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Abgasskandal: Autoindustrie soll Manipulationen bereits ab 2006 geplant haben

Abgase kommen aus dem Auspuff eines Autos (Symbolbild).

Abgase kommen aus dem Auspuff eines Autos (Symbolbild).

Die Automobilindustrie soll die Abgasmanipulation der Dieselfahrzeuge bereits ab dem Jahr 2006 in großem Stil geplant haben. Das berichten der „Spiegel“ und der Bayerische Rundfunk (BR) unter Berufung auf eigene Recherchen.

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Den Berichten zufolge sollen die Automobilhersteller Volkswagen, Audi, Porsche, BMW, Daimler, Fiat und Toyota beim Automobilzulieferer Bosch 44 Abschalteinrichtungen für Dieselmotoren bestellt haben. Ingenieure des Unternehmens hätten demnach in den vorliegenden Unterlagen von 2006 und 2009 darauf hingewiesen, dass die gelieferten Funktionen für illegale Zwecke genutzt werden könnten. Mithilfe der Abschalteinrichtungen hätten die gesetzlich vorgeschriebenen Abgasgrenzwerte auf dem Prüfstand eingehalten werden können, obwohl sie dies in Wirklichkeit nicht taten.

Auch BMW soll bei Bosch Abschalteinrichtungen bestellt haben

In geheimen Unterlagen, die „Spiegel“ und BR nach eigenen Angaben vorliegen, soll Bosch zudem aufgeführt haben, welche Software­funktionen das Unternehmen für welche Automobilhersteller programmiert hat. Vor allem Dieselaggregate seien betroffen, aber auch Benzinmotoren.

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Daimler und Fiat sollen eine Funktion mit der Bezeichnung „SCR dosing limitation“ geliefert bekommen haben. Diese reduziere die bei SCR-Katalysatoren zur Dieselabgas­reinigung notwendige Zuführung von Harnstoff (Adblue) – „über Bauteilschutzgründe hinaus“. Das Fahrzeug sei so deutlich schmutziger unterwegs.

Audi, VW und BMW hätten zwei weitere Funktionen mit den Bezeichnungen „SCRLdG_Main“ und „SCR-Füllstandsregler“ geliefert bekommen. Wie die Medien unter Berufung auf die Geheimunterlagen berichten, sorgen diese Funktionen dafür, dass das System bei der Abgasreinigung weniger Harnstoff verbraucht. BMW betonte seit Beginn des Dieselskandals wiederholt, niemals unzulässige Abschalteinrichtungen in seinen Modellen eingesetzt zu haben.

Erneute juristische Konsequenzen für die Branche fraglich

Aus Sicht des Umwelt- und Verbraucherverbands Deutsche Umwelthilfe (DUH) zeigten die bisher unveröffentlichten Dokumente noch einmal das Ausmaß des Dieselbetrugs in der Autoindustrie – den Strafverfolgungsbehörden waren die Unterlagen eigenen Angaben zufolge schon bekannt. „Diese zeigen die aktive Rolle der Dieselkonzerne bei der Beauftragung der Betrugssoftware – trotz nachgewiesener Kenntnis über die rechtlichen Probleme“, teilte der Verein am Donnerstag mit.

Ob die Veröffentlichung der Dokumente erneut juristische Konsequenzen für die Branche nach sich zieht, ist fraglich. Der Staatsanwaltschaft Stuttgart zufolge lagen zumindest ihr die Unterlagen im Ermittlungsverfahren gegen Bosch im Jahr 2019 bereits vor. Entsprechend werde nun kein weiteres Verfahren eingeleitet, teilte die Behörde am Donnerstag auf Anfrage mit. Bosch selbst betonte: „Die angeführten Punkte sind nicht neu und allesamt aufgearbeitet.“

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Der zuerst bei Volkswagen bekannt gewordene Abgasskandal dreht sich um den Einsatz von Softwarefunktionen in der Reinigung von Dieselabgasen, mit deren Hilfe die gemessenen Abgaswerte gegenüber den tatsächlich ausgestoßenen Emissionen geringer erscheinen sollten. In einigen Fällen wurden dabei illegale Programme entdeckt. Umstritten ist aber auch die rechtliche Grauzone rund um die sogenannten Thermofenster – also das Herunterregeln oder gar Abschalten der Abgasreinigung in bestimmten Temperaturbereichen, offiziell um Motorbauteile zu schützen.

RND/nis mit dpa

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