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Hoffen auf den Tourismus-Aufschwung

Tilos: Griechische Insel ist Vorreiter im Umweltschutz

Die griechische Insel Tilos setzt völlig auf Nachhaltigkeit - und hofft, damit Touristinnen und Touristen begeistern zu können.

Die griechische Insel Tilos setzt völlig auf Nachhaltigkeit - und hofft, damit Touristinnen und Touristen begeistern zu können.

Tilos. Als Standort zur Erprobung grüner Technologien wählte die griechische Regierung den abgelegensten Punkt auf der Karte: die winzige Insel Tilos. Die Bereitstellung von Strom und Grundversorgung, selbst der Zugang per Fähre sind eine Herausforderung für die Insel mit ihren nur etwa 500 Einwohnerinnen und Einwohnern. Eines der jüngsten Probleme war die Entsorgung von Plastikmüll.

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Doch nun gaben die Behörden bekannt, dass mehr als 80 Prozent der Abfälle auf Tilos recycelt werden. Eine Deponie, auf der einst unbehandelter Müll abgeladen worden war, wurde endgültig geschlossen. Den Großteil seiner Elektrizität produziert die Insel bereits seit 2019 selbst: mit einem Solarpark und einer Windturbine, die eine ununterbrochene Versorgung gewährleisten.

Tilos, eine nachhaltige Insel im Südosten der Ägäis

Das s-förmige Tilos gehört zu einer Inselkette im Südosten der Ägäis. Die meisten Strände dort sind leer, Ziegen grasen neben jahrhundertealten Kirchen, und die gezackten Berge riechen nach wildem Oregano. Selbstversorgung ist hier ein Muss und eine Frage des Stolzes – ebenso wie die Offenheit gegenüber technologischen Neuerungen.

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Auf der griechischen Insel Tilos wird der Müll nun getrennt und größtenteils recycelt.

Auf der griechischen Insel Tilos wird der Müll nun getrennt und größtenteils recycelt.

Am größten Hafen surren Elektrofahrzeuge an den Touristinnen und Touristen vorbei und transportieren Waren hin und her. Die Informationsanzeigen an den Bushaltestellen sind ebenso solarbetrieben wie eine Zufahrtsrampe zum Meer für Menschen mit Behinderung.

Tilos drohte in den 90er Jahren zur Geisterinsel zu werden

Der Bevölkerungsschwund auf Tilos habe die Notwendigkeit für Veränderungen erhöht, erklärt Bürgermeisterin Maria Kamma-Aliferi. „In den 90er Jahren waren noch 270 Menschen auf dieser Insel übrig“, sagt sie. „Es gab sehr wenige Geburten. Der Schule drohte die Schließung, weil es nur so wenige Kinder gab – ich war eines von ihnen.“ Tilos sei kurz davor gewesen, zur Geisterinsel zu werden.

Doch Kamma-Aliferi blieb und studierte an einer Fern-Universität Wirtschaft und öffentliche Verwaltung. „Wir standen kurz vor dem Abgrund, und ich glaube, das ist es, was uns jetzt motiviert“, sagt die Bürgermeisterin.

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Tilos hofft auf einen Tourismus-Aufschwung

Dieser Sommer dürfte die griechischen Inseln vor besondere Herausforderung stellen, denn nach mehr als zwei Jahren Corona-Pandemie wird nun ein neuer Aufschwung des Tourismus erwartet. Vielen Inseln mangelt es jedoch an Trinkwasser, und sie sind für die Stromproduktion auf teuren Dieselkraftstoff angewiesen. Von den etwa 200 bewohnten Inseln haben etliche im Sommer mit Stromausfällen zu kämpfen. Vielfach quellen die Müllhalden über, die normalerweise im Hügelland versteckt sind.

Tilos erwartet im Sommer 30.000 Besucherinnen und Besucher, das nahe gelegene Rhodos mehr als zwei Millionen allein per Flugzeug. Seit Dezember führt Tilos schrittweise ein Mülltrennungssystem für Haushalte ein. „Es funktioniert. Wir haben mit zehn Häusern angefangen, und jetzt sind wir bei mehr als 400“, sagt Athanasios Polychronopoulos, Chef des Recyclingunternehmens Polygreen, das den Service kostenlos anbietet und auf eine Expansion des Modells hofft.

Die griechische Insel Tilos hat eine S-Form.

Die griechische Insel Tilos hat eine S-Form.

Griechische Insel Tilos: Vorreiter in vielen Belangen

„Die Inselgemeinde ist offen für Veränderungen“, sagt er. „Sie hat freiwillig Geflüchtete aufgenommen und die erste gleichgeschlechtliche Verpartnerung möglich gemacht. Wir hatten andere Optionen, aber wir wussten, dass wir hier anfangen mussten.“

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Die alte Müllkippe wurde durch ein Recyclingwerk ersetzt. Dort wird heute auf stählernen Sortiertischen Abfall getrennt, um Glasstaub, Zement-Mischungen, Kompostdünger, Presspappe, Papiertrommeln und Kunststoffgarn herzustellen. Derzeit verarbeitet das Werk etwa zwei Tonnen Müll pro Woche, der Großteil wird voll recycelt, etwa ein Drittel kompostiert. Etwa 15 Prozent, die als nicht wiederverwertbar eingestuft werden, werden zur Verwendung im Bau sterilisiert und geschreddert.

Tilos hofft auf bis zu 30.000 Touristinnen und Touristen in diesem Sommer.

Tilos hofft auf bis zu 30.000 Touristinnen und Touristen in diesem Sommer.

Tilos ist nur zwei Stunden mit der Fähre von Rhodos entfernt

„Zu unserer Überraschung sind ältere Leute am besten bei der Mülltrennung“, erzählt Polychronopoulos. „Aber wenn man darüber nachdenkt, ergibt es Sinn: Sie können sich an die Situation erinnern, als es noch kein Plastik gab.“

Manche Inselbewohner erinnern sich auch an die Zeit, als Schiffe vor der Küste von Tilos noch ein seltener Anblick waren. Rhodos ist zwei Stunden mit der Fähre entfernt, die Fahrt bis zum griechischen Festland dauert auf diesem Weg 15 Stunden.

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„Wir haben uns immer gewundert, wo all das Plastik hinkommt“, sagt Nikos Atsiknoudas, der ein Restaurant an der Küste betreibt. „Und im Hinterkopf dachten wir immer, dass wir etwas unternehmen müssten.“

Ausländische Reisende schätzten das Recycling auf Tilos

Zwischen der Bedienung von Gästen, der Zubereitung von Essen und dem Abwischen von Tischen sortieren Atsiknoudas‘ Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Müll in farblich markierte Tonnen ein. „Es ist zusätzliche Arbeit, aber den langfristigen Nutzen kann niemand bestreiten“, sagt der Gastronom. „Wir haben viele ausländische Gäste. Sie sind mehr ans Recycling gewöhnt als wir, und sie lieben es.“

Offizielle Besucher auf Tilos sind indes selten und werden am Hafen stets mit großem Tamtam begrüßt. Zuletzt kam am Dienstag der griechische Energie- und Umweltminister Costas Skrekas zusammen mit Mitarbeitern aus dem Büro des Ministerpräsidenten, um das neue Recyclingwerk zu besichtigen. „Unsere kleinen Inseln haben es schwer wegen der Entfernung vom Festland und der (ökologischen) Belastung durch den Tourismus“, sagte er. „Wieder einmal ist die wunderschöne Insel Tilos eine Pionierin.“

RND/AP

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