Milliardenprojekt wackelt

Projekt Trinity: VW-Chef Blume verschiebt den großen Hoffnungsträger

Verschiebt das Projekt Trinity: VW‑Konzerngeschäftsführer Oliver Blume.

Verschiebt das Projekt Trinity: VW‑Konzerngeschäftsführer Oliver Blume.

Wolfsburg. Das Projekt Trinity sollte der große Wurf von VW werden, um Tesla Paroli zu bieten. Doch die massiven Probleme in der Softwareentwicklung des Konzerns verhindern den geplanten Start des Autos 2026. Der neue Konzernchef Oliver Blume will das Renommierprojekt seines Vorgängers Herbert Diess um mehrere Jahre verschieben. Damit dürfte die eigens geplante neue Fabrik in Wolfsburg-Warmenau überflüssig sein. „Die Entscheidung erscheint ziemlich hinfällig“, heißt es in Konzernkreisen.

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Zunächst hatte das „Manager Magazin“ über die Pläne berichtet, kurz darauf reagierten Blume und der VW‑Markenchef Thomas Schäfer in einer internen Mail, die dem RND vorliegt. Man nutze „aktuell die Gelegenheit, alle Projekt und Investitionen anzuschauen und auf Tragfähigkeit zu prüfen“, heißt es darin. Es sei noch nichts entschieden, und die Beschäftigung im Wolfsburger Stammwerk werde weiter gesichert. „Wir lassen niemanden im Regen stehen.“

E‑Auto Trinity sollte Schlafen am Steuer ermöglichen

Trinity soll in mehrfacher Hinsicht Maßstäbe setzen. Das Elektroauto wird mit dem neuesten Stand der Software ausgerüstet und damit zum autonomen Fahren nach Level vier fähig sein. Das ist die zweithöchste Stufe, bei der man am Steuer schlafen darf und nur auf ein Warnsignal hin eingreifen muss. Gleichzeitig soll das Fahrzeug auf wenige Varianten reduziert werden, um es sehr schnell und günstig bauen zu können. Auch hier ist Tesla das Vorbild. Weil das neue Produktionskonzept im alten Wolfsburger Werk angeblich nicht unterzubringen wäre, wird in der Nähe eine neue Fabrik für rund 2 Milliarden Euro geplant.

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Das scheint sich nun erledigt zu haben, denn wenn Trinity erst Ende des Jahrzehnts auf den Markt kommt, wäre mehr Zeit, um das Stammwerk umzurüsten. Außerdem dürfte die Produktion der klassischen Modelle dort – aktuell vor allem Golf und Tiguan – dann bereits deutlich schrumpfen, weil von 2035 an in der EU keine neuen Verbrenner mehr auf die Straße kommen sollen. Das neue Werk hatten vor allem Personalvorstand Gunnar Kilian und der damalige Chef der Marke VW, Ralf Brandstätter, vorangetrieben, der inzwischen das China-Geschäft verantwortet.

Die absehbare Beschäftigungslücke durch den verspäteten Trinity-Start sollten neue Elektroautos füllen, heißt es intern. Das könnten E‑Versionen von Golf und Tiguan auf Basis der vorhanden VW‑Elektroplattform sein. Die aktuellen „Herausforderungen“ änderten nichts daran, „dass das Werk Wolfsburg die Transformation in diesem Jahrzehnt wegweisend gestalten wird – und zwar bei Modellen, Arbeitsplätzen, Produktionstechnologie und nicht zuletzt auch beim Volumen“, sagte ein Sprecher des Konzernbetriebsrats.

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Als erster Autohersteller hat Mercedes-Benz in Deutschland eine Lizenz zum hochautomatisierten Fahren der Stufe drei erhalten. Seit 2017 ist das nach dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) auf deutschen Autobahnen zugelassen – wenn auch mit etlichen Einschränkungen. Ein Selbstversuch mit dem neuen Elektroflaggschiff EQS.

Die Probleme bei Trinity waren bekannt

Probleme bei Trinity waren bekannt, die deutliche Verschiebung kommt nun aber ebenso überraschend wie das wahrscheinliche Aus für das neue Werk. Markenchef Schäfer, wie Blume noch neu im Amt, hatte vor drei Wochen lediglich angedeutet, dass sich das Projekt leicht verzögern könnte. „Das Ding muss sitzen“, sagte Schäfer, dafür werde man notfalls auch den Termin verschieben.

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Die Wurzel des Problems sind die massiven Startprobleme bei Volkswagens konzerneigener Softwaregesellschaft Cariad. Diess hatte dort Tausende Entwickler und Entwicklerinnen zusammengezogen, um ein eigenes Betriebssystem für die Autos zu programmieren. Erste Versionen arbeiten bereits, den großen Sprung zum autonomen Fahren soll aber die Variante 2.0 bringen, und die hängt weit hinter dem Zeitplan. Ob sich deshalb neben Trinity auch andere Projekt verzögern, ist nicht bekannt.

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Kritiker: Modellentwicklung zu kurz gekommen

Blume sieht die großen Softwareambitionen seines Vorgängers schon lange skeptisch und hat sich als Porsche-Chef mit seiner Luxusmarke bereits vom Betriebssystem 2.0 verabschiedet. Mit der Übernahme der Konzernführung hat er Cariad auf den Prüfstand gestellt und will klären, was der Konzern im Softwarebereich wirklich selbst machen soll. In Zukunft dürfte wieder mehr bei Spezialisten und Spezialistinnen eingekauft werden.

Diess musste vor allem wegen der Cariad-Probleme gehen. Kritikerinnen und Kritiker warfen ihm aber auch grundsätzlich vor, dass in seiner radikalen Neuausrichtung des Konzerns die Produktqualität und die Modellentwicklung zu kurz gekommen seien. Blume soll das korrigieren und nutzt den Rückhalt auf Aktionärs- und Arbeitnehmerseite offenbar für grundlegende Weichenstellungen.

Die Planungsrunde für die nächsten fünf Jahre, die normalerweise Mitte November beschlossen wird, wurde bis ins nächste Jahr hinein verlängert. Dabei dürfte es deutliche Änderungen an der Modellpolitik geben: „Wir wollen wieder die Autos bauen, die unsere Kundinnen und Kunden seit Jahrzehnten von uns gewohnt sind“, schreiben Blume und Schäfer in ihrer Mail.

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