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Wer hält sich an die Regeln?

Kampf der Fahrdienst-Apps: Free Now will Uber und Bolt verbieten lassen

Die Brennstoffzelle in einem Wasserstofftaxi (Toyota Mirai) ist bei einem Medientermin zu sehen.

Die Brennstoffzelle in einem Wasserstofftaxi (Toyota Mirai) ist bei einem Medientermin zu sehen.

Frankfurt am Main. Muss nun das Totenglöckchen für das Taxi, so wie wir es kennen, geläutet werden? Immerhin nimmt die Zahl der beigen Limousinen mit der schwarz-gelben Leuchte auf dem Dach deutlich ab – wegen wachsender Billigkonkurrenz durch Fahrdienste wie Uber oder Bolt. Doch nun wird ein anderer Fahrdienst aktiv: Free Now will erreichen, dass den Rivalen die Geschäftstätigkeit verboten wird, weil sie gegen Gesetze verstießen.

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„Die Zeit rennt davon und die Behörden ducken sich weg. Wenn sie nicht bald aufwachen, sind die Taxis weg aus den Städten. Das geht verdammt schnell“, sagte Michael Oppermann, Geschäftsführer des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Einer der Hotspots des Zoffs im Beförderungsgewerbe ist Berlin. Uber hat für die Hauptstadt einen neuen Service angekündigt. Kunden können künftig „ihren Uber“ vorbestellen. Diese Dienstleistung gab es bislang nur von den beigen Autos. Das Berliner Taxigewerbe hat prompt eine Demo organisiert, wollte am Donnerstagabend vor dem BER-Airport gegen „Fahrgastklau“ protestieren. Mit den Vorbestellungen wird der Konkurrenzkampf in der Personenbeförderung noch härter. Dabei ist bereits ein klarer Trend erkennbar.

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Zahl der Taxis schrumpft

In Berlin ist nach Angaben des Senats die Zahl der Taxis zwischen Januar 2022 und Januar 2023 um 530 Fahrzeuge auf 5375 geschrumpft, während die offiziell registrierten Mietwagen um 189 auf 4441 zulegten – wobei die Vermutung kursiert, dass zusätzlich bis zu 4000 nicht gemeldete Fahrzeuge unterwegs sind. Uber, Bolt und andere Internetplattformen arbeiten mit den Mietwagenunternehmen zusammen, die auch den Fahrer stellen. Der Hauptgrund für den Erfolg der Newcomer: Sie sind häufig billiger als die traditionellen Kraftdroschken. Das hat viel mit den enormen rechtlichen Grauzonen in dem Gewerbe zu tun, die von den neuen Anbietern nach Ansicht von Insidern geschickt ausgenutzt werden.

Das Hamburger Unternehmen Free Now, ein Joint Venture von BMW und Mercedes, will nun gegen die Rivalen vorgehen. Es sieht sich als „einzige legale Mobilitätsplattform in Deutschland“ und hat sich gerade bescheinigen lassen, ausschließlich als Vermittler aktiv zu sein. Das geht aus einem Schreiben der Hamburger Behörde für Verkehr und Mobilitätswende hervor, die dem RND vorliegt. Begründung: Free Now bietet über seine App Vielfalt – unter anderem Taxis. Aber auch Fahrten, die Mietwagenunternehmen nebst Fahrern offerieren. Die Firmen könnten weitgehend autonom agieren, weil sie Einfluss auf die Preisgestaltung hätten und es keinerlei gegenseitige Exklusivvereinbarungen gebe.

Das ist für den juristischen Status einer Fahrdienst-Plattform maßgeblich. Free Now ist damit davon befreit, sich an das Regelwerk des Personenbeförderungsgesetzes (PBeFG) zu halten – der Bescheid der Hamburger Behörde hat bundesweit Geltung. Ganz anders sieht es aus, wenn der Betreiber einer Mobilitätsapp auch Preise vorgibt oder mit Mietwagenfirmen diverse Vereinbarungen über den Einsatz der Fahrzeuge trifft. So können beispielsweise Uber oder Bolt den Geschäftsbetrieb optimieren, ihre Umsätze steigern und die Kosten niedrig halten. Doch für eine derart weitgreifende Tätigkeit braucht es laut Gesetz eine Lizenz von der jeweiligen Kommune.

