Die wichtigsten Fragen und Antworten

Chinas Pläne am Hamburger Hafen: Wie groß ist die Gefahr?

Das Containerschiff „Cosco Shipping Aries“ des chinesischen Unternehmens Cosco liegt in der Nacht am Containerterminal Tollerort der HHLA im Hamburger Hafen.

Das Containerschiff „Cosco Shipping Aries“ des chinesischen Unternehmens Cosco liegt in der Nacht am Containerterminal Tollerort der HHLA im Hamburger Hafen.

Das chinesische Staatsunternehmen China Shipping Group Company (Cosco) will in Deutschland expandieren und sich am Hamburger Hafen beteiligen. Die Sorge ist groß, dass sich Deutschland dadurch weiter von China abhängig macht und das Land dies ausnutzen könnte. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

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Welche Pläne hat Cosco am Hamburger Hafen?

Cosco möchte sich mit bis zu 35 Prozent an einem der vier Hamburger Terminals beteiligen. Die Bundesregierung gab am Mittwoch (26. Oktober 2022) zumindest für einen Anteil unterhalb von 25 Prozent grünes Licht. Genau genommen geht es um einen Anteil am Tochterunternehmen des Hamburger Hafenlogistikers HHLA, dem das Terminal gehört. Es handelt sich um das Containerterminal Tollerort mit vier Liegeplätzen, etwa einem Kilometer Kaimauer und einem eigenen Bahnhof. Schiffe mit 20.000 Containern können an den 14 Containerbrücken abgefertigt werden. Chinesische Containerschiffe laufen bereits seit 40 Jahren dieses Terminal an, vor allem Schiffe von Cosco. Der Konzern ist die drittgrößte Containerreederei der Welt und hält bereits Beteiligungen an 14 europäischen Häfen.

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Warum setzt der Hamburger Hafen auf Cosco?

In Hamburg ist die Hoffnung groß, durch einen chinesischen Miteigentümer zum bevorzugten Umschlagplatz für chinesische Produkte in Europa zu werden. „Der Standort Hamburg würde durch die Übernahme und dem damit verbundenen zu erwartenden höheren Engagement Coscos sicherlich gestärkt“, sagt Ökonom Alexander Sandkamp von der Universität Kiel. Bisher kommt etwa jeder achte Container am Hamburger Hafen aus China, mehr als eine Million Container. Der Hamburger Hafenlogistiker HHLA erklärte, der Cosco-Deal „stärkt die Lieferketten, sichert Arbeitsplätze und fördert Wertschöpfung in Deutschland“. Zugleich will man in Hamburg nicht den Anschluss verlieren. Gegenüber Rotterdam und Antwerpen hatte der Hamburger Hafen zuletzt Marktanteile verloren. Dieser Trend könnte sich verschärfen, da die Häfen von Genua und Triest mit chinesischer Hilfe derzeit ihre Kapazitäten ausbauen.

Gibt es bereits ähnliche Fälle?

Da die Hafenanlagen zur kritischen Infrastruktur gehören, hat man in Hamburg ausländischen Beteiligungen am Hafen und an einzelnen Terminals bisher immer eine Abfuhr erteilt. In Griechenland hat Cosco 2016 die Mehrheit an der Hafengesellschaft in Piräus erworben, einem der größten Häfen Europas. Dort wächst die Kritik an harten Arbeitsbedingungen und mangelndem Umweltschutz.

Außenministerin Baerbock fordert Strategie im Umgang mit China
 Annalena Baerbock Buendnis 90/Die Gruenen, Bundesaussenministerin, aufgenommen im Rahmen des Berlin Foreign Policy Forum der Koerber-Stiftung in Berlin, 18.10.2022. Berlin Germany *** Annalena Baerbock Buendnis 90 Die Gruenen , German Foreign Minister, recorded at the Berlin Foreign Policy Forum of the Koerber Foundation in Berlin, 18 10 2022 Berlin Germany Copyright: xFlorianxGaertnerx

„Wir müssen aus den Fehlern unserer Russland-Politik lernen“, so die deutsche Außenministerin am Dienstag auf einer Veranstaltung in Berlin.

Wie groß wäre der Einfluss von Cosco in Hamburg?

