jaf