Elektrolastwagen noch sehr selten

Höhere Maut für Lkw: Was Spediteure wütend und Eisenbahner zufrieden macht

Lastkraftwagen fahren am frühen Morgen über die A14 bei Radefeld.

Lastkraftwagen fahren am frühen Morgen über die A14 bei Radefeld.

Frankfurt am Main. Mit wütender Kritik hat das Speditions­gewerbe auf den Beschluss des Koalitions­ausschusses reagiert, die Lkw-Maut deutlich zu erhöhen. „Habeck und Co sollten sich überlegen, ob sie sich ihre Rhabarber­schorle künftig nicht besser mit der Bahn vor die Haustür liefern lassen! Denn die beschlossene Verdoppelung der Lkw-Maut ab 2024 ist politisches Harakiri“, sagte Dirk Engelhardt, Vorstands­sprecher des Logistik­verbandes BGL, dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND).

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Vom 1. Januar 2024 an wird zur regulären Maut, die zu Jahresbeginn bereits erhöht wurde, ein CO₂-Aufschlag von 200 Euro für jede ausgestoßene Tonne CO₂ erhoben. Das ist das gesetzlich maximal mögliche Plus. Von den zusätzlichen Einnahmen sollen um die 80 Prozent für den Ausbau der Schienennetze verwendet werden. Verkehrs­experten der Ampel rechnen mit insgesamt 20 Milliarden Euro für die nächsten fünf Jahre. Zudem erhoffen sich vor allem Grünen-Politiker und Experten im Wirtschafts­ministerium von dem CO₂-Aufschlag einen Schub in Richtung Elektro­mobilität bei Nutzfahrzeugen. Denn emissionsfreie Lkw werden bis Ende 2025 von der Infrastruktur­gebühr befreit, wie es im Beschluss­papier zum Koalitions­ausschuss heißt. Danach sollen nur 25 Prozent des regulären Satzes erhoben werden.

Engelhardt: „Wir reden hier von einer gigantischen Kostenerhöhung über Nacht“

Engelhardt betont hingegen: „Wir reden hier von einer gigantischen Kosten­erhöhung über Nacht, die kein Transport­unternehmen aus der Portokasse bezahlen oder irgendwie intern wegdrücken kann.“ Das sei in einer Branche mit bestenfalls einem bis 3 Prozent Umsatz­rendite ein hoffnungsloses Unterfangen. Im Moment sei man im Fernverkehr bei einem Mautkosten­anteil von circa 10 Prozent, der sich dann über Nacht zu Neujahr 2024 auf rund 20 Prozent verdoppeln dürfte. „Die meisten Transport­unternehmen müssen die doppelte Maut auf die Frachtpreise umlegen, wenn sie selbst überleben wollen, sodass es am Ende die Verbraucher trifft“, so Engelhardt.

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Einige mittelständische Auftraggeber, wie zum Beispiel kleine Kies- oder Betonwerke, würden es jedoch schwer haben, diese hohen Kosten aufzubringen, sodass es zu Insolvenzen kommen könne. Transport­unternehmen würden dann ihren Auftraggeber verlieren und unter Umständen ebenfalls in den Insolvenzsog hineingezogen.

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Zudem ist für Engelhardt klar: „Ohne am Markt verfügbare Alternativen zum Diesel‑Lkw und ohne Lade­infrastruktur kann es keine Lenkungs­wirkung zugunsten des Klimaschutzes geben. Damit belastet die Ampel nur den Endverbraucher, ohne es ehrlich dazuzusagen!“

Elektrolastwagen noch immer eine große Seltenheit auf den Straßen

Zwar gibt es erste Elektro­lastwagen zu kaufen, sie sind aber immer noch eine große Seltenheit auf deutschen Straßen. Ihre Einsatz­gebiete sind vor allem regionale Transporte. Daimler Trucks, der weltgrößte Nutz­fahrzeug­­hersteller, und andere Firmen wie MAN haben ehrgeizige Pläne für den Ausbau ihrer batterie­elektrischen Flotten. Das größte Manko für Fernverkehre ist die bislang quasi nicht existente spezielle Ladeinfrastruktur, die erheblich größere Strommengen benötigt als beim Laden von Pkw.

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Der BGL-Chef stört sich indes auch an der geplanten Verwendung der Mauterlöse: „Wenn diese Milliarden Mehreinnahmen dann auch noch hauptsächlich in die Schiene fließen sollen, obwohl Lkw-Fahrerinnen und Lkw-Fahrer jeden Abend verzweifelt freie Stellplätze suchen, fragt man sich, ob Teile der Koalition überhaupt verstanden haben, wer Deutschland bewegt!“ Die jüngste Verkehrs­prognose von Verkehrs­minister Volker Wissing (FDP) werde offenbar einfach ignoriert. „Das ist Wünsch-dir-was-Politik aus dem grünen Elfenbein­turm und hat nichts mehr mit der Realität zu tun“, so der BGL‑Chef.

Studien gehen von wachsendem Güterverkehr auf der Straße aus

Tatsächlich hat sich das Problem der fehlenden Stellplätze für Lkw entlang der Autobahnen in den vergangenen Jahren zugespitzt. Die Lage dürfte sich weiter verschlechtern. Denn zahlreiche Studien gehen davon aus, dass der Güter­verkehr auf der Straße weiterwachsen wird – selbst wenn die Schienen­netze beherzt ausgebaut werden und ein größerer Anteil der Fracht auf Gleise verlagert werden kann.

Derweil gibt es von Deutsche-Bahn-Chef Richard Lutz Applaus für die Beschlüsse: „Jetzt sind die Voraus­setzungen geschaffen, gemeinsam mit unseren Partnern aus Branche und Industrie unsere veraltete und störanfällige Schienen­infrastruktur konsequent zu modernisieren und zu digitalisieren.“ Mehr Qualität und Kapazität auf dem überlasteten Netz seien der entscheidende Schlüssel, um die ehrgeizigen Wachstumsziele für die Schiene zu erreichen und andererseits die derzeit „unbefriedigende Pünktlichkeit“ zu verbessern.

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Investitionsbedarf für die Schiene: 45 Milliarden Euro

Die Ampelpolitiker haben für die Zeit bis 2027 einen Investitions­bedarf für die Schienen­infrastruktur von 45 Milliarden Euro identifiziert. Neben den Milliarden aus der Maut soll das restliche Geld für die anstehenden Projekte aus dem Bundeshaushalt kommen. Die Ausbau­vorhaben sind die Voraus­setzung für eine Einführung des Deutschland­takts, der die Personen­beförderung auf der Schiene synchronisieren soll.

Auch die Umwelt­organisation BUND begrüßte, dass erstmals Einnahmen aus dem Straßenverkehr der Eisen­bahn zur Verfügung gestellt werden. Bei den anstehenden Projekten brauche es jetzt eine klare Priorisierung, so der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt. „Primär müssen schnell umzusetzende Kapazitäts­erweiterungen im Bestandsnetz realisiert werden, die auch dem Nah- und Güterverkehr dienen. Die Mittel dürfen nicht in umstrittene Prestige­projekte gesteckt werden.“

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