Scholz und Geywitz legen Papier vor: So soll bezahlbarer Wohnraum entstehen
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Bundeskanzler Olaf Scholz und Klara Geywitz am „Bündnis-Tag“ zu bezahlbarem Wohnraum.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Berlin. 400.000 Wohnungen im Jahr sind das Ziel: Mit diesem Versprechen ist die Bundesregierung 2021 in den Wahlkampf gezogen und hat dafür ein Bündnis für bezahlbaren Wohnraum ins Leben gerufen. Sechs Monate nach der ersten Sitzung jetzt die ersten Ergebnisse: Bundeskanzler Olaf Scholz und Bauministerin Klara Geywitz (beide SPD) legten am Mittwoch vor, was die 35 Bündnispartner erarbeitet haben.
Es sei ein Paket, das Gewicht habe, sagte Bauministerin Geywitz über die insgesamt 187 Maßnahmen. Um den Wohnungsbau anzukurbeln und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, setzt die SPD-Politikerin beispielsweise auf serielles oder modulares Bauen und will dafür die Landesbauordnungen anfassen. Um Menschen mit geringem Einkommen zu unterstützen, soll im kommenden Jahr zudem ein 500 Millionen Euro schweres Programm aufgelegt werden. Auch Dächer will die Ministerin stärker in den Fokus nehmen: „Dachflächen sind Bauflächen“, so Geywitz. Man wolle es durch einen Abbau von Bürokratie deutlich einfacher machen, auf Dachgeschossen zu bauen. Insgesamt setzt sie auch auf die Digitalisierung, die Prozesse einfacher machen und den Bau ankurbeln soll.
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400.000 Wohnungen zunehmend unrealistisch
Obwohl sich die Stimmen mehren, die das 400.000-Wohnungen-Ziel mittlerweile für unrealistisch halten, will die Bundesregierung es weiter angehen. Als Scholz und Geywitz vor die Presse traten, um die Ergebnisse des „Bündnis-Tags für bezahlbaren Wohnraum“ zu verkünden, versicherte der Kanzler: „Wir halten an dem Ziel fest.“ Obwohl die Zeiten mittlerweile schwieriger geworden seien, habe sich an der Notwendigkeit nichts geändert. Bei einem Viertel der von der Ampel angekündigten 400.000-Wohnungen-Offensive soll es sich um Sozialwohnungen handeln.
Das Papier sei Ergebnis eines „harten Arbeitsprozesses“, sagte die Ministerin, die aber auch betonte, dass es sich bei dem Bündnis-Tag um einen „wichtigen Zwischenschritt“ handele. Die nächste Zusammenkunft sei bereits für Dezember geplant.
IG Bau: Bedarf an bezahlbarem Wohnraum ist hoch
Von dem Bündnis gehe ein starker Impuls der Politik für bezahlbaren und klimagerechten Wohnbau aus, sagte IG-Bau-Chef Robert Feiger. „In Zeiten, in denen explodierende Bau- und Materialkosten und Zinsen dem Wohnungsneubau die Luft abzuschnüren drohen, ist es umso wichtiger, dass der Bauwirtschaft und ihren Beschäftigten klar signalisiert wird, dass sie und ihre Fähigkeiten immer noch gebraucht werden“, so Feiger. Für ihn bestehe kein Zweifel, dass der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum weiterhin hoch sei.
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Olaf Scholz und Bundesbauministerin Klara Geywitz nehmen im Kanzleramt an einem Expertentreffen zum Thema bezahlbarer Wohnraum teil.
© Quelle: Markus Schreiber/AP/POOL/dpa
Positiv wertet der IG-Bau-Chef, dass sich das Bündnis zu einer Stärkung der Tarifbindung bekennt. „Der Fachkräftemangel am Bau ist im Wesentlichen ein hausgemachtes Problem der Branche und kann nur gelöst werden, wenn die Beschäftigten die Wertschätzung erfahren, die sie verdienen.“
Allerdings gibt es auch Kritik an dem Abschlussdokument: Laut Feiger liefere es nur einen Teil der Antworten, die die Politik auf die Krise der Energie- und Lebenshaltungskosten geben müsse. „Fragen der sozialverträglichen energetischen Sanierung von Wohnungen wurden nur ganz am Rande besprochen. Dabei ist dies gerade angesichts der explodierenden Kosten für Haushaltsenergie und Wärme im Moment eins der, wenn nicht das wichtigste Problem der Wohnungspolitik.“ Auch sei für ihn unverständlich, wieso sich das Bündnis nicht mit dem sozialen Mietrecht befasst habe. Justizminister Marco Buschmann (FDP) müsse jetzt „dringend liefern“.
Kritik am Neubaufokus und Forderung nach „mehr Wucht“
Die Deutsche Umwelthilfe sparte nicht mit Kritik. Das Ergebnis sei ernüchternd – der Fokus liege zu einseitig auf dem Neubau. Das lasse die hohen Sanierungs- und Energiekosten für Millionen Menschen unberücksichtigt.
Der Hauptverband der deutschen Bauindustrie sieht in dem Paket wichtige Punkte, um den Wohnungsbau voranzubringen. „Wir stehen hinter dem Ergebnis“, sagte Präsident Peter Hübner. Allerdings befinde man sich nicht in Normalzeiten, weshalb mehr nötig sei, um den Bedarf an bezahlbarem Wohnraum auch in Krisenzeiten zu decken. Denn keine Wohnung sei keine Option, so Hübner. „Wir brauchen daher mehr Wucht im Wohnungsbau, der nur durch eine massive Förderung des Neu- und Umbaus, eine Unterstützung der Kommunen für wichtige soziale Infrastrukturen wie Schulen, Straßen und Kitas sowie steuerliche Anreize gelingen kann. Nur dann können bezahlbare Mieten, wirtschaftliche Bauprojekte und Klimaschutz in Einklang gebracht werden“, sagte er.