Keine Missbrauchsbilder, kein Datenabfluss in die USA: Wie Habecks Ministerium KIs zähmen will
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Die EU plant strenge Regeln für KI-Nutzung.
© Quelle: Hannes P Albert/dpa/dpa-tmn
Beim Thema künstliche Intelligenz versucht sich das Wirtschaftsministerium am Spagat: Einerseits will man im Haus von Robert Habeck die Wachstumsbranche voranbringen, andererseits aber auch die Ängste in der Bevölkerung ernst nehmen. Die Lösung soll KI „made in Europe“ sein, wie Franziska Brantner, Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) erklärte: In der EU soll es ihr zufolge strenge Regeln für den Einsatz von KIs geben, zugleich wolle man aber heimische KI-Unternehmen fördern.
Zuletzt machten vor allem Künstliche Intelligenzen aus den USA Schlagzeilen: ChatGPT von OpenAI gehört zu den am schnellsten wachsenden Internetanwendungen aller Zeiten, der Chatroboter kann unter anderem Fragen beantworten, Texte erstellen und übersetzen. In der Nacht zu Donnerstag zog Digitalgigant Google nach, dessen „Bard“ genannter ChatGPT-Konkurrent soll demnächst in 180 Ländern -allerdings nicht in Deutschland - nutzbar sein.
Hiesige Unternehmen spielen bei Künstlicher Intelligenz hingegen keine große Rolle. Stattdessen diskutiert man in Deutschland und Europa über eine umfangreiche Regulierung, Italien etwa sperrte zuletzt den Zugang zu ChatGPT kurzerhand ganz.
TÜV-Umfrage: 80 Prozent sehen Risiken
Von ungefähr kommt sowas nicht: Zwar habe fast jeder Vierte mittlerweile ChatGPT ausprobiert, 80 Prozent der Deutschen sähen bei KI derzeit aber nicht absehbare Risiken, erklärte der TÜV-Verband am Donnerstag auf Basis einer repräsentativen Umfrage. Demnach sind die Bundesbürgerinnen und Bundesbürger unter anderem wegen möglicher Arbeitsplatzverluste, einer potenziellen Flut KI-generierter Falschnachrichten und der mangelnden Qualität von KI-Ergebnissen besorgt.
„Es gibt Anwendungen, die sehr nützlich sind“, betonte dagegen Brantner, die als Grünen-Abgeordnete parlamentarische Staatsekretärin ist. Beispielsweise könne ein Arzt dank KI ein Röntgenbild per Knopfdruck mit Millionen anderen Aufnahmen abgleichen, um einen Tumor zu finden. Allerdings ist für die Staatssekretärin auch klar, dass es KI Grenzen geben muss: Bei der Auswertung der Röntgenaufnahmen könne sie hilfreich sein, über die Therapie – und damit womöglich über Leben und Tod – dürfe eine künstliche Intelligenz hingegen nicht entscheiden. „Es braucht einen klugen rechtlichen Rahmen“, zeigte sich Brantner überzeugt.
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Franziska Brantner gilt als eine enge Mitarbeiterin von Wirtschaftsminister Robert Habeck.
© Quelle: Jörg Carstensen/dpa
Mancherorts bleibt KI tabu
Ausdrücklich begrüßt Brantner deshalb den sogenannten risikobasierten Ansatz, für den sich am Donnerstag auch der EU-Binnenmarktausschuss aussprach: Mögliche Einsatzbereiche sollen dabei je nach Risiko mehr oder weniger Auflagen bekommen, an manchen Stellen soll KI komplett tabu bleiben. „Und wir brauchen Transparenz“, erklärte Brantner weiter. Bei Texten müsse beispielsweise stets erkennbar sein, ob sie von einer KI stammten.
Allerdings müssten dafür auch hiesige Unternehmen gestärkt werden, so die Grünen-Parlamentarierin. „Wenn keiner mehr in Europa die Technologie beherrscht, dann wird es umso schwieriger, diese Technologie zu regulieren“, sagte Brantner. Insbesondere bei der Forschung und bei industriellen Anwendungen sei man aber hierzulande „gar nicht so schlecht, wie wir manchmal glauben“, erklärte Brantner zwar. Momentan gingen aber aber viele Daten und Geschäftsgeheimnisse bei fortschrittlichen IT-Anwendungen in die USA, gestand aber auch die Staatsekretärin ein.
Staat soll in KI-Forschung investieren
Dort werde erheblich mehr privates und staatliches Gild in die USA investiert. Hiesige Unternehmen bräuchten deshalb mehr Kapital, drei Milliarden Euro habe die Bundesregierung bereits investiert. „Wir müssen aber auch die privaten Investitionen deutlich steigern, um vertrauenswürdige KI made in Europe zu entwickeln“, so die Grünen-Politikerin.
Zentral sei es, aus dem hierzulande vorhandenen Know-How eben auch Wertschöpfung zu generieren: Der Staat solle deshalb die Forschungslandschaft unterstützen, um Unternehmen die jeweiligen Ergebnisse zur Verfügung zu stellen. „Es ist dabei wichtig, dass Lösungen entstehen, die dabei helfen, dass die Unternehmen ihre Daten bei sich behalten können und sie nicht mit Knowhow und Technologien in die USA oder anderswohin abfließen“, erklärte Brantner.
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© Quelle: dpa
Keine Sorge um Arbeitsplatzverluste
Zugleich zeigte sich Brantner optimistisch, vielen der Sorgen angesichts künstlicher Intelligenz begegnen zu können: Auf EU-Ebene rede man beispielsweise intensiv über die sogenannte Alignment-Forschung. Die soll dabei helfen, Regeln für ethisch angemessene Antworten zu finden, etwa wenn eine KI nach Darstellung von sexuellem Missbrauch von Kindern gefragt wird.
Und auch Sorgen vor Arbeitsplatzverlusten trat Brantner entgegen: Im Moment ringe Deutschland vor allem mit einem Arbeitskräftemangel, Roboter und KI-Lösungen könnten da Abhilfe bieten. Auch betonte sie, dass Automatisierung etwa in der Industrie nichts Neues sei, ohne Robotereinsatz könnten viele Unternehmen ohnehin nicht im vergleichsweise teuren Deutschland produzieren. „Insofern kann KI sogar dabei helfen, Standorte und damit Arbeitsplätze zu sichern“, zeigte sich die Staatsekretärin überzeugt.