Prognose der Wirtschaftsweisen

Deutschland nach dem Krisenwinter: Wie entwickelt sich die Wirtschaft 2023?

Der Wirtschaft geht es besser als zuletzt erwartet.

Der Wirtschaft geht es besser als zuletzt erwartet.

Deindustrialisierung, Gasmangel, Pleitewelle – an drastischen Warnungen hat es im ersten Winter der Energiekrise nicht gemangelt. Nun, wo die Temperaturen wieder steigen, haben die Wirtschaftsweisen die erste große und unabhängige Konjunkturprognose des Jahres vorgelegt. Der Ausblick des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamt­wirtschaft­lichen Entwicklung (SVR) fällt optimistischer aus als der letzte – und ist dennoch ernüchternd. Ein Überblick.

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Wächst die Wirtschaft 2023?

Die fünf Sachverständigen rechnen für 2023 mit einem Wirtschaftswachstum, das allerdings sehr gering ausfällt: Statt wie im Herbst erwartet um 0,2 Prozent zu schrumpfen, dürfte das Bruttoinlandsprodukt preisbereinigt um 0,2 Prozent zulegen – was vor allem den sinkenden Energiepreisen geschuldet ist. Für 2024 rechnen die Ökonominnen und Ökonomen mit 1,4 Prozent Wirtschaftswachstum. „Der inflationsbedingte Kaufkraft­verlust, die schlechteren Finanzierungsbedingungen und die sich nur langsam erholende Auslandsnachfrage verhindern einen stärkeren Aufschwung in diesem und im kommenden Jahr“, sagt die SVR-Vorsitzende Monika Schnitzer.

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Wann sinkt die Inflation?

Die Inflation hat der Frühjahrsprognose zufolge ihren Höhepunkt im Herbst überschritten, dürfte aber nur langsam zurückgehen. Für 2023 rechnen die Fachleute mit 6,6 Prozent Teuerung im Vergleich zum Vorjahr, für 2024 mit 3,0 Prozent. „Die Inflation kommt zunehmend in der Breite der Wirtschaft an“, erläutert Martin Werding, seit Herbst Mitglied im Sachverständigenrat. Demnach lässt der Preisdruck bei Energie zwar nach, nun trieben aber gestiegene Erzeugerpreise beispielsweise bei Vorprodukten sowie höhere Löhne die Inflation an.

Wie entwickeln sich die Löhne?

Wie auch zahlreiche andere Fachleute gehen die Wirtschaftsweisen davon aus, dass der Arbeitsmarkt stabil bleibt, die Erwerbstätigkeit soll bis Ende 2024 sogar leicht zunehmen. Die Löhne dürften 2023 um 5,9 und 2024 um 4,5 Prozent steigen, ein Inflationsausgleich ist also erst im kommenden Jahr zu erwarten. „Dies wird voraussichtlich den privaten Konsum beleben“, meint Achim Truger. Trotz der steigenden Löhne betonte Werding außerdem: „Eine Lohn-Preis-Spirale wird daraus aus unserer Sicht nicht.“

Die Mitglieder des Sachverständigenrats (von links nach rechts): Ulrike Malmendier, Martin Werding, die Vorsitzende Monika Schnitzer, Achim Truger und Veronika Grimm.

Die Mitglieder des Sachverständigenrats (von links nach rechts): Ulrike Malmendier, Martin Werding, die Vorsitzende Monika Schnitzer, Achim Truger und Veronika Grimm.

Ist die Energiekrise vorbei?

„Die Energiekrise ist noch längst nicht vorbei“, erklärte die Energiemarktexpertin Veronika Grimm trotz der aktuell gesunkenen Preise. Auch im kommenden Winter bestehe die Gefahr von Preissprüngen oder gar einer Gasmangellage, auch weil die Gasnachfrage nach dem Ende der Lockdowns in China dort anziehe. Um die Gasspeicher wieder aufzufüllen und einen Mangel zu verhindern, müsse trotz der neuen LNG-Terminals Energie gespart werden.

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Wie gefährlich sind die Bankenpannen?

Die Nachrichten aus der Bankenwelt haben in den vergangenen Tagen die Schlagzeilen geprägt – die Konjunktur belasten die Turbulenzen aus Sicht der Wirtschaftsweisen nicht: Weder sei der Interbankenmarkt noch die Kreditversorgung gestört, die Finanzmarktstabilität „dürfte daher nach Einschätzung des Sachverständigenrats aktuell nicht gefährdet sein“. Ulrike Malmendier, die ebenfalls seit Herbst zu den Wirtschaftsweisen zählt, betonte, dass die „gut koordinierten“ Hilfsaktionen von Notenbanken und Regierungen Wirkung zeigten: „Es scheint an den Finanzmärkten sehr glattzulaufen“, sagte sie – und forderte, gegebenenfalls bei der Regulierung von Anleihegeschäften nachzuschärfen, aber vor allem auch die Umsetzung der Regulierung zu stärken. Zugleich betonte sie, die Wirtschaftsweisen sähen „keinen Zwang zur Pause“ bei den Zinserhöhungen der Zentralbanken, obgleich diese natürlich genauere Einblicke in mögliche Risiken hätten.

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Ist China ein Wirtschaftsrisiko?

Die größte Stütze für die hiesige Wirtschaft ist – einmal mehr – der Außenhandel, insbe­sondere das Geschäft mit China, das nach dem Ende der dortigen Lockdowns auflebt. Auch die Probleme bei Lieferketten werden zusehends geringer. „Gleichzeitig besteht allerdings das Risiko, dass zunehmende geopolitische Spannungen zwischen den USA und China den Welthandel belasten“, warnen die Wirtschaftsweisen.

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Wie viel Geld hat der Staat?

Für die öffentliche Hand hat sich der Ausblick den Wirtschaftsweisen zufolge deutlich verbessert, insbesondere weil die niedrigeren Energiepreise die Preisbremsen bei Strom und Gas massiv vergünstigt haben. Truger veranschlagt für diese noch etwa 30 Milliarden Euro, „relativ wenig“ im Vergleich zu den ursprünglich angesetzten 200 Milliarden Euro. Auch verringert sich der Schuldenstand in Relation zum Bruttoinlandsprodukt, weil Letzteres durch die hohen Preise nominal deutlich gestiegen ist: 2024 dürfte die Staatsverschuldung 63,5 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung entsprechen und damit den – im Rest von Europa oft überschrittenen – Maastricht-Kriterien fast gerecht werden.

Wie kommt die Prognose an?

Im Großen und Ganzen deckt sich die Frühjahrs­prognose mit dem, was nach dem vergleichsweise glimpflich abgelaufenen Energiekrisen­winter absehbar war. „Das Konjunktur­bild, das der Sachverständigenrat zeichnet, ist im Großen und Ganzen durchaus realistisch“, meint etwa Sebastian Dullien vom gewerkschaftsnahen IMK‑Institut. Lediglich bei der Einschätzung des SVR, dass Deutschland auch im ablaufenden Winter keine Rezession erlebt habe, ist Dullien anderer Meinung. „Für den weiteren Verlauf des Jahres ist es allerdings zweitrangig, ob es eine solche ‚technische Rezession‘ gibt oder nicht“, sagt aber auch er.


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