„Der Ehrliche darf nicht der Dumme sein“

Aber: „Andere Plattformen halten die Vorgaben des PBEfG nicht ein und haben bei den zuständigen Genehmigungsbehörden auch keinen Antrag auf Befreiung gestellt“, sagte Free-Now-Chef Alexander Mönch dem RND. Diese Wettbewerber würden ein erlaubnispflichtiges Gewerbe betreiben, ohne über eine entsprechende Erlaubnis zu verfügen. Eine solche Konstellation bringt einen doppelten Wettbewerbsvorteil: gegenüber Free Now und gegenüber den klassischen Taxis, deren Dienstleistungen dem PBEfG und anderen Reglementierungen unterliegen.

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Mönch: „Dass der Ehrliche zum Dummen wird, kann und darf keine akzeptable Strategie sein.“ Er hat nun einen Brief an eine Reihe von Rathäusern – auch in Berlin – geschickt mit einem eindringlichen Ersuchen. Die Behörden sollen die Betreiber von Fahrdienst-Plattformen auffordern, „ihr Geschäftsmodell zu präsentieren und gegebenenfalls den weiteren Dienst in ihrer Stadt untersagen“.

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Der Free-Now-Chef wird von Taxi-Funktionär Oppermann unterstützt: „Die Behörden müssen jetzt schnell handeln und vor allem kontrollieren, kontrollieren, kontrollieren. Es muss wieder gelten: Wer sich nicht an die Regeln hält, fliegt raus aus der Stadt.“

Ein Sprecher Berliner Senatsverwaltung für Umwelt und Mobilität teilte mit: Das zuständige Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheit habe – längst vor dem Schreiben von Free Now – bereits die Unterlagen aller hier tätigen Vermittler abgefordert, um die in Berlin von den Unternehmen umgesetzten Geschäftsmodelle zu bewerten. „Diese Verfahren sind noch nicht abgeschlossen.“

Experte hält Ubers Praktiken für illegal

Die Muttergesellschaft von Bolt reagierte nicht auf eine RND-Anfrage. Ein Uber-Sprecher ließ wissen: „Uber ist eine genehmigungsfreie Vermittlungsplattform. Dies wurde uns von verschiedenen Behörden in der Vergangenheit bestätigt.“

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Laut Christian Solmecke, Experte für Internetrecht, hat die Stadt Hannover in einem Rechtsgutachten tatsächlich bestätigt, dass Uber nur als Vermittler tätig wird. Der Rechtsanwalt weist aber auch darauf hin, dass das Unternehmen immer wieder wegen fehlender Lizenzen nach dem Personenbeförderungsgesetz sein Geschäftsmodell anpassen musste. „Gegenwärtig gibt Uber an, lediglich Fahrgäste an einen gewerblichen Mietwagenunternehmer zu vermitteln. Doch auch das aktuelle Modell wurde inzwischen von mehreren Gerichten als nicht vereinbar mit dem Personenbeförderungsgesetz beurteilt“, sagte Solmecke dem RND. Er fügt hinzu: „Das Oberlandesgericht Frankfurt stellte dabei explizit darauf ab, dass die Tätigkeit gerade nicht nur als reine Vermittlung anzusehen ist. Allerdings gibt es noch kein höchstrichterliches Urteil.“

Dennoch hält Solmecke es „für sehr wahrscheinlich, dass auch das bestehende Modell nicht legal ist“. Die aktuellen Gerichtsentscheidungen verpflichteten die Kommunen allerdings nicht, Uber zu verbieten. „Das müssen sie selbst entscheiden.“ Um Rechtsicherheit herzustellen, empfiehlt er den Stadtverwaltungen sowohl die Mietwagenkonzessionen als auch die gesetzlichen Vorgaben aus dem Personenbeförderungsgesetz zu überwachen. Weiterhin sei es ratsam, ein stadteigenes Rechtsgutachten durchzuführen, um die gesetzlichen Anforderungen mit den Maßnahmen von Uber am jeweiligen Standort abzugleichen.

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