Beim Einstieg von Cosco handelt es sich um eine Minderheitsbeteiligung an der Containergesellschaft, der eines der Terminals gehört. Allerdings gibt es Berichte, wonach Cosco auch einen Geschäftsführer stellt und Mitspracherechte bei Entscheidungen bekommen soll. Mit der Begrenzung auf weniger als 25 Prozent soll der Einfluss nun aber reduziert und es eine reine finanzielle Beteiligung ohne Sonderrechte werden. Es soll Cosco unter anderem untersagt werden, sich vertraglich Vetorechte bei strategischen Geschäfts- oder Personalentscheidungen einräumen zu lassen.

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„Schon jetzt hat Cosco als wichtiger Kunde einen großen Einfluss auf den Hafen“, sagt Experte Sandkamp. Ob dieser Einfluss durch die Beteiligung maßgeblich steigt, sei fraglich. Der chinesische Staatskonzern erhalte „keinen Zugriff auf den Hamburger Hafen“, teilte Hafenlogistiker HHLA mit. Man behalte „die alleinige Kontrolle über alle wesentlichen Entscheidungen“ und das Terminal bleibe für alle Kunden offen. Cosco erhalte auch „keinen Zugriff auf strategisches Know-how“. Der Hafen und der Betrieb des Hafens bleiben weiterhin in öffentlicher Hand. An HHLA hält Hamburg 69 Prozent.

Was spricht gegen eine Beteiligung von Cosco?

Kritikerinnen und Kritiker fürchten, dass der zunehmende Aufkauf europäischer Infrastruktur durch China das Erpressungspotenzial erhöht. Die langfristige Strategie Chinas sehen Expertinnen und Experten wie Alexander Sandkamp darin, die Kontrolle über die gesamte Liefer- und Wertschöpfungskette zu erhalten. Die Risiken seien zwar überschaubar, da es sich nur um eine Minderheitsbeteiligung handelt. „Aber es gibt die berechtigte Sorge, dass mit der Anteilsübernahme und den angestrebten Managementpositionen eine größere Einflussnahme einhergeht“, sagt er dem RND. Auch stelle sich die Frage, wie mit Daten der betroffenen Kunden umgegangen wird. Beides soll nun durch eine Reduzierung der möglichen Beteiligung auf unter 25 Prozent verhindert werden. Cosco profitiert zudem als Staatskonzern erheblich von chinesischen Subventionen, deutsche und europäische Konzerne aber nicht – eine Wettbewerbsverzerrung. „Klar ist, dass die chinesische Regierung einen gewissen Einfluss durch Cosco erhält“, sagt Sandkamp.

Wie weit sind die Verhandlungen?

Der Vertrag ist bereits im September 2021 unterschrieben worden, doch es fehlt noch die Genehmigung der Bundesregierung. Zuständig ist Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der eine Zustimmung bisher ablehnte. Ein autoritärer Staat wie China dürfe keinen Einfluss auf die kritische Infrastruktur in Deutschland gewinnen, so die Begründung. Hamburg hoffte daher auf Unterstützung durch Bundeskanzler Olaf Scholz, der bis 2018 Erster Bürgermeister der Hansestadt war und gute Beziehungen zu Cosco gepflegt haben soll. Am Mittwoch einigte sich das Kabinett auf den Kompromiss, dass Cosco statt 35 Prozent nun lediglich weniger als 25 Prozent übernehmen darf. Ein weitergehender Erwerb oberhalb dieses Schwellenwerts werde untersagt. Ob der Konzern darauf eingeht, war zunächst unklar.

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Was passiert, wenn der Deal platzt?

Wenn die Beteiligung nicht zustande kommt, wäre dies „eine schwere Belastung für den Wirtschaftsstandort und eine einseitige, wettbewerbsverzerrende Benachteiligung Hamburgs gegenüber Rotterdam und Antwerpen, in denen Cosco bereits Terminalanteile besitzt“, sagte Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher. Längst ist ein Wettlauf zwischen den europäischen Häfen entstanden.

Wie reagiert China?

Die chinesische Regierung hat an Deutschland appelliert, offenzubleiben. Seit der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen vor 50 Jahren seien pragmatische Zusammenarbeit und gegenseitiger Nutzen immer Leitmotive gewesen, hieß es am Samstag in einer Erklärung des Außenministeriums. Beide Länder hätten an der Entwicklung des jeweils anderen intensiv teilgenommen und davon profitiert. China begrüße gegenseitig vorteilhafte Projekte, hieß es weiter in der allgemein gefassten Stellungnahme.

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