Kaum zu glauben: Überraschende Fakten über den Harz
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/HN4J3BLD6NC2FFV7AOVDHHSD4Y.jpg)
Die Wurzeln des Hexenbaums auf der Burgruine Lauenburg haben ein Tor über einen Teil der Ruinenmauern gebildet.
© Quelle: imago images/imagebroker
Was haben Käse und ein Singvogel mit dem Harz zu tun und warum ist das mystische Mittelgebirge Heimat der ältesten Familie der Welt? Das verraten wir dir hier. Begleite uns zu einer Tour der schrägsten und spannendsten Orte und überraschendsten Fakten, die du bestimmt noch nicht über den Harz gehört hast.
Deutschlands ältester Märchenwald
Zum Beispiel vom ältesten Märchenwald Deutschlands. Den „Märchengrund“ gibt es seit 1910 im Südharzer Kurstädtchen Bad Sachsa. Liebevoll geschnitzte Holzfiguren sind im Wald verteilt und zeigen Szenen berühmter Märchen. Ab und zu begegnen dir aber auch echte Prinzessinnen, der Froschkönig oder gar Frau Holle. Denn es gibt Kostüme zu leihen, in welche Besucherinnen und Besucher selbst schlüpfen können. Zum anderen werden verschiedene Veranstaltungen geboten. Gerade an Walpurgis wimmelt es dann im Wald vor Hexen und anderen Zauberwesen.
Überhaupt: Was wäre der Harz ohne die Hexen? Sie gehören zum Mittelgebirge wie der Brocken, zu dem sie in der Walpurgisnacht am 30. April fliegen und dort mit Teufel tanzen sollen. So wird es zumindest seit Jahrhunderten erzählt. Auf dem Blocksberg sei die Hölle los, war sich auch der Dichter und Naturgelehrte Johann Wolfgang Goethe sicher und hat den Brauch in seine Werke einfließen lassen.
Aktuelle Deals
Gleichwohl wusste Goethe, dass die Walpurgisnacht ihren Ursprung in vorchristlichen Frühlings- und Fruchtbarkeitskulten der Sachsen hat, die auf dem Brocken ihre naturreligiösen Rituale abgehalten haben. Dieser heidnische Brauch wurde durch die ersten christlichen Missionare, die im Mittelalter in den Harz kamen, fehlinterpretiert und zu einem diabolischen Götzentanz abgetan.
Was für ein Brocken
Hexen und Goethe gehören also fest zur Kultur des Harzes. Und so kannst du heute hier natürlich auch auf Goethes Spuren wandeln – etwa auf dem Goetheweg bis zum Brocken hinauf.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/CCJ7B2FX6NFNNBZP6P5A6IYXM4.jpg)
Wegweiser im Harz – auch zum Goetheweg.
© Quelle: imago/CHROMORANGE
Oben angekommen, hast du bei klarem Wetter teils Sicht bis zum Großen Inselsberg, bei sehr guter Sicht auf die Rhön und bei ausgezeichneter sogar bis zum Fichtelberg. Allerdings nur an etwa 50 Tagen im Jahr, denn der 1141 Meter hohe Gipfel gilt als der nebelreichste Europas. Dazu beträgt die Jahresdurchschnittstemperatur frische 3,5 Grad. Im Herbst und Winter fegen häufig Stürme über den Brocken: Im November 1984 wurde eine Windgeschwindigkeit von 263 km/h gemessen – bisheriger Rekord. Und auch meterhohe Schneeverwehungen gehören zum Winter auf dem Brocken.
Wenn du als Besucher den Gipfel per Dampflok der Harzer Schmalspurbahn oder per Pedes erklommen hast, kannst du die Ausmaße des Mittelgebirges erahnen: Ellipsenförmig erhebt sich der Harz wie eine Insel aus dem Norddeutschen Tiefland: etwa 110 Kilometer lang von Nordwesten nach Südosten und 30 bis 40 Kilometer breit. Der Ost- und Südharz werden allmählich flacher, wohingegen der nördliche Harzrand relativ steil abfällt. Du erkennst bei deinem 360-Grad-Ausblick auch deutlich die Berge und Täler des Harzes – leider zunehmend mit kahlen Totholzflächen.
Von den einst typischen, grünen Harzer Wäldern, die dem Gebirge seinen Namen verliehen haben, gibt es immer weniger. Der Name Harz leitet sich vom mittelalterlichen Wort „Hart“ ab, was so viel wie Bergwald bedeutet. Heute leiden die Bäume, vor allem die Fichten, unter der Trockenheit der vergangenen Jahre. Vor allem der Borkenkäfer freut sich über die geschwächten Bäume. Gleichzeitig erhöht sich durch die Trockenheit die Waldbrandgefahr – und so besitzt der Landkreis Harz seit März 2023 das erste Löschflugzeug Deutschlands.
Der Hexenbaum
Nicht nur der Brocken ist ein mystischer Ort im Harz. Ein wenig weiter gen Osten ragt ein weiteres Naturwunder empor: der Hexenbaum. Gemeint ist die Linde auf der Burgruine Lauenburg. Ihre Wurzeln haben ein Tor über einen Teil der Ruinenmauern gebildet. Mächtige, krakenartige Wurzelstränge krallen sich im Boden und Gemäuer fest, einem Wächter gleich.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/VBMO7A3WL5HWDIJBH2YG74CJJI.jpg)
Der Hexenbaum ist ein beliebtes Fotomotiv im Harz. Bei etwas Nebel wirkt die alte Linde geradezu mystisch.
