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Bierkonsum steigt nach langer Durststrecke

Die Brauer hoffen auf den Nachholbedarf

In den vergangenen Monaten ist der Bierkonsum – nach einer langen Durststrecke – wieder angestiegen.

In den vergangenen Monaten ist der Bierkonsum – nach einer langen Durststrecke – wieder angestiegen.

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Der deutsche Biermarkt ist im vergangenen Jahr erstmals seit langer Zeit wieder nennenswert gewachsen. Grund zum Jubeln hat die Branche trotzdem nicht, denn die Zahlen des Jahres 2019 sind noch nicht wieder erreicht – mit wenigen Ausnahmen wie Veltins: Die Brauerei in Meschede verkaufte 2022 mehr Bier als je zuvor. „Zum Schwarzsehen gibt es trotz Marktrisiken keinen Grund“, sagt Unternehmenschef Michael Huber.

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So viel Gelassenheit bringen im Moment allerdings wenige auf. Bierkonsum und -produktion schrumpfen in Deutschland seit Jahren, in der Pandemie knickten die Kurven noch einmal deutlich nach unten. 2019 produzierten die deutschen Brauereien rund 92 Millionen Hektoliter Bier – das waren bereits 20 Prozent weniger als im Jahr 1995. Mit der Schließung von Kneipen und der Absage von Festen ging es weiter abwärts auf 85 Millionen Hektotliter.

Seit dem vergangenen Sommer hoffen die Betriebe auf den großen Nachholbedarf. Juni und Juli liefen nach Angaben des Deutschen Brauer-Bunds zwar noch „überaus schlecht“, aber im August könnte der Knoten geplatzt sein: Es wurde sogar mehr Bier verkauft als im Sommer 2019 vor der Pandemie. „Die Menschen hatten wieder richtig Lust auf Bier“, sagt Veltins-Marketingchef Volker Kuhl.

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Preiserhöhungen führen zu Umsatzsteigerung

Dank des Endspurts reichte es für den deutschen Biermarkt im vergangenen Jahr noch für 3 Prozent Wachstum auf rund 88 Millionen Hektoliter – mehr als in den beiden Vorjahren, aber immer noch weniger als 2019. Mindestens genauso wichtig für die Branche: Sie konnte Preiserhöhungen durchsetzen.

Bierbrauereien in Sorge: „Wissen nicht, ob wir im Herbst noch Bier brauen können“
Bierflaschen verschiedener Marke stehen in einem Supermarkt in Berlin, aufgenommen am 04.01.2016. Foto: Wolfram Steinberg/dpa

Die stark steigenden Preise und ein möglicher Gaslieferstopp aus Russland stellen die deutschen Bierbrauer vor große Herausforderungen.

Doch in der schwierigen Lage trennt sich zunehmend die Spreu vom Weizen. „Es gibt neben der allgemeinen Tendenz unterschiedliche Firmenkonjunkturen“, sagt Roland Demleitner, dessen Verband Private Brauereien Deutschland vorwiegend kleinere Betriebe vertritt. Wer die Kosten im Griff habe und eine starke Marke, nah an den Kundinnen und Kunden sei und den aktuellen Geschmack treffe, der sei auch in den vergangenen Jahren gewachsen.

Gelungen ist das zum Beispiel Veltins, wo der Bierausstoß seit der Jahrtausendwende um 40 Prozent zugenommen hat und auch in der Pandemie nicht schwächelte. Allein 2022 stieg er um gut 8 Prozent auf den Rekord von 3,4 Millionen Hektolitern. Nicht zuletzt dank der Preiserhöhungen kletterte der Umsatz doppelt so stark um 16 Prozent auf 419 Millionen Euro. Ende Januar will Veltins die Abgabepreise für den Großhandel erneut erhöhen.

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Die Branche steckt seit Jahren in einem heftigen Preiskampf. „Bier ist in Deutschland immer noch viel zu billig“, sagt Verbandschef Demleitner. Angesichts massiver Kostensteigerungen in fast allen Bereichen von der Kühlung bis zum Papieretikett seien weitere Preiserhöhungen nötig. Er hat allerdings Zweifel, ob sie auf breiter Front durchzusetzen sind: Aktuell würden drei Viertel der Bierproduktion zu Aktionspreisen unters Volk gebracht. Denn trotz des schrumpfenden Markts müssen noch rund 1500 Brauereibetriebe in Deutschland ausgelastet werden. Durch die – langsam abebbende – Craft-Beer-Welle sind sogar einige neue hinzugekommen.

Wer auf Dauer besteht, hängt nach Demleitners Überzeugung nicht von der Unternehmensgröße ab. Gewinner und Verlierer gebe es bei Konzernen und Kleinbetrieben gleichermaßen. „Die machen einen guten Job“, bescheinigt er etwa Veltins, die als siebtgrößte deutsche Brauereigruppe nicht Mitglied in Demleitners Verband sind. Mit dem 2020 neu eingeführten „Hellen Pülleken“ hat Veltins den jüngsten Trend zu hellen Bieren erwischt und kräftig befördert. Die kleinen Flaschen im Siebzigerjahre-Retrodesign, beworben mit ebensolchen TV-Spots, wurden zum Renner. Die Bitburger-Gruppe dagegen, die Nummer sechs in Deutschland mit zuletzt schrumpfendem Umsatz, trennte sich im vergangenen Frühjahr wegen „unterschiedlicher strategischer Auffassungen“ vom Chef.

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