Magnus Carlsen: das zähe Genie der Schachwelt
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Der amtierende Schachweltmeister Magnus Carlsen (l.) und sein Herausforderer Fabio Caruana sitzen sich am Schachbrett gegenüber.
© Quelle: PA WIRE
2004, Reykjavík, Island: Ein 14-jähriger Junge sitzt geduldig wartend vor seinem Schachbrett. Eine Weile später kommt sein Gegner. Es ist kein Geringerer als der vormalige Schachweltmeister und seinerzeit 41 Jahre alte Garri Kasparow, der immer noch die Spitzenposition der Weltrangliste innehat. Der Kleine wird wohl nach ein paar Zügen resignierend den König umwerfen und aufgeben? Weit gefehlt – er trotzt dem bis dato vielen Experten als bester Spieler aller Zeiten geltenden Kasparow ein Remis ab. Auch wenn es sich um eine Partie mit verkürzter Bedenkzeit handelte, war dies eine Schachsensation. Kasparow zog sichtlich geschockt von dannen. Der junge Magnus Carlsen saß etwas verloren, scheinbar aber die Ruhe selbst, vor dem staunenden Publikum.
17 Jahre später tritt der Norweger am Freitag als bereits viermaliger Weltmeister in Dubai zur Titelverteidigung gegen den gleichaltrigen Jan Nepomnjaschtschi aus Russland an. Inzwischen ist der Norweger seit zehn Jahren die Nummer eins der Weltrangliste und Topgroßmeister sehen nun in ihm den besten oder zumindest einen der besten Schachspieler aller Zeiten.
Magnus Carlsen: Schachgenie und Unternehmer
Neben seiner aktiven Schachkarriere leitet das Schachgenie, das bereits mit 13 Jahren, vier Monaten und 27 Tagen die Großmeisternormen erfüllte, mit der Play Magnus Group ein Unternehmen, das Onlineschachangebote und -dienste aufbauen beziehungsweise bereits bestehende zusammenführen möchte. Ziel ist die Popularisierung des Schachsports.
Zu dieser tragen auch die vielen Onlineübertragungen bei, die über die aktuelle WM berichten. Hier wird, wie schon bei den vorherigen WM-Kämpfen Carlsens, jeder einzelne Zug und jede Gefühlsregung der Spieler genauestens beobachtet und gedeutet. Mit Hochleistungscomputerprogrammen im Hintergrund analysieren Weltklassespieler die WM-Partien live und verschaffen so auch Amateuren ungefähre Einblicke in die Denkhorizonte der Protagonisten.
Seit 2011 hat Jan in zwei Partien sogar mit Schwarz gewonnen. Das zeigt, dass Jan ein unangenehmer Gegner für Magnus ist.
Sergej Karjakin,
ehemaliger WM-Kontrahent von Magnus Carlsen
Nach den beiden relativ souveränen Siegen gegen die 21 Jahre ältere indische Schachlegende Viswanathan Anand hatte Carlsen bei den letzten beiden Titelverteidigungen deutlich mehr zu kämpfen. Gegen den Russen Sergej Karjakin und den Italoamerikaner Fabiano Caruana, die beide zu Carlsens Generation gehören, stand es nach den regulären Partien jeweils Unentschieden. In den Stichkämpfen konnte Carlsen dann allerdings seine Stärke ausspielen: Er spielt selbst mit verkürzter Bedenkzeit immer noch fast fehlerlos brillant.
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Die russischen Schachspieler Vladimir Kramnik, links, und Jan Nepomnjaschtschi.
© Quelle: picture alliance / dpa
Doch Carlsens ehemaliger WM-Kontrahent Karjakin, der zu Jan Nepomnjaschtschis Team gehört, sagt mit Blick auf die bisherige Bilanz des jetzigen Herausforderers im direkten Duell mit dem Weltmeister: „Seit 2011 hat Jan in zwei Partien sogar mit Schwarz gewonnen. Das zeigt, dass Jan ein unangenehmer Gegner für Magnus ist. Aber nur das Match kann die Frage beantworten, wie unangenehm er ihm werden kann. Es verspricht, extrem interessant zu werden. Los, Jan!“
Karjakin erwartet „einen harten Kampf und kühne Kombinationen“. Er kennt den Spielstil der beiden und versucht, seinem Schützling Tipps zu geben, damit er möglichst verwirrende Stellungen erreichen kann, um seine Vorteile auszuspielen. Carlsen gilt zwar als vielseitigster Spieler und unglaublich zäher Kämpfer, doch seine unvergleichliche Stärke liegt vor allem in seiner Kreativität und im Ausnutzen allerkleinster Fehler des Gegners. Gewinnen wird am Ende wohl der Spieler, der aus Ungenauigkeiten des Rivalen Vorteile ziehen kann.