Neuer Rekord: im Januar mehr als 60.000 neue Solaranlagen in Deutschland installiert
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Mitarbeiter von Belectric begutachten Solarzellen im Solarkraftwerk Templin.
© Quelle: IMAGO/IPON
Frankfurt am Main. Es gibt sie noch, die guten Nachrichten. Zum Beispiel aus der Solarbranche. Mehr als 60.000 Fotovoltaikanlagen wurden allein im Januar neu installiert. Das ist ein neuer Höchstwert auf Monatsbasis und eine Verdreifachung im Vergleich zum Vorjahr. Im Februar kamen noch einmal rund 46.700 Einheiten auf Dächern und Freiflächen hinzu. Damit wurde in den ersten zwei Monaten von 2023 bereits knapp ein Drittel der gesamten Neuinstallationen des Vorjahres erreicht. Dies geht aus einer Untersuchung des Berliner Start-ups Enpal (Anbieter von Mietsolaranlagen) hervor, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. Datengrundlage war das Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur.
Die Enpal-Experten sehen den deutschen Solarstrommarkt auch für das gesamte Jahr auf Rekordkurs. Ein maßgeblicher Faktor dafür dürfte sein, dass seit dem 1. Januar für den Kauf und für Mietmodelle von Fotovoltaikanlagen sowie für dazugehörige Stromspeicher keine Umsatzsteuer mehr erhoben wird.
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© Quelle: dpa
Doch bereits im Sommer vorigen Jahres war ein heftiger Nachfrageschub bei der Stromerzeugung mittels Sonnenlicht deutlich erkennbar. Vor allem Besitzer von Eigenheimen bestellten Module, die aufs Dach montiert werden sollten. Seinerzeit war erkennbar, dass die Versorger die Tarife für elektrische Energie deutlich erhöhen würden. Auch die Idee einer größeren Unabhängigkeit in der Energieversorgung spielte eine wichtige Rolle. Mutmaßlich hätte noch erheblich mehr Fotovoltaik (PV) installiert werden können. Allerdings gab es seinerzeit noch Stockungen in den Lieferketten, und Handwerker, die die Module installieren können, waren für viele Monate ausgebucht. Inzwischen hat sich zumindest die Versorgung mit der Hardware deutlich verbessert – dies dürfte ein weiterer Grund für das massive Wachstum zu Jahresbeginn sein.
Großstädte holen auf
Wolfgang Gründinger, Evangelist bei Enpal, sagte dem RND: „Um die Energiewende weiter voranzutreiben, sind neben Förderprogrammen und Installateuren auch innovative Geschäftsmodelle hilfreich, die gerade privaten Haushalten oder kleinen Unternehmen die Risiken abnehmen und finanziell die Anschaffung erleichtern.“ Dies ist das Metier der Firma Enpal, die mit einer Reihe weiterer Start-ups mit ähnlichen Geschäftsmodellen konkurriert.
Die Auswertung zeigt beim Blick auf die Bundesländer, dass im Januar in den nördlichen Stadtstaaten Bremen und Hamburg mit Steigerungsraten von 345 und 235 Prozent weit überdurchschnittlich viele neue PV-Anlagen im Vergleich zum Vorjahr hinzugekommen sind. Wobei nach den Daten des RND-Energiewendemonitors in beiden Städten die Fotovoltaik bislang weit unterdurchschnittlich vertreten war, was auch für fast alle anderen bundesdeutschen Metropolen gilt.
Einen enormen Zubau gab es außerdem in Mecklenburg-Vorpommern, auch hier könnte sich ein Nachholeffekt bemerkbar machen. 2022 fiel dort trotz großer zur Verfügung stehender Flächen der Zubau im Vergleich zu anderen Bundesländern bescheiden aus. Die Enpal-Analyse sieht am Ende der Skala das Saarland und Thüringen, die auch schon 2022 nur wenig Dynamik entwickeln konnten.
Was die absolute Zahl der neuen PV-Anlagen angeht, liegen natürlich die drei größten Bundesländer (Nordrhein-Westfalen Bayern und Baden-Württemberg) weit vorne. Allein in NRW kamen im Januar und im Februar insgesamt 22.600 Sonnenstromerzeuger hinzu. Damit schickt sich das Bundesland tief im Westen an, den bisherigen Solarchampion Bayern demnächst endgültig abzulösen.
Der Boom reicht nicht
Mit dem Plus bei den Anlagen geht ein exponentielles Wachstum bei den Speichern einher – mittlerweile ist es Standard, dass zu den Modulen auf dem Dach ein Akku im Keller kommt. Nach Berechnungen des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW) wurden im vorigen Jahr rund 50 Prozent mehr Heimspeicher installiert als 2021. Der Verband geht davon aus, dass dieser Trend anhält: Nach einer YouGov-Befragung im Auftrag des BSW kann sich die Hälfte der privaten Immobilienbesitzer vorstellen, „selbst erzeugten Solarstrom bedarfsgerecht zu speichern“. Und auch 28 Prozent der Unternehmen planten, in den nächsten drei Jahren solche Akkus anzuschaffen.
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All diese erfreulichen Nachrichten dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Ausbau der Solarenergie noch einmal deutlich mehr an Fahrt gewinnen muss, um die Ziele der Ampelregierung für das Jahr 2030 zu erreichen. Schließlich soll sich die Sonnenstromernte in knapp sieben Jahren mit etwa 200 Terawattstunden im Vergleich zu 2022 vervierfachen: Auch wenn sie imposant wirken, reichen die Steigerungsraten der jüngeren Vergangenheit dafür nicht aus. Im vergangenen Jahr wurde ein Zubau von sieben Gigawatt erreicht. 2023 und 2024 müssen es nach Berechnungen der Denkfabrik Agora Energiewende jeweils elf und von 2025 an sogar jährlich mindestens 20 Gigawatt werden.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat dies erkannt. Er will mit einem dicken Paket von Maßnahmen den Ausbau beschleunigen. Es geht dabei im Schwerpunkt um die Vereinfachung von Genehmigungsverfahren und um die Beseitigung bürokratischer Hürden. Seine finale Strategie will Habeck Anfang Mai auf einem PV-Gipfel vorstellen.