BMW setzt auf Elektroautos – will den Verbrenner aber nicht ganz verbannen
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/AZ5WVETU7NGMVKE5SFC5LONE4A.jpg)
Bilanzpressekonferenz der BMW Group.
© Quelle: IMAGO/sepp spiegl
München. Ausgerechnet der deutsche Autobauer, der sich partout nicht auf Elektroautos allein verlassen will, bringt am meisten davon auf die Straße. 216.000 vollelektrische Fahrzeuge hat BMW 2022 verkauft und damit gut doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Gemessen am Gesamtabsatz, der um 5 Prozent auf 2,4 Millionen Autos der Marken BMW, Mini und Rolls Royce geschrumpft ist, sind das 9 Prozent. „2023 wollen wir einen globalen Elektroanteil von 15 Prozent“, kündigte Konzernchef Oliver Zipse zur Bilanzvorlage in München an und nannte auch die nächsten Schritte. 2024 solle jedes fünfte verkaufte Auto vollelektrisch sein, 2026 jedes dritte und vor 2030 gelte das für die Mehrheit aller Neuwagen weltweit.
„Wir lassen unsere europäischen Konkurrenten und viele aus Asien oder den USA elektrisch weit hinter uns“, betont Zipse in einer Momentaufnahme. Mit Ausnahme des US-Rivalen Tesla hat BMW derzeit in der Tat elektrisch die Nase vorn. „Sollte eine Regierung zu 100 Prozent elektrische Fahrzeuge verlangen, werden wir bereits sein zu liefern“, verspricht der BMW-Chef zudem. Im Auge hat er dabei die EU-Diskussion um ein Aus für neue Verbrenner ab 2035 und die damit verbundene Debatte um synthetische Biokraftstoffe (E-Fuels).
Warnung vor neuen Abhängigkeiten
„Elektromobilität hat für uns Priorität“, versichert der BMW-Lenker. Allein darauf verlassen will er sich aber im Gegensatz zu seinen Amtskollegen bei Mercedes oder Audi weiterhin nicht. „Wir brauchen mindestens ein zweites Standbein“, glaubt Zipse und meint damit Brennstoffzellenautos. In der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts könne bei BMW der Startschuss zur Serienfertigung dafür fallen. Vor allem abhängig sei das von ausreichend vielen Wasserstofftankstellen. Modelle der Neuen Klasse, wie BMW eine auf Elektromobilität ausgerichtete neue und ab 2025 geplante Fahrzeugarchitektur nennt, könnten damit angetrieben werden. Gut 500 Kilometer Reichweite pro Tankfüllung und drei bis vier Minuten zum Volltanken seien damit möglich.
Aber auch die technologische Vergangenheit hat bei BMW weiter eine Zukunft. „Wir sind Verfechter von Technologieoffenheit“, sagt Zipse zur Debatte um ein Verbrenner-Aus und E-Fuels. Letztere könnten vor allem mit Blick auf die Verbrennerbestandsflotten großen Beitrag zum Klimaschutz leisten. „Ich befürworte das, unsere Motoren sind darauf eingestellt“, sagt Zipse zu E-Fuels. Gegen ein Neuwagenverbot mit Verbrennungsmotor in der EU ab 2035 spricht seiner Meinung nach zum einen, dass die elektrische Ladeinfrastruktur derzeit überall zu langsam wächst. Zudem bringe eine einseitige Konzentration auf die Elektromobilität bei vielen dafür nötigen Rohstoffen neue Abhängigkeiten von wenigen Lieferanten.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/3NOYFYVVVBAQ7AB3DPE6VMH6PQ.jpg)
Klima-Check
Erhalten Sie den Newsletter mit den wichtigsten News und Hintergründen rund um den Klimawandel – jeden Freitag neu.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Mini und Rolls-Royce sollen ab 2030 vollelektrisch sein
China spricht Zipse dabei nicht namentlich an. „Vielfalt bedeutet Resilienz“, betont er aber in seinem Werben für ein vorläufiges Beibehalten der Verbrennertechnologie. Bei einer Branche wie der Autoindustrie mit ihrer enormen Bedeutung vor allem für Deutschland sei ein resilienter Ansatz sehr ratsam, findet Zipse. Selbst will BMW nur bei den Nebenmarken Mini und Rolls-Royce ein Verfallsdatum für Verbrennertechnologie setzen. Die beiden Töchter sollen ab 2030 vollelektrisch sein.