© Quelle: imago/imagebroker
Auf dem Areal, auf dem sich dieser außergewöhnliche Baum befindet, stand vor Jahrhunderten eine große Haupt- und eine kleinere Vorburg, die Lauenburg. Wissenschaftler schätzen, dass der Baum und die Anlage seit der zweiten Hälfte des elften Jahrhunderts existieren und Reichsburg von Heinrich IV. gewesen sein soll. Auch Kaiser Barbarossa (Friedrich I.) soll laut Urkundenberichten hier gewesen sein: 1180, als er die damalige Höhenburg eingenommen hat. Später sollen Raubritter dort gehaust haben – bis sie im 14. Jahrhundert schließlich zerstört wurde. An manch nebeligen Tagen würde es nicht wundern, wenn ein Ritter unter dem Tor des Hexenbaums hervorspringen würde.
Durch den grünen Grand Canyon
Und vielleicht wäre dieser Ritter auf dem Weg durch das Bodetal, den grünen Grand Canyon des Harzes, wie manche ihn nennen.
Das Bodetal zählt zu den schönsten Schluchten Deutschlands und schlängelt sich am nordöstlichen Rand des Harzes oberhalb der Stadt Thale durchs Felsmassiv, begleitet vom Fluss Bode. Dieser hat sich in Millionen von Jahren tiefer und tiefer in den Fels gegraben. Ergebnis: eine wilde Schluchtenlandschaft, die du auf zwei möglichen Wanderwegen erkunden kannst. Natürlich hat das vor dir bereits Harz-Fan Goethe gemacht. Ihm zu Ehren und anlässlich seines 200. Geburtstages wurde der spitze Siebenbrüderfelsen im Tal zum Goethefelsen umbenannt.
Ratsam ist eine Erwanderung übrigens im Frühjahr und Sommer, denn in der kalten Jahreszeit ist die Gefahr eines Steinschlags zu hoch.
Älteste Familie der Welt lebt im Harz
… und zwar konstant seit 3000 Jahren rund um Bad Grund im Südharz. Sprich: Bereits 120 Generationen lang reicht der genetische Stammbaum der Familie Huchthausen zurück. Knochenfunde in einer Höhle aus der Bronzezeit und deren DNA-Analysen durch Wissenschaftler der Uni Göttingen belegen das. Im „HöhlenErlebnisZentrum“ in Bad Grund wird alles Bekannte über die älteste Familie der Welt, besonders deren Lebensumstände in der Bronzezeit, ausgestellt. Ein Highlight für Besucher, vor allem für Kinder, ist der originalgetreue und begehbare Nachbau des rund 40 Quadratmeter großen Höhlengrabs. Auch die mutmaßlichen Gesichter von drei einstigen Clan-Mitgliedern, einer Frau und deren Eltern, sind zu sehen. Sie wurden nach forensischen Methoden plastisch rekonstruiert.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/KOROSLLV75EIVMXWMISNWJMAGA.jpg)
160 Meter in den Fels gesprengt: Das „Museum im Berg“ stellt die älteste genetisch nachgewiesene Großfamilie vor. Rekonstruierte Gesichter eines Vaters, einer Mutter und ihrer Tochter sind hier unter anderem zu sehen.
© Quelle: Günter Jentsch/HEZ
Warum es diese Familie in den Harz gezogen hat, lässt sich nur mutmaßen, denn die Menschen haben die Gebirge eher gemieden. Waren sie doch unwegsam, das Klima rau und die dicht-dunklen Wälder schürten die Angst vor Geistern und Bedrohungen. Doch die Bodenschätze in den Gesteinen haben die Vorfahren zunehmend in den Harz gelockt. Bei Goslar wurden Erze nachweislich bereits im Tagebau zur Bronzezeit, also vor gut 3000 Jahren, abgebaut. Stollen tief in den Berg hineingetrieben haben sie damals nicht, dafür das erzhaltige Gestein aus dem Boden geschlagen. Die sogenannten Pingen, große Löcher im Waldboden, kannst du heute noch an vielen Stellen finden. Der Bergbau hat im Harz also ebenfalls eine lange Tradition.
Zweimal Harzer Roller
Zum Harzer Bergbau gehört der Harzer Roller. Zum einen ist damit die lokale Käsespezialität gemeint: ein rindenloser Käse aus Kuhmilch, der meist mit Kümmel gewürzt ist und mit viel Eiweiß und wenig Fett punktet.
Als Harzer Roller ist aber eine im Harz gezüchtete Kanarienvogelrasse bekannt. Sein melodischer Gesang ist auf der ganzen Welt bekannt dank des rollenden „R“ in seiner Zwitscherei. Das hat dem Vogel den Spitznamen „Harzer Roller“ verliehen.
Was sich für unsere Ohren niedlich anhört, hat in früheren Jahrhunderten Leben geredet. Die Kanarienvögel waren quasi der Rauchmelder der Bergleute. Denn wenn der Sauerstoff weniger wurde und der Kohlenmonoxid-Gehalt unter Tage anstieg, verstummten die Tiere und schnappten geräuschvoll nach Luft. Das war das lebensrettende Signal für die Arbeiter im Stollen.
Um 1740 sollen Tiroler Bergleute die Vögel in den Harz gebracht haben. Die Einwohner von Sankt Andreasberg begannen im 19. Jahrhundert mit der Zucht – ein wichtiger Nebenverdienst für die Bergleute – und brachten den Kanarienvögeln das spezielle, rollende Singen bei. Mehr über die Tradition kannst du im Kanarienvogel-Museum in der Grube Simon entdecken.
Mehr Inspiration gesucht? Tipps für alle Top-Reiseziele findest du beim reisereporter.