Debatte über 42-Stunden-Woche: Wie lange arbeiten Menschen in anderen Ländern?
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Ein Schreibtisch in einer Behörde.
© Quelle: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dp
Der Vorschlag von BDI-Präsident Siegfried Russwurm, die Wochenarbeitszeiten in Deutschland auf 42 Stunden auszuweiten, hat eine Debatte über eine Anhebung der Regelarbeitszeit ausgelöst. In Deutschland müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer meist 40 Stunden pro Woche arbeiten. Jedoch gibt es tarifliche und betriebliche Regelungen, nach denen die wöchentliche Arbeitszeit auf 37,5 oder 38,5 Stunden verkürzt wird.
Die Arbeitszeit zu erhöhen ist kein neuer Vorschlag. In einzelnen Bundesländern gab es in der Vergangenheit immer wieder Vorstöße. In Bayern wurde 2004 unter Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) eine 42-Stunden-Woche für Beamte eingeführt. Die Proteste waren jedoch groß, sodass diese Regelung schrittweise rückgängig gemacht wurde und wieder die 40-Stunden-Regelung galt. Noch vor einem Jahr wollte Nordrhein-Westfalen eine 44-Stunden-Woche für Beamte auf freiwilliger Basis einführen. Dieses Modell konnte sich jedoch nicht durchsetzen.
35-Stunden-Woche in Frankreich
In Frankreich gilt für alle die 35-Stunden-Woche. Ausgenommen sind Berufe, in denen wöchentlich mehr Arbeitszeit anfällt, wie etwa bei Führungskräften oder Außendienstmitarbeitern. In diesem Fall gibt es eine individuell vertraglich vereinbarte Pauschale für die wöchentlich oder monatlich geleistete Stundenanzahl.
In Italien liegt die gesetzlich vereinbarte Arbeitszeit bei 40 Stunden pro Woche. In bestimmten Berufen verkürzen vereinbarte Tarifverträge allerdings die Dauer. So wie in Deutschland darf in keinem Fall die durchschnittliche Arbeitszeit von 48 Stunden pro Woche überschritten werden.
In Österreich sind die Wochenarbeitszeiten ähnlich, hier sieht das Gesetz eine Normalarbeitszeit von acht Stunden pro Tag beziehungsweise 40 Stunden pro Woche vor. In vielen Tarifverträgen ist jedoch schon eine verkürzte Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden die Regel. Außerdem darf die tägliche Arbeitszeit neun Stunden betragen, wenn gleichzeitig das Wochenende etwas verlängert wird. Der Arbeitnehmer hat dann Anspruch auf den „kurzen Freitag“.
Modellversuche in Schweden
In Schweden gilt zwar eine 40-Stunden-Woche, doch in dem skandinavischen Land wird immer häufiger mit einer kürzeren Wochenarbeitszeit experimentiert. So haben Städte wie Stockholm oder Göteborg bereits den Sechs-Stunden-Tag getestet. Beispielsweise wurden in Krankenhäusern und in Kindertagesstätten die Arbeitszeit um zwei Stunden gekürzt. Dieses Arbeitszeitmodell soll die Jobs attraktiver gestalten.
Vier-Tage-Woche in Island
In Island geht man noch weiter. Das nordeuropäische Land führte im vergangenen Jahr die Vier-Tage-Woche ein. Das Modell sieht vor, dass die Wochenarbeitszeit von 40 auf 35 oder 36 Stunden verkürzt wird, das Gehalt jedoch gleich bleibt. Studien hatten belegt, dass sich das Wohlbefinden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter extrem verbessert habe. Gleichzeitig hätte sich die Produktivität nicht verringert, teils sogar erhöht, und die Menschen hätten mehr Zeit für ihr Privatleben.
Ein ähnliches Arbeitsmodell wird derzeit in Großbritannien getestet. Im Juni gibt es dort ein Pilotprojekt, bei der die Arbeitswoche verkürzt werden kann. Freitag soll der neue Samstag werden, heißt es – die Menschen sollen also einen zusätzlichen freien Tag bekommen. Etwa 70 Firmen mit mehr als 3300 Beschäftigten nehmen an dem Versuch teil. Er soll sechs Monate laufen und trägt den Namen „100:80:100-Modell“. Das bedeutet: Die Teilnehmer bekommen den gleichen Lohn für 80 Prozent der geleisteten Arbeit, verpflichten sich aber zu 100-prozentiger Produktivität.
Mehr Zufriedenheit mit nur 32 Stunden
Teilweise wird dieses neue Modell auch in Deutschland schon umgesetzt. So hat das Hamburger Softwareunternehmen Knowhere angekündigt, ab August 2022 eine Vier-Tage-Woche für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzuführen. Der Freitag sei frei und die Wochenarbeitszeit werde von 40 auf 32 Stunden reduziert – bei gleichem Gehalt.
Auch bei der Marketingfirma Vereda aus Münster haben die Beschäftigten freitags frei. Die Menge an Arbeit würde nicht reduziert, heißt es vom Unternehmen. Alle Mitarbeiter würden mit 32 Stunden zufriedener sein.
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