Katar liefert Erdgas: Warum Habeck die Vertragslaufzeit von 15 Jahren „super“ findet
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Brunsbüttel: Hier soll ein schwimmendes Terminal zum Entladen von LNG gebaut werde
© Quelle: Daniel Reinhardt/dpa
Frankfurt am Main. Es geht also doch – das Abschließen von Gas-Lieferverträgen mit dem Emirat Katar. Der dortige Energieminister Saad Scharida al-Kaabi teilte am Dienstag überraschend mit, dass ein Abkommen über die Lieferung von jährlich bis zu zwei Millionen Tonnen geschlossen worden sei – trotz diverser Spannungen zwischen Deutschland und Katar am Rande der Fußballweltmeisterschaft, die gerade in dem Land am Persischen Golf stattfindet.
Der Vertrag soll eine Laufzeit von mindestens 15 Jahren haben. Die ersten verflüssigten Mengen des Brenn- und Rohstoffs (LNG) sollen von 2026 am Terminal Brunsbüttel, das demnächst in Betrieb geht, angelandet werden. „15 Jahre ist super“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in einer ersten Reaktion.
Beobachter rechnen mit weiteren Verträgen
Er machte deutlich, dass er auch länger laufende Verträge akzeptiert hätte. Von Beobachtern wurde das als ein Zeichen gewertet, dass es demnächst weitere Vereinbarungen mit Katar oder anderen Ländern am Persischen Golf geben könnte, die Lieferungen für 20 Jahre vorsehen. Al-Kaabi betonte denn auch, es werde weiterhin mit deutschen Unternehmen über zusätzliche langfristige Lieferungen verhandelt. Konkret nannte er die Energiekonzerne RWE und Uniper. Letzterer soll demnächst in verstaatlicht werden. Weitere Details der Vereinbarung wurden zunächst nicht bekannt.
Der Hintergrund: Deutschland will im Jahr 2045 klimaneutral sein. Das heißt in gut 22 Jahren soll hierzulande kein Erdgas mehr verfeuert oder in der chemischen Industrie als Rohstoff eingesetzt werden. Habeck machte deutlich, dass die Lieferanten sich darüber im Klaren sein müssten, dass „die Käuferseite kleiner wird“. Den aktuellen Klimaschutzplänen zufolge, soll der Erdgasverbrauch spätestens vom Jahr 2035 an deutlich heruntergefahren werden.
Ein Bruchteil der russischen Lieferung
Die Laufzeiten der Verträge waren bei den Verhandlungen mit Katar wohl auch ein maßgeblicher Knackpunkt. Das Staatsunternehmen Qatar Energy legt Wert auf möglichst langlaufende Vereinbarungen. Das gibt dem Unternehmen höhere Investitionssicherheit. Beim Flüssiggas aus Katar geht es nicht nur darum, den leicht flüchtigen Stoff vor der Küste zu fördern. Es braucht auch teure Anlagen, um das Gas zu verflüssigen und auf Spezialschiffe zu pumpen.
Qatar Energy wird das Gas an den US-Multi Conoco Phillips veräußern, der hierzulande als Betreiber der Jet-Tankstellen bekannt ist. Conoco wird das Methan in Brunsbüttel abliefern. Das dortige Terminal wird künftig von RWE und Uniper betrieben, die bereits vor Monaten mit der Bundesregierung entsprechende Verträge geschlossen hatten. Die Firmen sind dafür zuständig, auf dem Weltmarkt ausreichend Erdgas zur Auslastung der LNG-Anlage zu beschaffen. Wenn deutsche Unternehmen künftig Flüssiggasmengen erwerben, die über dem hiesigen Bedarfs liegen, müssten sie in andere Länder weiterverkaufen.
Die nun besiegelte Liefermenge von zwei Millionen Tonnen pro Jahr kann nur einen kleinen Beitrag zur Lösung der Energiekrise leisten. Denn sie steht nur für etwa drei Prozent des hiesigen Gesamtbedarfs und rund sechs Prozent der russischen Lieferungen vom vergangenen Jahr. Timm Kehler, Vorstand des Branchenverbandes Zukunft Gas, betonte auch, die vereinbarte Menge entspreche etwa 30 Terawattstunden. Deutschland werde aber knapp 500 Terawattstunden ersetzen müssen, die früher durch Lieferungen aus Sibirien gedeckt wurden. „Das bedeutet, dass noch viel Arbeit vor uns liegt, um die Versorgung langfristig zu sichern.“
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Import liegt aktuell über dem Bedarf
Kerstin Andreae, Chefin des Energiedachverbandes BDEW, sagte: „Bereits heute sorgen LNG-Lieferungen dafür, dass sich die Lage am Gasmarkt beruhigt hat. Jedes zusätzliche Angebot erhöht die Versorgungssicherheit. Langfristige Lieferverträge stabilisieren das Gesamtsystem. Insofern profitieren sowohl private als auch industrielle Gasverbraucher von neuen Langfristverträgen.“
Allerdings kommt Deutschland derzeit auch ohne Erdgas aus Katar und aus Russland aus. Es stammt vor allem aus Norwegen, Belgien, den Niederlanden und Frankreich. Und die Importmengen liegen aktuell trotz gesunkener Temperaturen über dem hiesigen Bedarf – Firmen und Privathaushalte haben ihren Verbrauch gedrosselt. Das überschüssige Gas wird bereits an benachbarte Länder weitergegeben. Zudem sind die hiesigen Gasspeicher randvoll. Der Gasspeicherverband Ines geht davon aus, dass die Gefahr einer Unterversorgung in diesem und im nächsten Winter äußerst gering ist.
Kritik von Umweltschützern, Linkspartei und FDP
Umweltschützer und die Linkspartei kritisierten die Verträge mit Katar. So betonte Sascha Müller-Kraenner, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, der Gasdeal helfe in der gegenwärtigen Krise nicht, schaffe aber eine neue langfristige Abhängigkeit. Das Abkommen weise in die falsche Richtung und berge Risiken fürs Erreichen der Klimaziele. Die Linkspartei erinnerte daran, dass Katar ein Land sei, „das die Menschenrechte mit Füßen“ trete und am blutigen Krieg im Jemen beteiligt sei.
Auch von der FDP kam Kritik: „Der Gas-Deal mit Katar macht deutlich, wie abhängig wir uns von Staaten machen, die unsere Werte nicht teilen. Deshalb ist es wichtig, die deutsche Energiesouveränität zu stärken, indem wir eigene Gasförderung betreiben. Deutschland sollte auch die Schiefergasförderung an Land vorantreiben, um sich unabhängiger zu machen“, sagte der FDP-Energiepolitiker Michael Kruse dem RND.