Der digitale Fußabdruck im world wide web ist schier grenzenlos und spielt auch im Erbrecht eine zentrale Rolle: der digitale Nachlass.
Der digitale Nachlass umfasst die Gesamtheit eines digitalen Vermögens. Also allem, was im Internet oder digital vom Nutzer hinterlassen wird. Hierunter fallen nicht nur Urheberrechte an Webseiten und Blogs, Cloud-Diensten sowie Domains, sondern sämtliche Vertragsverhältnisse und digitale Daten wie Benutzerkonten diverser Onlineanbieter und deren Zugangsdaten. Sich mit dem digitalen Nachlass auseinanderzusetzen, lohnt sich nicht nur im Zusammenhang von sozialen Netzwerken, sondern auch im Kontext von E-Mail Konten oder Streaming-Diensten.
Grundsätzlich unterfällt der digitale Nachlass dem Vermögen des Erblassers und zählt somit in die Erbmasse. Das bedeutet, dass der digitale Nachlass anderen Erbgegenständen gleichzusetzen ist. Dies hat der Bundesgerichtshof mit einem Grundsatzurteil vom 12. Juli 2018 entschieden. So dürfen die Erben zum Beispiel über Profile sozialer Medien oder die Daten von E-Mail Konten frei verfügen. Dies setzt jedoch die Kenntnis der Erben über Nutzerkonten und Onlineverträge voraus. Jedoch kaum ein Erbe verfügt hierüber, was bei kostenpflichtigen Angeboten schnell mit finanziellen Aufwendungen verbunden ist, welche aus der Erbmasse zu begleichen sind. Denn kostenpflichtige Verträge laufen nach dem Tod weiter und müssen von den Erben gekündigt werden, andernfalls bleiben Nutzerkonten aktiv, da die Anbieter im Regelfall keine Kenntnis vom Todesfall haben.
Bereits jetzt existieren jedoch eigene Servieangebote verschiedener Anbieter wie Facebook, Instagram und Google für Hinterbliebene. Mit einem Nachweis über den Erbfall, etwa durch einen Erbschein oder eine Sterbeurkunde, kann das Profil gelöscht oder in einen sogenannten Gedenkzustand versetzt werden. Zu Lebzeiten kann in den Nutzereinstellungen bereits festgelegt werden, was mit den Daten nach dem Tod geschehen soll, auch wer Zugriff auf die Daten haben soll.
So stellen sich die Fragen: Wer soll mein digitales Erbe verwalten? Sollen meine Erben Zugang zu meinem digitalen Nachlass erhalten? Falls ja, wie kann ich diesen Zugang gewährleisten? Sollen Passwörter und Zugangsdaten an die Erben weitergeben werden, so empfiehlt sich das Erstellen einer Vorsorgevollmacht entsprechenden oder eines Vermerkes im Testament. Das erleichtert es den Erben, auf den digitalen Nachlass zuzugreifen. Dabei bietet es sich an, schriftlich festzulegen, was im Erbfall mit den Nutzungsdaten geschehen soll, damit auch hinsichtlich des digitalen Nachlasses der letzte Wille des Erblassers befolgt wird. Durch eine Vorsorgevollmacht ist es möglich, jede natürliche Person des Vertrauens als digitalen Nachlassverwalter einzusetzen. Hierbei gilt es zu beachten, dass die Vorsorgevollmacht über den Tod hinaus Bestand haben soll. Eine Regelung hierüber sollte daher ausdrücklich getroffen werden. Eine Vorsorgevollmacht beinhaltet eine schriftliche Regelung darüber, was im Falle von Krankheit oder Tod mit den Daten passieren soll, wenn die Online-Accounts nicht mehr selbstständig verwaltet werden können.


So sind die Zugangsdaten zur Verfügung zu stellen, um den Erben oder dem Nachlassverwalter einen Überblick über bestehende Kundenkonten zu geben. Es empfiehlt sich eine Auflistung der jeweiligen Anbieter und Accounts mit Benutzernamen sowie aktuellen Passwörtern und der Festlegung, was mit den Nutzerkonten und digitalen Daten geschehen soll und wer Zugang zu den Daten erhalten soll. Die Liste sollte sicher verwahrt werden, damit die Daten zu Lebzeiten geheim bleiben. Es bietet sich daher eine digitale Vorsorgeurkunde an, in der die Daten gespeichert und auf einem Datenträger in einem Tresor oder Bankschließfach hinterlegt werden können. Möglich ist auch eine analoge Auflistung auf Papier. Die Liste sollte jedoch stets aktualisiert werden. Der Vertrauensperson sollte sodann auch der Aufbewahrungsort mitgeteilt werden.
Sollen die Erben keinen Zugang zum digitalen Nachlass erhalten, empfiehlt sich die Anordnung einer Testamentsvollstreckung in einer letztwilligen Verfügung zum Beispiel einem Testament. Im Rahmen einer testamentarischen Anordnung kann der Erblasser dem Testamentsvollstrecker konkrete Anweisungen erteilen, wie der digitale Nachlass abzuwickeln ist. So kann er beispielsweise verfügen, dass Vertragsverhältnisse zu kündigen oder Nutzerkonten zu löschen sind. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass der Testamentsvollstrecker auch die Zugangsdaten des digitalen Nachlasses benötigt.
Zusammenfassend ist es daher wichtig, sich vorausschauend Gedanken über die Regelung eines digitalen Nachlasses zu machen. Denn das digitale Leben endet nicht zwangsläufig mit dem Tod. LORENA WIPPERMANN, Assessorin Jur. bei Rechtsanwaltskanzlei und Notariat Klingebiel & Glahe in Duderstadt