Die Folgen des Dieselskandals

Betrug beim Abgas: Noch immer stoßen Millionen Autos zu viel giftiges Stickoxid aus

Hohe Verkehrsdichte auf der Berliner Stadtautobahn 100 nahe der Autobahnausfahrt Kurfürstendamm. Noch immer stoßen Millionen Autos deutlich zu viel Stickoxid aus.

Hohe Verkehrsdichte auf der Berliner Stadtautobahn 100 nahe der Autobahnausfahrt Kurfürstendamm. Noch immer stoßen Millionen Autos deutlich zu viel Stickoxid aus.

Frankfurt am Main. Was der Umweltforschungsverbund ICCT am Donnerstag publik gemacht hat, ist eigentlich keine Neuigkeit. Es ist aber dennoch hoch brisant. „Unsere Überprüfung zeigt, dass das Problem der NOX-Emissionen bei allen Herstellern verbreitet ist“, heißt es zurückhaltend formuliert in einem ICCT-Blog. Im Klartext: Alle Autobauer haben bei den Abgaswerten von Dieselautos betrogen. Und noch immer werden riesige Mengen von giftigen Stickoxiden über viele Jahre in die Luft geblasen.

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Die ICCT-Experten haben nichts anderes getan, als die vorliegenden Daten von einer großen Zahl von Abgastests noch einmal zu überprüfen. Vor dem Hintergrund des jüngsten Urteils vom Europäischen Gerichtshof EuGH. Der hat festgestellt, dass Autokäuferinnen und Autokäufer auch ein Recht auf Schadensersatz haben, wenn „nur“ Thermofenster bei der Abgasreinigung eingesetzt werden. Dabei werden die Katalysatoren weitgehend abgeschaltet und Stickoxide (NOX) werden in großen Mengen emittiert.

19 Millionen Autos mit Abschalteinrichtungen

Die Daten beruhen auf Tests und Messungen, die nach Aufdeckung des Dieselskandals von 2016 an durchgeführt wurden, und zwar von Behörden im Labor und im Fahrbetrieb, aber auch von unabhängigen Organisationen. Berücksichtigt wurden unter anderem Tests am Auspuff mit mobilen Messgeräten, aber auch Abgasdaten, die bei vorbeifahrenden Autos erhoben wurden. Es drehte sich dabei um Dieselfahrzeuge, die zwischen 2009 und 2019 in Europa verkauft wurden. Danach wurden die Abgasnormen und die offiziellen Tests massiv verschärft: Seither werden die Schadstoffe auch im realen Fahrbetrieb berücksichtigt.

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Das Ergebnis der Analysen: Nach Hochrechnungen des ICCT sind aktuell in der EU und in Großbritannien noch rund 19 Millionen Dieselfahrzeuge unterwegs, die „verdächtige Emissionen“ aufweisen, und davon gebe es bei 13 Millionen „extreme Emissionen“. Teilweise waren seinerzeit NOX-Konzentrationen gemessen worden, die um ein Vielfaches über den zulässigen Werten lagen. Allein in Deutschland sollen mindestens 6,6 Millionen Autos noch unterwegs sein, die viel zu viel Stickoxid ausstoßen.

Laut ICCT brachte Volkswagen europaweit die meisten Fahrzeuge auf die Straße, die unter dem Verdacht stehen, erhöhte Schadstoffmengen zu erzeugen. Drei der zehn populärsten Modelle mit extremen Emissionen kämen von dem Wolfsburger Konzern. Es handele sich um Pkw mit dem EA189-Motor, für den zwar obligatorische Softwareupdates durchgeführt wurden, „die aber auch nach den Rückrufen noch Emissionen weit über den gesetzlichen Grenzwerten aufweisen“, so das ICCT.

Die Regierungen müssen jetzt handeln

Aber die beiden französischen Konzerne Renault-Nissan und PSA (heute: Stellantis) gehören zu den mutmaßlichen Sündern, ebenso wie Ford, Fiat-Chrysler, BMW, Mercedes und Hyundai.

Denn die Abweichungen von den Normwerten zeigt aus Sicht der Wissenschaftler, dass bei Diesel mit als „extrem“ eingestuftem NOX-Ausstoß „die Verwendung einer Abschalteinrichtung als fast sicher gelten“ könne. Auch etwas weniger erhöhte Werte deuteten auf die „wahrscheinliche Verwendung einer Motorkalibrierungsstrategie hin, die nach den jüngsten Urteilen des EuGH als verbotene Abschalteinrichtung eingestuft werden kann“.

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Für die EU-Mitgliedsstaaten und das Vereinigte Königreich sei es jetzt an der Zeit, das Problem der übermäßigen NOX-Emissionen von Dieselfahrzeugen umfassend anzugehen, schreiben die Umweltforscher in ihrem Blog.

Die Deutsche Umwelthilfe verlangt bereits vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA), sämtliche Dieselautos der früheren Abgasnormen 5 und 6 in Deutschland „mit den geltenden Bestimmungen in Einklang zu bringen und alle unzulässigen Abschalteinrichtungen entfernen zu lassen“. Es gehe um mehr als acht Millionen Pkw. Man habe bereits Rechtsmittel gegen das KBA eingelegt.

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