Mit dieser Strategie gemischter Antriebe fahre BMW seit Jahren anhaltend gut, findet Zipse. Mit seiner Neuwagenflotte habe BMW 2022 den für den eigenen Konzern geltenden Grenzwert für den Klimakiller Kohlendioxid (CO₂) damit um fast ein Fünftel unterboten. Der liege bei 127,5 Gramm CO₂ pro Kilometer. Erreicht habe BMW in seinem Mix aller Antriebsarten 105 Gramm. Auch unternehmerisch mache sich das bezahlt.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/VKVBQ2UE5JGZRBBAT6DW76WCOA.jpg)
Die Tankstelle der Zukunft: Wie die Mobilitätswende das Angebot verändern wird
Bereits heute bieten Tankstellen weit mehr als Zapfsäulen. Künftig werden sie zu Energyplaces oder Mobilityhubs, die etwa Schnellladesäulen, Austauschakkus und viele Dienstleistungen vorhalten. Doch auch konventionelle Kraftstoffe bleiben wohl noch länger Teil des Angebots.
9000 Euro Erfolgsbeteiligung und deutliche Aufstockung der Dividende
Der altersbedingt scheidende Finanzchef Nicolas Peter streicht einen um fast die Hälfte auf 18,5 Milliarden Euro gestiegenen Jahresüberschuss 2022 heraus. Dabei kam ein einmaliger Sondereffekt im mehrfachen Milliardenumfang zum Tragen. Der kam durch die Mehrheitsübernahme des chinesischen Gemeinschaftsunternehmens BBA zustande. Auch bereinigt um diese Effekte kann BMW aber 2022 im reinen Autogeschäft eine operative Gewinnmarge von 11,2 Prozent vorweisen, was zwar nicht Branchenspitze, aber doch ansehnlich ist.
Aktionärinnen und Aktionäre können sich über eine deutliche Aufstockung ihrer Dividende von 5,80 auf 8,50 Euro je Stammaktie freuen. Das Personal profitiert von 9000 Euro Erfolgsbeteiligung für einen typischen Facharbeiter. Zudem hat die global 150.000 Beschäftigte umfassende BMW-Belegschaft bei den Geschlechtern eine Lohngleichheit erreicht. 2023 soll auch weiter eingestellt werden.
BMW und die Autobranche
Wie alle Autohersteller hat BMW 2022 davon profitiert, dass die Nachfrage größer als das Angebot war. Weil Lieferketten wacklig blieben und vor allem ein Mangel an Halbleitern herrscht, gingen die Absatzzahlen branchenweit wie auch bei BMW nach unten. Zugleich führte der Mangel aber dazu, dass keine Rabatte gegeben werden mussten. Das erklärt, warum die Gewinne branchenweit trotz Stückzahlrückgängen gestiegen sind. In Hochlauf sind branchenweit zudem Stromer. Das Problem ist, dass die in der Herstellung teuerer sind und auf Kosten der Profitabilität gehen. BMW kontert das damit, dass Verkäufe am betont lukrativen oberen Ende des Premiumsegments forciert werden. Konkurrent Mercedes treibt das mit einen Verzicht auf weniger lukrative Modelle an dessen unteren Ende auf die Spitze. BMW hofft mit einer neuen Batteriegeneration ab 2025 zudem auch das Kostenproblem bei Elektroautos entschärfen zu können.
Geschäftlich planen die Münchner für 2024 nominell mit einer operativen Gewinnmarge von 8 bis 10 Prozent und vergleichbar gerechnet von 9 bis 11 Prozent bei einem diesmal wieder leichten Absatzplus von bis zu 5 Prozent. Das gilt aber nur für den Gesamtabsatz. Für Stromer ist weit höheres Wachstum geplant.